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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Werkmeister, Paul: Über die Zeitmesser des Strassburger Münsters insbesondere die Sonnenuhren am Giebel der Südseite
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0074
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62

IV.

Uber die Zeitmesser des Strassburger Münsters insbesondere die Sonnenuhren

am Giebel der Südseite.

Von Dr.-Ing. P. Werkmeister.

Mit n Abbildungen.

i. Einleitung.

Von den verschiedenen Zeitmessern des Strass-
burger Münsters sind wohl am meisten bekannt die
Turmuhr und die sogenannte astronomische Uhr im
südlichen Querschiff; die erstere als Hauptuhr für
die öffentliche Zeit in Strassburg, die letztere als
berühmte Sehenswürdigkeit. Weniger beachtet sind
die Uhr über dem Portal an der Südseite des
Münsters und die drei an dem darüberliegenden
Giebel angebrachten Sonnenuhren. Wenig bekannt
ist ein Gnomon am rechten Eingang zum südlichen
Querschiff. Ausser diesen Zeitmessern sind noch

einige kleinere Sonnenuhren vorhanden; eine in der
Mitte der Brüstung der unteren Galerie über dem
Portal der Südseite und vier auf der Plattform an
den vier Ecken des Turmes. Auf der Plattform be-
findet sich auch noch ein kleiner Gnomon über dem
Turmeingang.

Angaben über einzelne der angeführten Zeit-
messer findet man in der Literatur1 zum Teil in
selbständigen Schriften über die astronomische Uhr,
zum Teil in Beschreibungen des ganzen Münsters.

2. Geschichtliches.

a) Die heutige — abgesehen von dem kleinen
Zifferblatt auf der Plattform — durch ihren Schlag
sich bemerkbar machende Turmuhr wurde — wie
eine Inschrift am Werk angibt — von den Strass-
burger Uhrmachern J. P. Meybaum Vater und Sohn
im Jahre 1786 gefertigt; das im Jahre i833 durch
einen Blitzstrahl beschädigte Pendel wurde durch
die Uhrmacher Ph. Kampmann und Sohn wieder-
hergestellt. Die Bedienung der Uhr ist zur Zeit dem
Uhrmacher W. Baumann übertragen. Von den Vor-
gängerinnen der jetzigen Uhr ist nur wenig be-
kannt. Von einer schweren Beschädigung oder wohl
Zerstörung einer früheren Turmuhr berichten Schad1
(Seite 21) und Grandidier- (Seite 96); darnach
wurde im Jahre i533 durch einen Sturm die damalige
Uhr samt ihrem Schlagwerk auf das Gewölbe herab-
geworfen.

b) Die astronomische Uhr im südlichen Quer-
schiff ist bereits die dritte Uhr dieser Art. Die

1 Vergl. Dr. Franz Xaver Kraus. Kunst- und Altertum
im Unter-Elsass. Strassburg 1876.

2 M. Osca Schadaeus. Aussführliche un eigendtliche
Beschreibung dess viel künstlichen, und in aller Welt berühmten
Münsters zu Strassburg. Strassburg 1617.

erste Uhr wurde in den Jahren i352 —i354 gefertigt2;
eine Beschreibung davon gibt Dasypodius3 anlässlich
einer Beschreibung der zweiten Uhr. Die erste Uhr,
deren Verfertiger unbekannt ist, befand sich eben-
falls im südlichen Querschiff, jedoch gegenüber der
heutigen Uhr. Wie diese bestand sie aus mehreren
Stockwerken, in denen ein Kalendarium, ein Astro-
labium und Tafeln mit Aufzeichnungen über die
Planeten untergebracht waren; ausserdem waren
die drei, vor einem Marienbild sich verbeugenden
Könige, ein Glockenspiel und ein krähender Hahn
vorhanden. Das Gehäuse der Uhr war aus Holz
gefertigt. Von den einzelnen Teilen dieses ersten
Werkes befand sich nur der Hahn in einem solchen
Zustand, dass er noch Verwendung finden konnte
bei der zweiten Uhr4. Der Hahn wird noch heute
aufbewahrt in der Sammlung des Frauenhauses-,
von den übrigen Teilen der ersten Uhr ist nichts
mehr vorhanden.

1 M. l’abbe Grandidier. Essais historiques et topogra-
phiques sur l’eglise cathedrale de Strasbourg. Strasbourg 1782.

2 Vgl. F. X. Kraus a. a. O. Seite 38o.

3 Cunradus Dasypodius. Wahrhafftige Ausslegung
und Beschreybung des astronomischen Uhrwercks zu Strass-
burg. Strassburg i58o.

i Vergl. Dasypodius a. a. O. Seite 5.
 
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