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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Knauth, Johannes: Erwin von Steinbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0046
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galerie das Gesamtbild gegenüber dem Entwurf auf
das empfindlichste geschädigt ist.

Dieser wenig glücklichen Bauperiode unseres
Münsters scheint der Aufriss der Innenwand, Riss D,
anzugehören. Er zeigt die eben beschriebene Über-
höhung der Turmfenster des zweiten Geschosses.
Auch die im Gegensatz zur Absicht des Meisters
des Planes B nachträglich ausgeführte Überhöhung
der Erdgeschossfenster der Turmhallen ist in Über-
einstimmung mit der Ausführung in demselben
enthalten.

Zwischen die beiden Risse B und D schiebt sich
als Zwischenentwurf der nur in Kopie vorhandene
Riss C. Er gibt die Turmfenster noch in ihrem
richtigen Verhältnis zur Rose, während er im übrigen
ziemlich genau mit dem ausgeführten Werk überein-
stimmt.

Neu ist bei ihm die durchbrochene Balustrade
über dem ersten Stockwerkgesims, welche (wenn
auch in anderer Zeichnung) in der Bauausführung
vorhanden ist, aber, wie der Baubestand ergibt, von
Anfang an nicht beabsichtigt war. Das hinter der
Balustrade mit neuen Sockeln beginnende Stabwerk

Abb. 28. Vierungsturm (Bischofsmütze) nach dem Weis’schen
Stich vom Jahre 1720.

hat nämlich zum Teil abgehauen werden müssen
um derselben den nötigen Platz zur Aufstellung zu
ermöglichen. Durch diese Galeriebrüstung wird der

Horizontalismus der Stockwerksteilung noch weiter
gesteigert.

Die beiden Risse C und D müssen bei ihrer
bedeutenden Abweichung von Riss B und der ver-
hältnismässigen Übereinstimmung mit der Bauaus-
führung als Entwürfe eines Nachfolgers des Meisters
vom Risse B oder aber, wie aus ihrer verschieden-
artigen Behandlung der Turmfenster gefolgert
werden könnte, etwa als Werke zweier Meister
gedeutet werden.

Fassen wir die Ergebnisse der bisherigen Unter-
suchungen zusammen, so ergeben sich die folgenden
Feststellungen :

1. Bei der Ausführung des Westbaues ist von
vornherein auf die möglichst lange Erhaltung der
romanischen Türme Rücksicht genommen worden
und ist aus diesem Grunde in der Zeit bis zum Aus-
gang des XIII. Jahrhunderts die Bautätigkeit im
wesentlichen auf die Mittelfrontmauer mit dem Haupt-
portal und im übrigen auf diejenigen Arbeiten be-
schränkt worden, welche sich ohne Niederlegung
der romanischen Türme ermöglichen Hessen.

2. Entweder kurz vor oder nach dem Brande
vom Jahre 1298, jedenfalls längere Zeit nach Be-
ginn der Arbeiten im Jahre 1277 ist der romanische
Nordturm und noch später, wahrscheinlich erst
einige Zeit nach dem Brande ist der Südturm nieder-
gelegt worden.

3. Abgesehen von einem Teil der inneren Pfeiler,
für welche ein älterer Meister in Betracht kommt,
sind für den Westbau bis zur Plattform unter Aus-
schluss des Mittelbaus über der Rose vier sich in
Stilistik und Technik scharf unterscheidende und
auf verschiedene Bauleitung hinweisende Abschnitte
festzustellen. (Abb. 27).

4. Das Werk des ersten Meisters der Fassade
deckt sich im wesentlichen mit dem Risse B. Bezüg-
lich der vorhandenen Abweichungen hat die Unter-
suchung den Beweis erbracht, dass es sich dabe)
um von Anfang an beabsichtigte und durch die
Anpassung an den alten Bau oder Fragen der Aus-
schmückung bedingte Abänderungen des Bauplans
handelt. An der Identität des ersten Meisters
der Fassade mit dem Verfasser des Risses B
ist jedoch nicht zu zweifeln. Jedenfalls ist ganz
ausgeschlossen, dass im Äussern etwa Teile des
Risses A verwendet sind.

Welcher von diesen vier Meistern war Erwin ?
Nach Moriz - Eichborn kommt er erst an dritter
Stelle als Leiter der Arbeiten des Westbaues in
Frage. Allerdings wird von demselben für die
unterste Anlage der Westfassade vor dem Meister
des Risses B noch ein älterer Meister angenommen,
Jedoch, wie wir gesehen haben, ohne jede tatsäch-
liche Begründung, sodass nach Ausschaltung dieses
ersten Meisters Erwin an die zweite Stelle, als
 
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