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Strube, Christine
Baudekoration im nordsyrischen Kalksteinmassiv (Band 2): Das 6. und frühe 7. Jahrhundert — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.71526#0044
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Das Baptisterium (?) vor der SO-Ecke der Kirche ist
seinen Gesimsformen nach später als die Kirche100.
Erhaltungszustand^. Die N- und S-Fassade stehen
bis zum Dachgesims an (Taf. 13a), die O- und W-Fas-
sade wurden in den Jahren nach dem Aufenthalt von de
Vogüe und Butler durch moderne An- und Neubauten
tiefgreifend verändert. So blieben von der O-Fassade nur
das Podiumgesims und in Mauerzügen verbaute Einzel-
elemente des Aufbaus erhalten, während die SW-Ecke
der W-Fassade mit dem ersten Fassadenfenster stehen-
blieb (Taf. 13b), der ganze Mittel- und Nordteil jedoch
abgetragen und durch einen Neubau ersetzt wurde.
Erhalten blieben darüber hinaus die westliche, in den
Südhof führende Tür und das Baptisterium an seiner
Ostseite, das allerdings erst einige Zeit nach der Kirche
errichtet wurde.
Die Säulenarkaden-Hochwände im Inneren sind ein-
gestürzt, und nur wenige Säulenbasen blieben in situ.
Die Säulenkapitelle, die de Vogüe und Butler noch in
größerer Zahl antrafen102, sind bis auf ein größeres und
zwei kleinere Kapitellfragmente verschwunden (Taf.
14d—f; 15b). Der heute vollständig überbaute Ostteil der
Kirche kann durch die Aufnahmen de Vogüe’s und mit
erhaltenen Elementen des Aufbaus in seinen Hauptzügen
rekonstruiert werden103. Es blieben erhalten: eines der
Kapitelle der östlichen Pfeilervorlagen, vier Blöcke der
Apsisarchivolte und jeweils zwei Blöcke des Marty-
rionbogens und des Apsisinnengesimses. Im Südhof der
Kirche wird ein Säulenkapitell aufbewahrt, das mög-
licherweise zu einer der Türvorbauten gehörte (Taf. 63a).
Leider blieb die zentrale Tür der Westfassade nicht er-
halten. Da die im Westbereich gefundenen Inschriftfrag-
mente sehr wahrscheinlich ehemals zu ihr gehörten, ist
anzunehmen, daß sie und nicht die SO-Tür die Haupt-
tür der Kirche war.
Archivolte des Apsis- und des Martyrionbogens. Vom
Apsisbogen blieben drei Bogensteine und ein Fragment
des Schlußsteins mit zentralem Medaillon (Taf. 14a. b),
vom Martyrionbogen ein Bogenstein ganz und ein zwei-
ter fragmentiert erhalten (Taf. 14c)104. Die Ornamentik
der beiden Archivolten stimmt in einigen Zügen überein,
doch die unterschiedlichen Maße der Blöcke sichern ihre
Zuweisung: Bei den Quadern des Apsisbogens ist die Or-
namentfolge von dem Fries aus Dreiecksblättchen bis
zum Sägeblattfries 76 cm (Taf. 12a. 14a), die Ornament-
folge des Martyrionbogens dagegen nur 62 cm hoch
(Taf. 14c).
Bei dem am besten erhaltenen Stein des Apsisbogens
wurde das untere cyma recta der Profilfolge aus unbe-
kannten Gründen nachträglich abgearbeitet (Taf. 12a).
Die Profilfolge des Apsisbogens (Taf. 12a. 14a. b; 16f)
zeigt von oben nach unten: einen flachen, oben und un-
ten abgekanteten Rundstab mit einer Reihe schmaler
Blättchen, gespalten von durchgehender Mittelrille, eine
flache Leiste mit Mäanderfries, ein hohes cyma recta mit

verschiedenen Blattmotiven und Blattfriesen, ein von
zwei Leisten gerahmtes Rundprofil mit einer von negati-
ven Dreiecksmustern dominierten Wellenranke, ein
zweites cyma recta mit einem Blattfries, der wohl durch-
gehend tropfenförmige Negativmuster aufwies, und eine
abschließende untere Leiste. Die Profilfolge steht der
entsprechenden in der Kirche vonTurmanm105 nahe und
führt in einzelnen Profil- und Ornamentformen einer-
seits nach QaFat Simcän zurück und unterscheidet sich
andererseits von den dortigen Archivolten durch die
große Variationsbreite der Einzelmotive106.
Die Halbblätter mit der langen Reihe spitzer, säge-
artiger Zacken, die auf jede der beiden den Rundstab
rahmenden Leisten skulptiert sind, erscheinen auf zwei
Bogensteinen nach links und auf den beiden anderen
nach rechts bewegt. Daß alle Profilfolgen mit dieser An-
ordnung auf die Mitte der Archivolte ausgerichtet sind,
teilt der Schlußstein (Taf. 14b)107 mit.
Die Profilfolge des Martyrionbogens (Taf. 14c) ist et-
was einfacher: Es fehlt der Mäanderfries, und das Haupt-
profil mit dem Blattfries zeigt nicht die Variationsbreite
der Einzelmotive, die sich beim Apsisbogen findet, son-
dern eine geschlossene Blattreihe, deren Blätter durch-
gehend negative Dreiecksmuster aufweisen. Etwas ein-
facher ist auch die Blattranke, deren Flächen nicht die
Steigerung von Dreiecksmotiven vorführen, die die
Ranke der Apsisarchivolte charakterisiert.
Trotz dieser Unterschiede wurde das Gesamtbild bei-
der Archivolten von den größtenteils glatt ausgearbei-
teten, mit ihren tiefen Negativrillen und dunkel schat-
tenden Dreiecksmustern kontrastreich auftretenden
Blatt- und Rankenformen beherrscht. Zurück zur For-
menwelt von QaFat Simcän führt die Übertragung der
Dreiecksmuster in ihrer die Innenform sprengenden, In-
nen- und Außenmuster gleich wertenden Form auf die
Blattranke, die dort allerdings bei Ranken wesentlich
seltener auftraten als die Tropfenmuster (Taf. 16d. e).
Neu ist die Halbierung des aus Q. Simcän bekannten
Blättchenfrieses, d. h., seine Aufteilung in zwei lange, aus
dem Befund der Kapitelle in Aleppo bekannte Zacken-
reihen bzw. Halbblätter (Taf. 4a. d). Dagegen ist der

99 AAES III Nr. 17. Prentice vermutete a. O. 44, daß die Inschrift
zur Westtür gehörte, da die Fragmente im Westteil der Kirche gefun-
den wurden. Bei Wh. Khoury sind sie nicht erwähnt.
100 Khoury, Deir Setä I 91 ff.
101 a. O. II Abb. 27-30. 120-147.
102 de Vogüe Taf. 116; AAES II 196.
103 Sodini 1984, 317 ff.
104 Strube 1986, Taf. 12a; Khoury, Deir Setä I Tafelteil. II Abb. 152.
105 de Vogüe Taf. 136,5.
106 Es sind vor allem die Archivolten der NO- und SW-Konche, die
vergleichbar sind.
107 Khoury, Deir Setä Abb. 136.

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