II
schweigen, da reden die Steine, und wenn deren
Sprache auch nicht für jedermann verständlich ist,
für den, der darin zu lesen versteht, ist sie desto
überzeugender.
Zu den vergleichenden Stiluntersuchungen,
welche die in den architektonischen Bildungen so-
wohl wie auch in deren Einzelheiten, den Gesims-
profilierungen, dem ornamentalen Schmuck und der-
gleichen sich zeigende fortschreitende Entwickelung
des Stiles ermöglicht, tritt die Untersuchung der
technischen Ausführung. Das verwendete Bau-
material, die Eigenart der Bearbeitung desselben,
Untersuchungen über das dabei verwendete Werk-
Wir wissen aus den Annales Argentinenses
und von Königshofen13, dass im Jahre 1275 mit der
Fertigstellung der Gewölbe und des Daches der
vermutlich vor der Mitte des XIII. Jahrhunderts
begonnene Umbau des Langschiffes seine Vollendung-
erfahren hatte. Speckle11, und nach ihm Schilter15,
Schad16 und Grandidier17 berichten sodann, dass „im
Jahre 1276 am Lichtmesstage Bischof Konrad Messe
gehalten und vermittelst dreifacher Prozession den
umsteckten Platz des vorhabenden Thurmes ge-
weiht, auch die erste Schauffel dreimal an den
Grund angelegt, welchen dann die Domherren und
andere Geistlichen gleicher gestallt, nachgefolgt. Da
Rekonstruktion des romanischen Münsters von ioi5.
zeug, der Fugenschnitt der Werksteine, der Ver-
gleich der eingemeisselten Marken, der Steinmetz-
zeichen, die Spuren etwaiger späterer baulicher Um-
änderungen und dergleichen mehr werden in vielen
Fällen Rückschlüsse auf die Geschichte des Bau-
werks zulassen. Grosse zerstörende Ereignisse wie
Erdbeben, Brand und dergleichen oder auch die
Folgen konstruktiver Fehler müssen notwendig in
ihren Spuren erkennbar bleiben. Als weiteres wich-
tiges Hilfsmittel für eine kritische Untersuchung' der
Fassade unseres Münsters erweist sich sodann der
reiche Besitz an alten Baurissen aus den Samm-
lungen des Frauenhauses, welche zum Teil bis in
die Zeit vor Beginn des Fassadenbaues zurück-
reichen.
Bevor wir jedoch mit den in Vorstehendem
angedeuteten Hilfsmitteln den Versuch einer Bau-
geschichte der Münsterfassade zu unternehmen
wagen, ein Unternehmen dessen Plauptwert in der
Feststellung der Tätigkeit Erwins liegen soll, erübrigt
es sich, vorher die wenigen urkundlich festgelegten
Daten mitzuteilen.
fielen die Arbeiter zu, die drauff warteten, hüben
an zu arbeiten: da wollten zween an des Bischofs
Ort jeder mit seiner Schauffel arbeiten, wurden
uneins, und schlüge einer den andern mit der
Schauffel zu Tod. Des erschrack der Bischof und
bote 9 Tage lang die Arbeit jedem ab, bis man
den Platz wieder weihete, und den ersten Stein
wieder legete, und wurde das Fundament das nechste
Jahr fertig, welches auch mit Erlenpfählen wol ver-
sehen, und mit schönen Quadern gelegt worden“.
Im Gegensatz hierzu berichten die Annales Col-
marienses18 zum Jahre 1280 : „in fundamento pilarii
majoris ecclesie Argentinensis ossa hominis inventa
que longitudinem cruris viri mediocris excedebant“,
mithin die Fundamentierung der Fassade in diesem
Jahre noch nicht vollendet war.
Über die Legung des Grundsteins und den
Weiterbau schreibt Königshofen19: „Donoch über
zwei jor an sant Urbans tage, do ving man ane zu
machende den nuwen turn des m. wider die brediger,
un wart vollebroht untz an den heim noch gotz
gebürte i365 jor. hie zwüschent wart der ander turn
schweigen, da reden die Steine, und wenn deren
Sprache auch nicht für jedermann verständlich ist,
für den, der darin zu lesen versteht, ist sie desto
überzeugender.
Zu den vergleichenden Stiluntersuchungen,
welche die in den architektonischen Bildungen so-
wohl wie auch in deren Einzelheiten, den Gesims-
profilierungen, dem ornamentalen Schmuck und der-
gleichen sich zeigende fortschreitende Entwickelung
des Stiles ermöglicht, tritt die Untersuchung der
technischen Ausführung. Das verwendete Bau-
material, die Eigenart der Bearbeitung desselben,
Untersuchungen über das dabei verwendete Werk-
Wir wissen aus den Annales Argentinenses
und von Königshofen13, dass im Jahre 1275 mit der
Fertigstellung der Gewölbe und des Daches der
vermutlich vor der Mitte des XIII. Jahrhunderts
begonnene Umbau des Langschiffes seine Vollendung-
erfahren hatte. Speckle11, und nach ihm Schilter15,
Schad16 und Grandidier17 berichten sodann, dass „im
Jahre 1276 am Lichtmesstage Bischof Konrad Messe
gehalten und vermittelst dreifacher Prozession den
umsteckten Platz des vorhabenden Thurmes ge-
weiht, auch die erste Schauffel dreimal an den
Grund angelegt, welchen dann die Domherren und
andere Geistlichen gleicher gestallt, nachgefolgt. Da
Rekonstruktion des romanischen Münsters von ioi5.
zeug, der Fugenschnitt der Werksteine, der Ver-
gleich der eingemeisselten Marken, der Steinmetz-
zeichen, die Spuren etwaiger späterer baulicher Um-
änderungen und dergleichen mehr werden in vielen
Fällen Rückschlüsse auf die Geschichte des Bau-
werks zulassen. Grosse zerstörende Ereignisse wie
Erdbeben, Brand und dergleichen oder auch die
Folgen konstruktiver Fehler müssen notwendig in
ihren Spuren erkennbar bleiben. Als weiteres wich-
tiges Hilfsmittel für eine kritische Untersuchung' der
Fassade unseres Münsters erweist sich sodann der
reiche Besitz an alten Baurissen aus den Samm-
lungen des Frauenhauses, welche zum Teil bis in
die Zeit vor Beginn des Fassadenbaues zurück-
reichen.
Bevor wir jedoch mit den in Vorstehendem
angedeuteten Hilfsmitteln den Versuch einer Bau-
geschichte der Münsterfassade zu unternehmen
wagen, ein Unternehmen dessen Plauptwert in der
Feststellung der Tätigkeit Erwins liegen soll, erübrigt
es sich, vorher die wenigen urkundlich festgelegten
Daten mitzuteilen.
fielen die Arbeiter zu, die drauff warteten, hüben
an zu arbeiten: da wollten zween an des Bischofs
Ort jeder mit seiner Schauffel arbeiten, wurden
uneins, und schlüge einer den andern mit der
Schauffel zu Tod. Des erschrack der Bischof und
bote 9 Tage lang die Arbeit jedem ab, bis man
den Platz wieder weihete, und den ersten Stein
wieder legete, und wurde das Fundament das nechste
Jahr fertig, welches auch mit Erlenpfählen wol ver-
sehen, und mit schönen Quadern gelegt worden“.
Im Gegensatz hierzu berichten die Annales Col-
marienses18 zum Jahre 1280 : „in fundamento pilarii
majoris ecclesie Argentinensis ossa hominis inventa
que longitudinem cruris viri mediocris excedebant“,
mithin die Fundamentierung der Fassade in diesem
Jahre noch nicht vollendet war.
Über die Legung des Grundsteins und den
Weiterbau schreibt Königshofen19: „Donoch über
zwei jor an sant Urbans tage, do ving man ane zu
machende den nuwen turn des m. wider die brediger,
un wart vollebroht untz an den heim noch gotz
gebürte i365 jor. hie zwüschent wart der ander turn