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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Knauth, Johannes: Erwin von Steinbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0029
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1—r-

Abb. 12. Westfassade, unterer Teil.

Zylinder im Verband mit dem neuen Pfeiler aus-
gemauert und nach den Seitenschiffen zu je eine
neue Wendeltreppe angelegt. (Abb. to). Dieselbe
stand der Stirnwand der Seitenschiffe entlang mit
dem oberhalb der Wandarkaden vor den Seiten-
fenstern sich hinziehenden Gang in Verbindung.

Ebenso wenig wie für den romanischen Bau
darf für diese Bauzeit eine Verbindung der Unter-
geschosse der beiden Türme mit den Seitenschiffen
durch Nebenportale angenommen werden, vielmehr
müssen die beiden, die Stirnwand der Seitenschiffe
bildenden Turmmauern als geschlossen angesehen
werden. Ebenso blieb der Giebelmauerabschluss
zwischen dem Mittelschiff und der Vorhalle mit dem
romanischen Hauptportal bestehen, während der viel-
leicht vorhanden gewesene mittlere Turmaufbau ober-
halb der Vorhalle (Abb. 7) wohl bei dieser Gelegenheit
in der Absicht eines Umbaues desselben niedergelegt
worden ist. Die Giebelmauer zwischen Mittelschiff
und Vorhalle wurde den neuen Verhältnissen ent-
sprechend umgestaltet und im Anschluss an die
Langhausseiten und in Verbindung mit den beiden
neuangelegten Wendeltreppen mit Triforium und
darüber liegendem grossen Fenster (Radfenster?)
versehen. Selbstverständlich war zu dieser Zeit das
Triforium im Bereich der beiden westlichen Gewölbe-
felder noch offen; die Ausmauerung desselben an
dieser Stelle ebenso wie der teilweise Ausbau der

beiden Hochschiffsfenster daselbst gehören einer
späteren Bauperiode an.

Der Bau des Langschiffes wurde, wie die
bereits mitgeteilte Urkunde sagt, im Jahre 1275
vollendet. Es würde diese Tatsache jedoch nicht die
Möglichkeit ausschliessen, dass bereits vor diesem
Termin mit dem Umbau des Westbaues, der Türme
und Vorhalle begonnen worden ist, wie es ander-
seits auch nicht ausgeschlossen erscheint, dass ge-
wisse Arbeiten der Fertigstellung am Langhaus
noch nach dem Jahre 1275 vorgenommen worden
sind.

Bei der Untersuchung der Baugeschichte der
Turmfassade, mit der ja zuerst der Name Erwins
verknüpft wird, wirft sich zunächt die Frage auf:
Sind vor dem Beginn der Arbeiten die beiden alten
Türme oder vielleicht nur einer derselben nieder-
gelegt worden und wie war alsdann das für den
mittelalterlichen Gottesdienst so wichtige Geläute
während der Bauzeit untergebracht? Ich erinnere
bei dieser Gelegenheit daran, dass in der Chronik
Königshofens der südliche Turm „der alte Turm“
genannt wird. Ist vielleicht die Schlussfolgerung
gerechtfertigt, dass der eine der beiden romanischen
Türme noch längere Zeit nach 1277 oder länger als
der andere bestanden hat? Auf den ersten Blick
erscheint bei der im Wesentlichen übereinstimmenden
Architektur eine derartige Annahme unwahrschein-

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