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verbunden. - Später als Kaiser Karl V. im Jahre 1546 und 1547 in Deutschland Krieg führte
gegen die Schmalkaldischen Bundesgenossen, wegen der wahren und unverderbten Lehre des
Evangeliums, zu der sich diese bekannten und die er unterdrücken wollte, und zuletzt die ganze
Gewalt und das ganze Gewicht des Krieges sich gegen den unvergleichlichen und ruhmwür-
digen Helden, den Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, wendete, geschah es, daß dieser
durchlauchtige Fürst in der Schlacht bei Mühlberg im tapferen Kampfe gefangen wurde. Da-
durch wurde Lucas und die ganze Stadt Wittenberg in die größte Trauer und Gefahr ver-
setzt. Als hierauf Wittenberg belagert wurde, ist Lucas in das Lager zu dem Kaiser gerufen
worden, wo derselbe ihn bei seiner Ankunft fragte, ob er die Ursache dieses Vorbescheidens
wissen wolle ? Und es sagte der Kaiser: Dein Fürst, welchen ich neulich in der Schlacht ge-
fangen genommen habe, hat mir zu Speyer, beim Reichstage, eine trefflich gemalte Tafel ge-
schenkt, die Einige von Deiner Hand, Einige von der Hand Deines Sohnes hielten. Als nun
Deiner von ohngefähr Erwähnung geschah, wurde mir angezeigt, daß Du noch in dieser
Stadt lebst, und um mich genauer zu überzeugen, befahl ich, Dich herzubescheiden. Dies ist
der Grund, weshalb ich Dich aus der Stadt habe kommen lassen. Hierauf dankte Lucas der
kaiserlichen Majestät für so große Gnade und bezeigte die schuldige Ehrfurcht und Unter-
würfigkeit. Ich habe aber, sagte der Kaiser, zu Mecheln in meinem Zimmer eine kleine Tafel,
worauf mein Bildnis als Knabe von Dir gemalt ist; sage mir doch, wie ich in jenem Alter be-
schaffen war, während Du mich maltest. Ew. Majestät, sagte Lucas, war damals acht Jahre;
es war, als der Kaiser Maximilian, Euch bei der Hand haltend, Ew. Majestät von den bel-
gischen Staaten huldigen ließ. Als ich Euch malen wollte, hattet Ihr einen Lehrer, welcher,
da Ihr als Knabe etwas unruhiger Natur wäret, Euren Sinn zu kennen behauptete, und angab,
daß Ihr vorzüglich durch den Anblick von Eisen und Stahl erfreuet würdet; er nahm deshalb
ein eisernes Wurfgeschoß und brachte es bald so an der Wand an, daß die Spitze Euren Augen
zugewendet war. Darauf richtete Ew. Majestät nachher die Augen so lange, bis ich das Ge-
mälde beendigt hatte. Der Kaiser zeigte sich bei dieser Erzählung sehr erfreut und betheuerte
darauf in dessen Gegenwart, daß er Lucas gnädig sein werde. Lucas aber, durch diese Gnade
des Kaisers bewogen, dachte vor allem an das Unglück seines Herrn und die Gefahr des Vater-
landes und erbat für sich selbst gar nichts, sondern fiel auf die Knie und flehte bei dem Kaiser
für seinen gefangenen Herrn mit den Worten: Unüberwindlichster, gnädigster Kaiser, da
nach Gottes Willen Deine Majestät schon den Sieg davongetragen und meinen durchlauch-
tigsten Fürsten in der Schlacht gefangen hat, so bitte und beschwöre ich Deine Majestät, daß
Du nach Deiner eingeborenen Milde dem gefangenen Fürsten die Strafe linderst und Gnade
gegen ihn übest. Dann wird gewiß der Gott der höchsten Gnade Deiner Majestät in der ganzen
Regierung glückliche und freudige Erfolge gewähren. Darauf antwortete der Kaiser gnädig,
daß er durchaus nichts Schlimmes gegen den Fürsten im Sinne habe und entließ Lucas mit
reichem Geschenk.

Als aber der Kurfürst aus Sachsen nach Belgien abgeführt worden war, wurde Lucas von
seinem im Auslande lebenden Herrn wiederholt von Wittenberg zu sich verlangt, und er ging
endlich 1550 nach Augsburg, nachdem er seine Güter und was er besaß seinen Erben über-
geben und ein Testament gemacht hatte, worin er die Diener der Kirche und arme Verwandte
bedacht hatte, und ward in dem folgendenTriennium dem Fürsten ein angenehmer und treuer

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