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DRITTER ABSCHNITT
blütigkeit, in denen die in der Halle des Senats knienden
Abgeordneten mit Augen voller Tränen flehten und ihre
Leiber und Güter „die Stadt Capua, das campanische Volk,
die Felder, die Tempel der Götter und alle göttlichen und
menschlichen Dinge“ dem römischen Volke als Eigentum
übergaben. Welcher Eifer für den Staat, welche politische
Eingenommenheit bei dem geringsten Handwerker und
welche gewaltsame Verwirrung der privaten und öffentlichen
Angelegenheiten herrschte nicht, wenn jeder von den Mauern
herab die Banden räuberischer Hirten, die den Banditen
von heute glichen, nahen sah, wenn alle Wochen die
Bürger in dem Haupttempel die Mittel beratschlagten, nicht
geplündert, getötet oder verkauft zu werden! Wir werden
niemals die Leidenschaft eines Alten für seine Stadt begreifen.
Die Berge sind fast kahl und schroff in kleine Felsen zer-
klüftet, welche wie die Trümmer eines grossen Einsturzes
aussehen, so als ob die Gipfel und Hänge während eines
Erdbebens gezittert hätten, und ihre zerborstene Schale in
Fetzen herumgestreut worden wäre. Der steile Grat ragt
wie eine Klinge in die Luft, keine Bäume, nur einige kränk-
liche zähe Büsche, Moos, und manchmal auch nichts. Der
Berg lagert mit seinem schartigen Dreieck wie ein Haufen von
Schlacken, dazwischen erheben sich andere, wie von der
Wut eines Brandes zerborstene Spitzen gleich Mumien
voller Asche zwischen ihren fahlroten Gefährten, und die
höchsten am Himmelsrande haben eine Schneekappe.
Von dort kamen die Samniten, die Abenteurer der „ewigen
Lenze“ in Ziegenfellen, die Füsse mit Stricken umwunden,
mit ungepflegtem Bart und mit den schwarzen starren Augen
der Hirten, welche jetzt hier vor uns stehen. Man müsste
in Kalifornien oder in Neu-Seeland gelebt haben, um sich
heute die Lage einer antiken Stadt vorzustellen.
Der Himmel ist ebenso schön, heiss und herrlich wie
im Juni. Die Berge zu beiden Seiten sind von einem
schlichten, schweren Blau und ordnen sich, wie zum Ver-
DRITTER ABSCHNITT
blütigkeit, in denen die in der Halle des Senats knienden
Abgeordneten mit Augen voller Tränen flehten und ihre
Leiber und Güter „die Stadt Capua, das campanische Volk,
die Felder, die Tempel der Götter und alle göttlichen und
menschlichen Dinge“ dem römischen Volke als Eigentum
übergaben. Welcher Eifer für den Staat, welche politische
Eingenommenheit bei dem geringsten Handwerker und
welche gewaltsame Verwirrung der privaten und öffentlichen
Angelegenheiten herrschte nicht, wenn jeder von den Mauern
herab die Banden räuberischer Hirten, die den Banditen
von heute glichen, nahen sah, wenn alle Wochen die
Bürger in dem Haupttempel die Mittel beratschlagten, nicht
geplündert, getötet oder verkauft zu werden! Wir werden
niemals die Leidenschaft eines Alten für seine Stadt begreifen.
Die Berge sind fast kahl und schroff in kleine Felsen zer-
klüftet, welche wie die Trümmer eines grossen Einsturzes
aussehen, so als ob die Gipfel und Hänge während eines
Erdbebens gezittert hätten, und ihre zerborstene Schale in
Fetzen herumgestreut worden wäre. Der steile Grat ragt
wie eine Klinge in die Luft, keine Bäume, nur einige kränk-
liche zähe Büsche, Moos, und manchmal auch nichts. Der
Berg lagert mit seinem schartigen Dreieck wie ein Haufen von
Schlacken, dazwischen erheben sich andere, wie von der
Wut eines Brandes zerborstene Spitzen gleich Mumien
voller Asche zwischen ihren fahlroten Gefährten, und die
höchsten am Himmelsrande haben eine Schneekappe.
Von dort kamen die Samniten, die Abenteurer der „ewigen
Lenze“ in Ziegenfellen, die Füsse mit Stricken umwunden,
mit ungepflegtem Bart und mit den schwarzen starren Augen
der Hirten, welche jetzt hier vor uns stehen. Man müsste
in Kalifornien oder in Neu-Seeland gelebt haben, um sich
heute die Lage einer antiken Stadt vorzustellen.
Der Himmel ist ebenso schön, heiss und herrlich wie
im Juni. Die Berge zu beiden Seiten sind von einem
schlichten, schweren Blau und ordnen sich, wie zum Ver-