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Straßburger Münsterblatt: Organ des Straßburger Münster-Vereins — 6.1912

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Knauth, Johannes: Bericht über die Restaurationsarbeiten an der Westfassade des Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.20536#0116
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104

untern Reihe die Madonna mit den zwölf Aposteln
und beiderseits vom Heilande als Bekrönung der
Wimperge eine Reihe musizierender Engel. (Abb.
i—4, 9, xi, i3—15 u. 18).

Auch an den Baldachinen der beiden flankie-
renden Strebepfeiler
waren grössere Erneuer-
ungsarbeiten notwendig.

Die daselbst vorhan-
denen beiden Bischofs-
statuen, gleichfalls Ar-
beiten aus der Zeit vor
i85o, waren in einem
derartigen Zustande,
dass die Erneuerung
notwendig wurde. Da
es sich bei denselben
nicht um Original-
schöpfungen von künst-
lerischem Wert handelte,
sind dieselben durch
neue Werke ersetzt
worden. (Abb. 16 u. 17.)

In stilistischer Hin-
sicht geben sich die
innerhalb der letzten
Restaurationsperiode er-
forderlich gewordenen
Neuschöpfungen als
„gotisierende“ also auf
historischer Stilbasis
entstandenen Werke.

Eine andere Be-
handlung der Stilfrage
ist im vorliegenden Falle
nach unserer Auffassung unter den heutigen Ver-
hältnissen ausgeschlossen, trotzdem wir uns wohl
bewusst sind, dass von mancher Seite auch für solche
Aufgaben das Verlangen „moderner“ und „mo-
dernster“ Stilisierung gestellt wird. Wichtiger als
alle Fragen des Stiles, welche die verschiedensten
Beantwortungen möglich machen, sind diejenigen
des rein künstlerischen Wertes. Nach dieser Richtung
hin ist hinsichtlich Vorbereitung und Durchführung
der Arbeiten mit der grössten Sorgfalt bei allen,
auch den geringfügigsten Einzelheiten vorgegangen
worden.

Selbstverständlich wurde hinsichtlich der Aus-
wahl des Materials, der geometrischen Konstruktion,
der Auftragung und Ausführung der Profile, der
Behandlung der Oberflächen und dergl. mit der
grössten Gewissenhaftigkeit verfahren. Wesentliche

Änderungen im Fugen-
schnitt waren nicht er-
forderlich. Um für die
Folge die so schädliche,
durch das Rosten der
Eisenteile hervorge-
rufene Sprengwirkung
zu vermeiden, wurde
überall für Dübel, Klam-
mern und dergl. an Stelle
des Eisens, Messing und
Kupfer verwendet.

Die neu ausgeführ-
ten Arbeiten sind mit
Jahreszahl und teilweise
mit Zeichen versehen,
zu welchen ein über
dem mittleren Bogen der
Apostelgalerie einge-
meisselter Text die er-
gänzende Erläuterung
gibt: „Erneuerung der
Gallerie einschl. Apostel
und Engel MDCCCCX —
MDCCCCXI. Die mit
* * * bezeichneten Teile
sind nach den echten
Originalstücken er-
neuert. K.“

Alle im Verlauf der
Restaurationsarbeiten herabgenommenen und nicht
wieder verwendeten alten Steine, soweit dieselben
durch Profilierung oder Ornament eine gewisse Be-
deutung haben, zugleich auch sämtliche, wenn auch
minderwertige Figuren sind in den Lagerräumen des
Frauenstifts (zunächst provisorisch) sorgfältig aufge-
hoben worden. Es besteht die Absicht, dieselben
nach der Beschaffung geeigneter Museums- und Lager-
räume in sachgemässer Weise systematisch aufzustellen.

Die sämtlichen Arbeiten sind in Regie durch
die Münsterbauhütte ausgeführt worden.

Der Münsterbaumeister : Knauth.

Abb. 18. Neue Engelgallerie.
 
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