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scheidenden Zeit der Renaissance und Re-
formation, die Ende des Mittelalters und Auf-
bruch der Neuzeit zugleich war. Ein neues
Welt- und Menschenbild kam herauf, das
weithin überkommene Bindungen fragwür-
dig erscheinen ließ.3 Was es um die Freiheit
des Christenmenschen sei, diese Frage erfüllte
die Geister und spiegelte sich nicht zuletzt
auch in Lebensschicksalen und Werken der
großen Künstlerpersönlichkeiten wider.

Wir gäben viel darum, wenn wir etwas
wüßten von dem inneren und äußeren Auf-
bruchLucas des Malers aus seiner fränkischen
Vaterstadt Kronach,die ihm denNamen gab,
in der er bei seinem Vater die Grundlagen
der Malkunst erlernt hatte; wenn wir wüß-
ten, welche menschlichen Begegnungen in
seinen Wanderjahren dazu führten, daß er
nicht nur äußerlich die Donaulandschaft bis
Wien kennenlernte, sondern zu einem geist-
und lebensprühenden Maler der jungen Ge-
neration wurde, die mit glühendem Fierzen
die Weite und Tiefe der Landschaft und
des Menschen in Form und Farbe zu fassen suchte. Als ein vollendeter Meister im Alter von
etwa 30 Jahren steht er vor uns in den wenigen »Jugendwerken«, vor allem den Kreuzigungen
von Wien und München, den Bildnissen Wiener Gelehrter und ihrer Frauen, der innigen Ruhe
auf der Flucht (Berlin), dem hl. Valentin, der Stigmatisation des Franziskus und dem büßenden
Hieronymus (alle drei in Wien). Cranachs Ruhm muß schnell über die Wiener Kreise in Uni-
versität und Kirche hinausgedrungen sein, da Kurfürst Friedrich der Weise ihn schon 1504
als Hofmaler in seine auf blühende Residenz und Universitätsstadt Wittenberg berief.
Wittenberg wurde Cranachs Wahlheimat, und für fast ein Jahrhundert gehören die Namen
Cranach und Wittenberg für die deutsche Kunst und darüber hinaus zusammen. Das Werk
Cranachs gewinnt durch die Mitarbeit der Söhne und der Werkstatt, dann durch das Weiter-
leben seiner Malweise im Werk des jüngeren Cranach ein Ausmaß an Wirkung in den ge-
samten mittel- und norddeutschen Raum hinein, wie es wohl einmalig ist. Die 46 Witten-
bergerjahre des Vaters und die gesamteLebenszeit des Sohnes bis zu dessen Tode 1586 schufen
die Stetigkeit einer mehrere Generationen überdauernden Tradition sowohl der künstlerischen
Form wie der Thematik, der Bildinhalte.

Der mit seiner Übersiedlung nach Wittenberg gegebene neue Aufgabenkreis gab Cranachs
Kirnst die Möglichkeit, sich auf den verschiedensten Gebieten zu bewähren. Bereits in den
ersten Jahren entstanden berühmt gewordene Altäre für Wittenberg und Torgau4, mit Bild-
nissen der Kurfürsten und anderer Zeitgenossen, auf dem Altar der hl. Sippe5 auch mit seinem

1: Selbstbildnis um 150g. Ausschnitt aus dem Bild der
Heiligen Sippe. Wien, Akademie der bildenden Künste

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