chen des Kalksteinmassivs werfen die Frage auf, wo das
beiden Bereichen Gemeinsame ausgebildet wurde, und
ob es Bedingungen gegeben hat, die die Verbreitung der
neu entwickelten Formen in weit auseinanderliegenden
Regionen begünstigt haben.
Darüber hinaus wurde in jüngster Zeit das Verhältnis
zwischen dem Kalksteinmassiv und den nordsyrischen
Städten in der ersten und zweiten Hälfte des 6. Jhs. kon-
trovers diskutiert501, und einige der vorgetragenen The-
sen tangieren auch die hier diskutierte Situation der Bau-
ten des 6. Jahrhunderts.
Der Eroberung Antiochias durch die Perser 540
n. Chr. gingen in den Jahren 526 und 528 n. Chr. zwei
verheerende Erdbeben voraus502. Zwischen 527 und 529
n. Chr. n. Chr. flammte nach längerer Friedenszeit
(506-527) der Krieg mit den Persern sporadisch wieder
auf503, dem nach der Eroberung der Stadt eine sich lang
hinziehende Kriegszeit folgte (540-561 n. Chr.)504. Den
Wiederaufbau der Stadt vor und nach 540 dokumentie-
ren einzelne Ergebnisse der Ausgrabungen505. Nur we-
nige Jahre nach der Eroberung und Zerstörung Antio-
chias und während der Wiederaufbauarbeiten brach 542
n. Chr. in Antiochia und weiten Teilen des Reiches die
bubonische Pest aus506. Sie kehrte im Laufe des 6. Jhs.
fünfmal wieder und war eine der zahlreichen Katastro-
phen, die zwar vor allem die Städte trafen, aber wahr-
scheinlich - wenn auch in geringerem Maße - auch auf
die ländlichen Bereiche Übergriffen. Die syrischen Chro-
niken507 berichten von schweren Naturkatastrophen der
Jahre 534-36, 578, 598 und 610, und einiges spricht
dafür, daß sie im zweiten Viertel des 6. Jahrhunderts mit
dazu beitrugen, daß sich die demographische und wirt-
schaftliche Situation der ländlichen Bereiche tiefgreifend
veränderte.
Es wird allgemein angenommen, daß die Folge von
Katastrophen, die vor allem Antiochia in der ersten
Hälfte des 6. Jhs. heimsuchten, das Kalksteinmassiv
weitgehend unberührt ließen. Doch die Tatsache, daß
eine größere Anzahl bedeutender Bauten des Bergmassivs
mit ihren Dekorationsformen in die Zeit zwischen circa
520 und 570 n. Chr. führt, ohne daß in den vorangehen-
den Jahrzehnten die Tätigkeit ihrer Werkgruppen im
Bergmassiv nachzuweisen ist, könnte mit der Situation
der Städte Zusammenhängen. Da Hauptformen der Bau-
dekoration dieser Bauten zu einer Kirche der Stadt
Beroea führen, und Einzelformen auch in Bauten der
Euphratesia und Mesopotamia auftreten508, ist nicht aus-
zuschließen, daß ein Zusammenhang zwischen der ver-
änderten Lage der Städte nach 526 und dem Baubefund
der Antiochene zwischen circa 530 und 570 n. Chr. be-
steht. D. h., ich halte es für denkbar, daß eine größere
Anzahl von professionell arbeitenden Werkleuten, die
aus dem Bergmassiv stammten, aber vorher längere Zeit
außerhalb desselben tätig waren, gegen 530 n. Chr. in
das Bergmassiv zurückkehrten, dort blieben und nach-
einander in mehreren Bauten tätig waren509. Es könnte
eingewandt werden, daß gegen diese These das umfang-
reiche Wiederaufbauprogramm in Antiochia spricht, das
ein weites Arbeitsfeld in den Jahren nach 526 n. Chr.
bot. Ich halte es aber für denkbar, daß gerade die wohl
weitgehend unveränderte Situation innerhalb des Berg-
massivs, wo offensichtlich hinreichend finanzielle Mittel
für aufwendige Bauten zur Verfügung standen, die An-
nahme dortiger Bauaufträge nahelegte. Es bleibt die
Frage, wo die im Bergmassiv greifbaren Werkgruppen
ihre Kenntnis der städtischen Formenwelt erworben ha-
ben, und ob die These von der Tätigkeit „außerhalb des
Bergmassivs“ zu präzisieren ist.
Bei der Errichtung der Stadt Data, die Kaiser Anasta-
sios in unmittelbarer Reaktion auf die Ereignisse des per-
sischen Krieges der Jahre 502-505 n. Chr. gründete510,
wurden laut Überlieferung Werkgruppen nicht nur der
Osrhoene und Mesopotamia hinzugezogen511. Es war
nicht die einzige Bautätigkeit der Jahre nach dem Frieden
von 506 n. Chr., wie die Forschungen der vergangenen
Jahrzehnte gezeigt haben512. Eine mögliche Antwort auf
die Beziehungen zwischen den beiden großen Regionen
Syriens wäre also, daß eine größere Anzahl von Werkleu-
ten des Kalksteinmassivs bei einem oder mehreren der
Bauvorhaben im ersten Jahrzehnt des 6. Jhs. in Kontakt
mit Dekorationsformen nordmesopotamischer Werkstät-
ten kamen. Leider ist von der Architektur und Baudeko-
ration Daras noch zu wenig bekannt, um hier eine klare
Antwort geben zu können513. Doch könnte eine solche
501 Siehe Täte, Campagnes 317 ff. 329 ff; C. Foss, Syria in Tran-
sition, A. D. 550-750: An Archaeological Approach, DOP 51, 1997,
189 ff; H. Kennedy, Front Polis to Madina: Urban Change in Late
Antique and Early Islamic Syria, Past and Present 106, 1985, 3 ff; H.
Kennedy, The Last Century of Byzantine Syria: A Reinterpretation,
ByzF 10, 1985, 141 ff.
502 Grundlegend ist immer noch die Darstellung bei Downey,
Antioch 520 ff. 533 ff.
503 a. O. 530 £; E. Stein, Histoire du Bas-Empire II 292 ff.
504 a. O. 557 ff; A. M. Jones, The Later Roman Empire I, 294.
505 Antioch I 92ff. III 37. 50. V 148 ff; Levi, Antioch Mosaic Pave-
ments I 257. 311. 366 ff.
506 Downey, Antioch 553 ff; L. Conrad, The Plague in the early
medieval Near East (Ann Harbor Press 1985) 106 ff.
507 Michael der Syrer, ed. Chabot (1899-1910), Chronik Bd. II.
508 Siehe z. B. zum Zentralbau von Resafa S. 109.
509 Strube 1986, 79 Anm. 83.
510 Capizzi, Anastasio 215 ff; B. Croke - J. Crow, Procopius und
Dara,JRS 73, 1983 143 ff.
511 K. Ahrens-G. Krüger, Die sog. Kirchengeschichte des Zacharias
Rhetor (1899) 117, 17 ff
512 Honigmann, Ostgrenze 10 ff; Liebeschütz 1977, 488 ff; Came-
ron, Procopius 80 ff; Croke-Crow (Anm. 510) 143 ff.
5,3 Eine Publikation zur Kapitellplastik Daras ist angekündigt bei
F. de Maffei, Edifici di Giustiniano nell’ambito dell’Impero, Centro
Italiano di Studi sull’Alto Medioevo 10 (1988) 53.
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beiden Bereichen Gemeinsame ausgebildet wurde, und
ob es Bedingungen gegeben hat, die die Verbreitung der
neu entwickelten Formen in weit auseinanderliegenden
Regionen begünstigt haben.
Darüber hinaus wurde in jüngster Zeit das Verhältnis
zwischen dem Kalksteinmassiv und den nordsyrischen
Städten in der ersten und zweiten Hälfte des 6. Jhs. kon-
trovers diskutiert501, und einige der vorgetragenen The-
sen tangieren auch die hier diskutierte Situation der Bau-
ten des 6. Jahrhunderts.
Der Eroberung Antiochias durch die Perser 540
n. Chr. gingen in den Jahren 526 und 528 n. Chr. zwei
verheerende Erdbeben voraus502. Zwischen 527 und 529
n. Chr. n. Chr. flammte nach längerer Friedenszeit
(506-527) der Krieg mit den Persern sporadisch wieder
auf503, dem nach der Eroberung der Stadt eine sich lang
hinziehende Kriegszeit folgte (540-561 n. Chr.)504. Den
Wiederaufbau der Stadt vor und nach 540 dokumentie-
ren einzelne Ergebnisse der Ausgrabungen505. Nur we-
nige Jahre nach der Eroberung und Zerstörung Antio-
chias und während der Wiederaufbauarbeiten brach 542
n. Chr. in Antiochia und weiten Teilen des Reiches die
bubonische Pest aus506. Sie kehrte im Laufe des 6. Jhs.
fünfmal wieder und war eine der zahlreichen Katastro-
phen, die zwar vor allem die Städte trafen, aber wahr-
scheinlich - wenn auch in geringerem Maße - auch auf
die ländlichen Bereiche Übergriffen. Die syrischen Chro-
niken507 berichten von schweren Naturkatastrophen der
Jahre 534-36, 578, 598 und 610, und einiges spricht
dafür, daß sie im zweiten Viertel des 6. Jahrhunderts mit
dazu beitrugen, daß sich die demographische und wirt-
schaftliche Situation der ländlichen Bereiche tiefgreifend
veränderte.
Es wird allgemein angenommen, daß die Folge von
Katastrophen, die vor allem Antiochia in der ersten
Hälfte des 6. Jhs. heimsuchten, das Kalksteinmassiv
weitgehend unberührt ließen. Doch die Tatsache, daß
eine größere Anzahl bedeutender Bauten des Bergmassivs
mit ihren Dekorationsformen in die Zeit zwischen circa
520 und 570 n. Chr. führt, ohne daß in den vorangehen-
den Jahrzehnten die Tätigkeit ihrer Werkgruppen im
Bergmassiv nachzuweisen ist, könnte mit der Situation
der Städte Zusammenhängen. Da Hauptformen der Bau-
dekoration dieser Bauten zu einer Kirche der Stadt
Beroea führen, und Einzelformen auch in Bauten der
Euphratesia und Mesopotamia auftreten508, ist nicht aus-
zuschließen, daß ein Zusammenhang zwischen der ver-
änderten Lage der Städte nach 526 und dem Baubefund
der Antiochene zwischen circa 530 und 570 n. Chr. be-
steht. D. h., ich halte es für denkbar, daß eine größere
Anzahl von professionell arbeitenden Werkleuten, die
aus dem Bergmassiv stammten, aber vorher längere Zeit
außerhalb desselben tätig waren, gegen 530 n. Chr. in
das Bergmassiv zurückkehrten, dort blieben und nach-
einander in mehreren Bauten tätig waren509. Es könnte
eingewandt werden, daß gegen diese These das umfang-
reiche Wiederaufbauprogramm in Antiochia spricht, das
ein weites Arbeitsfeld in den Jahren nach 526 n. Chr.
bot. Ich halte es aber für denkbar, daß gerade die wohl
weitgehend unveränderte Situation innerhalb des Berg-
massivs, wo offensichtlich hinreichend finanzielle Mittel
für aufwendige Bauten zur Verfügung standen, die An-
nahme dortiger Bauaufträge nahelegte. Es bleibt die
Frage, wo die im Bergmassiv greifbaren Werkgruppen
ihre Kenntnis der städtischen Formenwelt erworben ha-
ben, und ob die These von der Tätigkeit „außerhalb des
Bergmassivs“ zu präzisieren ist.
Bei der Errichtung der Stadt Data, die Kaiser Anasta-
sios in unmittelbarer Reaktion auf die Ereignisse des per-
sischen Krieges der Jahre 502-505 n. Chr. gründete510,
wurden laut Überlieferung Werkgruppen nicht nur der
Osrhoene und Mesopotamia hinzugezogen511. Es war
nicht die einzige Bautätigkeit der Jahre nach dem Frieden
von 506 n. Chr., wie die Forschungen der vergangenen
Jahrzehnte gezeigt haben512. Eine mögliche Antwort auf
die Beziehungen zwischen den beiden großen Regionen
Syriens wäre also, daß eine größere Anzahl von Werkleu-
ten des Kalksteinmassivs bei einem oder mehreren der
Bauvorhaben im ersten Jahrzehnt des 6. Jhs. in Kontakt
mit Dekorationsformen nordmesopotamischer Werkstät-
ten kamen. Leider ist von der Architektur und Baudeko-
ration Daras noch zu wenig bekannt, um hier eine klare
Antwort geben zu können513. Doch könnte eine solche
501 Siehe Täte, Campagnes 317 ff. 329 ff; C. Foss, Syria in Tran-
sition, A. D. 550-750: An Archaeological Approach, DOP 51, 1997,
189 ff; H. Kennedy, Front Polis to Madina: Urban Change in Late
Antique and Early Islamic Syria, Past and Present 106, 1985, 3 ff; H.
Kennedy, The Last Century of Byzantine Syria: A Reinterpretation,
ByzF 10, 1985, 141 ff.
502 Grundlegend ist immer noch die Darstellung bei Downey,
Antioch 520 ff. 533 ff.
503 a. O. 530 £; E. Stein, Histoire du Bas-Empire II 292 ff.
504 a. O. 557 ff; A. M. Jones, The Later Roman Empire I, 294.
505 Antioch I 92ff. III 37. 50. V 148 ff; Levi, Antioch Mosaic Pave-
ments I 257. 311. 366 ff.
506 Downey, Antioch 553 ff; L. Conrad, The Plague in the early
medieval Near East (Ann Harbor Press 1985) 106 ff.
507 Michael der Syrer, ed. Chabot (1899-1910), Chronik Bd. II.
508 Siehe z. B. zum Zentralbau von Resafa S. 109.
509 Strube 1986, 79 Anm. 83.
510 Capizzi, Anastasio 215 ff; B. Croke - J. Crow, Procopius und
Dara,JRS 73, 1983 143 ff.
511 K. Ahrens-G. Krüger, Die sog. Kirchengeschichte des Zacharias
Rhetor (1899) 117, 17 ff
512 Honigmann, Ostgrenze 10 ff; Liebeschütz 1977, 488 ff; Came-
ron, Procopius 80 ff; Croke-Crow (Anm. 510) 143 ff.
5,3 Eine Publikation zur Kapitellplastik Daras ist angekündigt bei
F. de Maffei, Edifici di Giustiniano nell’ambito dell’Impero, Centro
Italiano di Studi sull’Alto Medioevo 10 (1988) 53.
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