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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Knauth, Johannes: Erwin von Steinbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0057
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dem Plan nur als baldachinartige Überdachung des
eigentlichen Galerieganges c beabsichtigt, wird nun
zur Galerie gemacht. Durch diese gewaltsamen Ver-
änderungen wird die Harmonie der Fassade auf das
empfindlichste gestört, die Gliederung der Strebe,
pfeiler aus dem Zusammenhang mit dem Ganzen
gewaltsam herausgerissen.

Eine weitere Folge ist sodann die merkwürdig
isolierte Lage der beiden Gesimse oberhalb der unteren
Fenster nach der Nord- resp. Südseite. (Abb. 22).
Ursprünglich in Flöhe der Seitenschiffshauptgesimse
den Abschluss des untern Turmstockwerks betonend,
sind dieselben infolge der Überhöhung des letzteren
an diese Stelle verlegt worden. Auf den nicht zu
verkennenden stilistischen Unterschied des Figuren-
schmuckes der beiden Gesimse gegenüber dem des
angefügten balkonartigen Austrittes der Wendel-
treppe auf beiden Seiten, ist bereits hingewiesen
worden. Die beiden Gesimse mit ihren verzierten
Friesen müssen deshalb als Werke des älteren
Meisters, also Erwins, gedeutet werden, welche
ebenso wie die beiden Fenstermasswerke bei der
vorgenommenen Überhöhung der unteren Turmhallen
wieder verwendet worden sind.

Abb. 41. Figurensockel vom Hauptportal.

Abb. 42. Figurensockel vom Hauptportal.

So schwerwiegend die geschilderten Abände-
rungen des Baues in ihren Folgen, besonders durch
die Unterdrückung der Galerie c für die Gesamt-
komposition der Westfront auch sein mussten, so
machten sie doch den Ersatz der Wimpergreihe d
durch ein stark betontes Horizontaigesims keines-
wegs notwendig. (Abb. 25).

Diese brutale Vergewaltigung des Erwinschen
Planes bedeutet das Hineintragen eines grundsätz-
lich andersartigen Formgedankens. Welcher von
den Söhnen Erwins die Verantwortung hierfür zu
tragen hat, wird wohl niemals mit Sicherheit er-
mittelt werden können. Mit ziemlicher Wahrschein-
lichkeit darf man jedoch annehmen, dass der erste
und unmittelbare Nachfolger Erwins bereits diese
Veränderungen vorgenommen hat. Dafür spricht
neben dem Ausweis über den Fortgang der Arbeiten
die Übereinstimmung des Blattfrieses unter der
äusseren Rose mit demjenigen auf gleicher Höhe
am Südturm.

Von einer zweiten Hand rühren sodann die
unglückliche Überhöhung der Fenster des zweiten
Turmgeschosses und die Apostelgalerie über der
 
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