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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Knauth, Johannes: Erwin von Steinbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0059
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47

schränkte, kann die Orgel ihren Platz an der Stelle
des jetzt noch vorhandenen spätgotischen Orgel-
gehäuses nicht gehabt haben, da in diesem Falle das
Feuer allenfalls erst nach der Zerstörung des nörd-
lichen Seitenschiffsdaches von diesem auf das Hoch-
schiffsdach hätte überspringen können. Es bleibt
nur die Annahme möglich, dass die Orgel nebst
Bühne an der westlichen Giebelmauer des Mittel-
schiffes ihren Platz hatte und von dort ähnlich wie
beim Brande vom Jahre 1298 vermittelst der viel-
leicht für die Fertigstellung der Gewölbe des West-
baues noch stehenden Gerüste das Feuer zum Mittel-

Gurtbögen die Verbindung mit den Seitenschiffen
hersteilen.

Für unser Münster war diese Zeit der Bautätig-
keit nach dem Brande von 1884 offenbar die aller-
verhängnisvollste : Im Äussern die Verunstaltung

der Westfront durch die Einschiebung des plumpen
Zwischenbaues, im Innern die gröbliche Störung der
Raumwirkung durch die Verstümmelung des in
seinen edlen Verhältnissen unerreichten Langhauses.
Dabei ist die Verbindung des letzteren mit der Vor-
halle wodurch neben einer Raumvergrösserung wohl
auch eine bessere Wirkung der grossen Rose für

Abb. 47.

Abb. 48.

Abb. 49. Abb. 5o.

Zwickelfüllungen der Wandarkatur an der westlichen Giebelwand.

schiffsdach übergeleitet worden ist. Der Ausweis
der Gewölbe lässt deren Entstehung nach dem
Jahre i365 als wahrscheinlich erkennen. Andererseits
setzt die Ausführung der Ostwand des Mittelbaues
über der Rose zwischen den Türmen die Fertig-
stellung des Trennungsbogens zwischen Mittelschiff
und Vorhalle voraus. Eine Folge dieser für die
innere Raumwirkung bedeutungsvollen, jedoch in ihrer
formalen Ausgestaltung wenig vorteilhaften Neuerung
war sodann logischerweise der Verzicht auf die vom
Nachfolger Erwins noch beabsichtigten Innenportale
in den Turmhallen, an deren Stelle nun die aus
konstruktiven Gründen zum Zweck der Entlastung
dieser Portale angelegten ungegliederten breiten

das Kircheninnere erreicht werden sollte, auf die
denkbar ungeschickteste und stümperhafteste Weise
vorgenommen, sodass die durch kleine Achsenver-
schiebungen und dergleichen entstandenen Unregel-
mässigkeiten, sowie die Unterschiede der Höhen-
masse in brutalster Nacktheit gezeigt werden.

Eine schöne Nachblüte erlebte die gotische
Kunst dann am Strassburger Münster bekanntlich
noch mit Ulrich von Ensingen, dem stolzen Ulmer
Werkmeister, der mit dem Ausgange des XIV. Jahr-
hunderts im Jahre 1899 die Leitung der Bauhütte
übernahm. Von ihm stammt der schlanke Achtecks-
bau oberhalb der Plattform, der in seiner kühnen
Konstruktion und eleganten Formengebung so recht
 
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