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III.

Die Madonnen Raffael's.


ilt Vasari als gut unterrichtet, so haben die Schlachtcartons
Leonardo's und Michelangelos, deren Ruhm die weitesten
Künstlerkreise durchdrang, den jungen Raffael nach Florenz
gelockt. Osfenbar ist aber die Quelle der Behauptung
nur der Wunsch Vasari's, den Wechsel im Schicksal seines
Helden mit einem grossen Ereignisse zu verknüpfen, ein Verfahren,
welches der historischen Kunst besser entspricht als der historischen
Wahrheit. Raffael's Beziehungen zur ssorentiner Kunst sind älter als
die Schlachtcartons, deren Vollendung in das Jahr 1505 angesetzt
wird. Dass Raffael den Reiterkampf Leonardo's zum Gegenstande seiner
Studien gemacht hat, beweisen ssüchtige Skizzen, welche er nach
demselben entworfen.*) Der heroische Stil, der grosse plastische Zug
jener Werke lag aber von seinen nächsten Zielen weit ab. Wohl übten
Michelangelo und namentlich Leonardo auf den jugendlichen Künstler
mächtigen Einssuss, aber nicht durch die Schlachtcartons, sondern durch
ihre leichteren Schöpfungen, die Madonnenbilder z. B., welche ihm den
Wohllaut der einzelnen Gestalten, die Kunst freier Gruppirung in einem
neuen Licht offenbarten und zu einer Aenderung der Typen, zu einer
Wandlung der Zeichenweise anregten. Rasfael betrieb in seinen ssoren-
tiner Jahren überwiegend die Tafelmalerei. Die technischen Fortsehritte,
welchen so viele tüchtige Kräfte in Quattrocento eifrigst nachgegangen,
wurden in dieser Kunstgattung am glänzendsten verwerthet. Besonders
seitdem Leonardo die staunenden Genossen in die Geheimnisse unendlich
reizender Farbenpoesie eingeweiht, sliegen die Oelgemälde zu nicht ge-
ringem Ansehen empor. Die Nöthen und Wirren der Zeit engten über-
diess die sonst so reiche Pssege der Wandmalerei ein; kaum dass da und
dort eine Kirche oder ein Kloster für wenig Geld und gute Worte bei
einem Maler ein monumentales Werk bestellten und das in glücklicheren
Zeiten Begonnene zu Ende führen liessen. Der Ueberschuss der Kunst-

*) Oxford Br. 15; Dresden Br. 79.
 
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