Rheinisch-WtWische Zeitmig.
Liktteliahrlich 4 ^e. in den Expeditionen.
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r«ltgra»«>A»rtsse: Ztitung Esse« Ruhr.
Esscncr Zeitnng, Effcn. — Westsölifche Zeitung, Dortmn-.
Kreisdlatt füe derr Stcrdt- irnd Kandkvei« Gssen und den Stadtüreis Doetmund»
Iledaktion und oSrpedition iu Ksse« Mrgstrnße L1, in Fortmrrnd Klpestr. Z1.
Infeettonspretor
Mir di« Smal -espaltene Petitzeile od«
Siaum 25
Siellamm » Zeile i
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Cssen und Dortmun-, Montag dm L. August.
L88«
Basel: Haasenstetn L Vogler Berli«: Haasenstein L Bogler; Jnvalidendank; R, Mosse; Bernh, Arndt, Bochnm: O»c. Henzstenberz. Bon«: Gust. Lehen. Breme«: s. Schlotte. Lrefeld: Ikramer t Ba«m. DreSde«: Jn»altde«d«»L
Duisburg: W. Falk Nachf, (Schatz L te« Hompel.) Düffeldorf: H. Aron-nberg'sch« Buchdruckerei. Elderfeld: W. ThieneS. Frsukfurt a. M.: <8. L. Daute « «».; Haasenstein » Bogler; R. Mosse. Gelsenkirchr«: F. Dienst. H«»»r
tt» Hammerschmtdt. Halle a. S.: I. Barck L Co. Hambnrg: Haasenstein L Vogler; R. Moss«; Ad. Steioer. Hattingea: E. Hundt sel. Wwe. Herne: E. Th. jrarteaberg. «ettwig: F. Flothmann. Köl«: Haafenstein L Vogler; R. Mosse. LeiPM»r
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Für das neue englische Ministermm
tst der Empfang keine gute Vorbedeutung, den ihm das Haupt-
organ der liberalen Sezesstonisten, die Times, bereitet. Das
große Cityblatt findet an den Ernemiungen nichts löblich als die
Eile, mit welcher ste vollzogen worden, und tadelt dieselben sonst
sozusagen in jedem einzelnen Punkte. „Wir müffen bekennen/
kegmnt dcr Kritiker, „daß nach unserm Urteil die von Lord
Salisbury getroffenen Anordnungen nicht ganz das stnd, was man
im Jnteresie einer dauerhaften Regierung und eines harmonischen
Zusammenwirkens zwischen konservativen und liberalen Unionisten
hätte wünschen mögen." ^
Nicmand wcrde die Wiederernennung Lord Salisburys zum
Lordkanzler tadeln: er sei ein tüchtiger Rechtsgelehrter und mit
dem gesel.gebnffchen B-rufe wohl vertraut. Ebcnsowenrg boten
zur KritMnlaß die Wiederberufung Smiths ins Staatssekretariat
des Krieges und Lord Hamiltons zum erften Lord der Admiralität
(Marineminister). Es werde allgemein als wünschbar anerkannt,
daß die Vorsteher der großen Ausgabendepartemmte im Untnhaus
sttzen sollten; auch sei es vorteilhaft, wenn diese Amter, die etne
Tülle komplizierter technischer Kenntniffe erheischen, so lange als
möglich denselben Händen anvcrtraut blieben. Aber nachdem die
Timcs einzelnen von Saltsbury getroffenen Ernennungen dieses
bedingtc Lob gespendet, setzt si- weitläufig ihre B-denken gegen die
drei hauptsächltchsten und für das Kabinett maßgebenden Portefeuille-
vergebungen auseinander.
Dem Avencement Lord Cburchills widmet dic Ttmes einen
eigenen Artikel. Die Berufung des edlen Lords zum Schatz-
kanzleramt und zur Führerschaft im Unterhause ist die äußere
Anerkennung der großen Stellung, welche Churchill stch in be-
merkenswert raschem Steigen in der konservativen Partei, im
Parlament und im Lande errungen hat. Daß die Ernennung
erfvlgen^önnte, mußte jeder einigermaßen politisch Verständige seit
8-raumer Zeit einsehen; viele hätten aber eine langsamere Er-
höhung gewünscht. „Churchill ist erst 37 Jahre alt, bcscht sehr
wenig amtliche Erfahrung; es ist nicht lange her, seit er etnen
hervorragenden Anteil an den Debatten zu nehmen begann, und
die Raschheit, mit welcber er zu einer Macht im Hause wurde,
sührt auf gewiffe Eigenschaften lriegerischer Art zurück, deren Übung
bis in die letztc Zeit hinein ein Hindcrnis für die unbestrittene
Lbernahme von Pflichten bildet, welche die Tugenden der Reife
zur Voraussctzung haben. Es wäre beffer gewesen für die Partei
und in gewiff-r Hinficht auch befriedigender für ihn selbst, wenn
es möglich gewesen wäre, ihm Zeit zur Befesttgung in seiner
Stelluno und den andcrn zum Vergeffcn der agressiven Taktik
zu laffen, durch welche sie errungen wurde, und allein errungen
werden konnte. Auch wäre es für Lord Randolph Churchill
wünschenswert gewesen, daß er Zett erhalten hätte, um
sich die geistigen Gewohnheiten anzucignen, die zu gesichertem
Einfluß und anerkannter Autorität notwendig sind. Doch wir
leben in Tagen, in welchen die Ereigniffe einen schn--llen Gang
haben, und die Menschen müffen mit ihnen Schriit halten."
Nach dem lchten Satze fällt es der Times, die ja dem Tory-
regimente arundsätzlich geneigt ist, nicht schwer, Mllderungsgründe
sür Salisbury und Chmchill anzuführen. Die Trennung zwischen
der formellen und der thatsächlichm Führerschaft im Unterhause
war ein unleidliches Verhältnis. Zud:m hatte Churchtll stch er-
boten, aanz bei Seite zu treten, wenn er dadurch dte Btldung
eines Koalitionsministeriums ermöglichen könnte. Auch uberntmmt
Ckurchill ja ketne Sinekure, sondern etne Aufgabe, die, bald uber
seine keineswegs unverwüstlichen Kräfte gehen könnte. Er wird
mit der Eifersucht und dem Neide der etgmen Parteigenoss-n, und
mit Vorurteilcn zu kämpfen haben, von denen die Mehrheit der
Konservativm noch immer befangen ist. Lord Church^hatZange^
vor dcn konservativen Ministern erkannt, daß der Konservattsmus
sich an das gemeinc Volk wendm muß, und sich nicht nach der
alten Schablone mit Landedelleuten und Pastoren soltdarisch ver-
bünden darf. Die andern suchtm den Arbeiter höchstens dadurch
zu aewinnen, daß ste ihrem Konservattsmus einen möglichst liberalen
Anstrich gaben; Churchtll anerkannte, daß nur etn vollsafttger und
gepfefferter Konservatismus Zugkraft besitzt. Er zollte den chr-
würdigen Götzen des Liberalismus nicht länger Ehrfurcht, sondern
schlug mit einer so unbekümmerten Dretstigkeit darauf los, daß
ihre Anhänger auffuhren und seine eigenen Freunde sein Bmehmen
unziemltch fanden. So wurde er die bei weitem intereffanteste
Person innerhalb der konservativen Partei, errang stch eine Stellung
und Anhang im Lande und brachte seiner Partei ungeheuren
Vorteil. Es sei zu hoffm, so schließt die Beurteilung Lord
Randolphs, daß er nun auch im Unterhaus als Führer stch auf
die Höhe der Situation erheben werde; dann würden die unionistischen
Liberalen sicherlich nicht dte letzten sein, die ihm Gerechtigkcit
widerfahren ließen.
Aber auch die Ernmnung Lord Jddesleighs (Northcote) zum
Minister des Auswärtigm hat nicht die volle Billigung der
Times. Etn angenehmes und versöhnliches Temperament, Vorliebe
für gemäßigte Maßregeln und sorgfältige Rückstchtnahme auf die
Empfindltchkeitm anderer Völker seien wohl in der Diplomatie
nicht wertlos. Aber ein Staatsmann, der die großen Jntcreffen
des britischen Reiches zu leiten habe, bedürfe noch anderer Eiaen-
schasten. Das Schicksal Granvilles, der alle jene Vorzüge beseffm
und dennoch in dm letzten Jahren tm Auswärtigm Amte Unglück
hatts, stehe wte eine Warnung vor dem neuen Minister; hoffentlich
werde Jddesleigh zeigcn, daß nur die Umstände thn verhindert
hatten, als Letter des Unterhauses die Kühuheit und Kraft zu
entfalten, die der englische Minister des Äußern bedürfe.
Ungenügmd, fürchtet die Times, wird Sir Michael Hicks-
Beach seiner ungehmrm Aufgabe als Sekretär für Jrland nach-
zukommm vermögen.
* Wie erinnerlich, haben die Goldwährungsleute schon ver-
schiedene Anstrengungen gemacht, ihre Kraft nnd thren Einfluß
auf die Regierung dazu zu bmutzm, in den deutschen Kolonieen
die reine und unverfälschte Goldwährung einzuführm. Wer da
weiß, daß gerade in Asten wie tn Afrika die Völker sich fast
lediglich der Stlbermünze tm Verkehr bedienen, hat übcr die
Bltndheit der Goldwährungsthcoretiker nur ein bedauernswertes
Lächeln habm könnm. Daß abcr die Reichsregierung die Thorhett
nicht begeht, den Herren auch in dieser Beziehung zu folgen, lehrt
die Nachricht der Berliner Politischen Nachrichten, des Organs der
industriellen Goldfanatiker, daß in Kamerun auf Grund etner
Verordnung des dortigen deutschen Gouverneurs die Reichsmark-
rechnung eingeführt, aber nicht etwa unsere Goldmünzen dort
in den Verkehr gegeben, sondern bereits mehrere größere Posten
von Silber-Thalerstücken von den beteiligten kaufmännischen
Firmen in das deutsck r Schutzgebtet eing-sührt worden stnd. Mit
der LoVwährung der Kolontcen ist es also nichts und der Deutsche
Kolonialverein, der schon bei sciner letztm Gmeralversammlung
in Karlsruhe das Thema der Einführung derselben in unsere
Kolonieen auf seine Tagesordnung gesetzt hatte, ohne freilich den
Versuch zu machen, wirklich in die Diskusston über diese Frage ein-
zutreten, kann stch seine weitere Mühe sparen. Nicht das Reichs-
gold, von dem das Mutterland selbst viel zu wenig hat, ist
das Kolonialgeld der Zukunft, sondern der viclgejchmähte
Silberthaler.___
Deutsches Reich.
Anrtliches.
Se. Majestät der König hkbm AllergnSdigst geruht: dem derzeitigen
Rektor der Universttät Halle und ordentlichen Profeffor in der philo-
ophischen Fakultät daselbst, vi. Conrad, den Roten Adler-Orden
vierter Klasse; dem Geheimen Kanzlei-Rat D o l f u ß im Justizministenum
den Königlichen Kronen-Orden dritter Klasse; sowte dem pensionierten
Strasanstalts-Ausseher Lucht zu Krone a. B. im Kreise Bromberg, dem
Bootsdiene Wilhetm Grins zu Wesel und dem Moldenhauergesellen
Heinrtch Puchmüller zu Elze im Kreise Gronau das Allgemeine
Ehrenzeichen zu verleihen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Spezial-
lommissar, Regierungsrat Kuntze zu Züllichau den Charakter als
Geheimer RegierungSrat, dem Amtsrichter Bellinger in Viersen den
Charakter als Amtsgerichtsrat, svwie den Gerichtsschreibern bei dem
Amtsgericht zu Bieslau, Sklretärm Schmibt UNd Nemitz, und dem
Grrichtsschreiber bei dem Amtsgericht in Liegnitz, Selretär Scholz, bei
ihrem Übertritt in den Rnhestand dcn Charakter als Kanzlei-Rat zu
vrrleihen.
* Berltn, 1. Aug. Unser Krouprinz nalm gestern im
Neuen Palais mehrere Vorträge und cinige Meldungm entgegen.
Nachmittags gegen 2 Uhr empstngen die kronprtnzltchen Herrschaften
dm Kaiserlich chinestschen Gesandten am Großbitannischen Hofe
Marquis Tseng und beehrtm denselben sowie deffen beide Be-
gletter, den Legations-SekretSr Tsching-Tschang und den Militär-
Attache Wanghao Poo, mtt Einladungm zur Tafel, zu welcher
außerdem auch noch der hiestge chinestsche Gesandtc Hsü-Ching-
Cheng nnd mehrere Mitglteder der hiestgen chinestsch-n Gesandt-
schaft, sowie Unterstaatssekretär Graf Berchem, Geh. Legationsrat
Lindau und andere hvchgestellte Personen rc. geladen waren. Nach
Aufhebung der Tafel verabschiedetm sich dann Marquis Tseng
und dessen Bcgleiter, sowie der hiestge chtnesische Grsandte Hsü-
Ching-Cheng rc. mit den Herren der chinestschen Gesandtschaft von
den kronprinzlichen Herrschaften wieder und kehrtcn bald darauf
von Potsdam nach Berltn zurück, um den Abend noch gemeinsam
in der hiestgen chinestschen Gesandtschaft zuzubringen. Heute früh
8 Uhr hat sich dcr Gesandte Marquis Tseng mit setnen Be-
gleitern und cinigen Herren der hiestgen Gesandtschaft mittelst
Extra - Zuges vom hiesigen Stetttner Bahnhofe aus über
Sttalsund, nach der Jnsel Rügen begeben, woselbst dieselben Gäste
des Geh. Kommerztenrates und Gmeral-Konsuls, Herrn von Hanse-
mann, auf deffen dort gel-gmm prachtvollmVesttzungcn sein werden.
Die Nückkehr von der Jnsel Rügen nach Berltn dürfte bereits
morgen abcnd erfolgen, da Marquis Tseng bereits am Mittwoch
seine Reisc nach Rußland bezw. St. Petersburg fortzusetzm gedenkt.
Heute abend hat stch der Kronprinz mit der Prinzesstn Viktoria
vom Neum Palais nach der Station Großbeeren begcben, um mit
dcm um 8 Uhr von Berlin abgelassenm Courierzuge nach Bayreuth
zu reisen, woselbst die Ankunft morgen früh kurz vor 8V- Uhr
erfolgt. Von Bayreuth setzt der Kronprinz Abends 11 Uhr seine
Reise zur Beiwohnung der Festlichkeiten nach Heidelberg fort, wo
er am 3. August früh etnzutreffen gedenkt. Die Prinzesstn Viktoria
kehrt von Bayreuth aus in Begleitung dcr Palastdame Gräfin
Brühl direkt nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurück. Der
Kronprinz wird von Heidelberg aus demnächst sich nach Schlangen-
bad begeben und vorausstchtlich Ende der Woche wieder in Potsdam
eintreffen. Jn seiner Begleitung auf dieser Reise beftnden stch die
persönlichm Adjutanten des Kronprinzen, Hofmarschall Graf
Radolinski, Leibarzt vr. Schrader rc.
Der Kriegsmtnister Gmeral-Lientmant Bronsart v. Schellen-
dorff hat stch gestern von hier zu dem Katser nach Bad Gastein
begeben.
Der Unterstaatssekrctär im Retchsamt des Jnnern, Wirkl. Geh.
Rat Eck, wird hente abcnd scinen Urlaub antreten. Der Unter-
siaatssekretär vr. Lucanus ist heutc früh von seiner Reise zurück-
gekehrt. Der Ministerialdirektor im Kultusmtnisterium, Wirkl.
Geh. Rat Greiff, wird Montag seine Urlaubsreise antretm.
Der hiesige französische Botschafter, Baron de Courcel, ist
am Donnsrstag aus Paris hier eingetroffen und hat schon gestern
die Lettung der Geschäfte übernommen. Nach Allcm, was hier zu
erfahren ist ichwebm die Vsrhandlungm über die Person seines
Nachfolgers Aoch und ist insbesondere die bet der Ernennung von
Botschaftern übliche Anfrage, ob dte Persönlichkeit des gewählten
Diplomaten genehm wäre, hierher noch nicht ergangen.
Drr Johanniterorden hat mit den Dtakontssen-Mutter-
häusern tn Deuffchland cine Vereinbarung getroffm, nach welcher
evangelische Frauen und Jungfraum auf seine Kosten in cinem
sechsmonatlichen Lehrgange in der Krankmpflege ausgebildet
werden, um so teils für Kriegs- und sonstige Notfälle ein eigmes
Pflsgepersonal zu gewinnen, teils überhaupt für Krankenpflege
vorgcbtldetere Kräfte zu erlangen. Die ausgebtldetm Pflegertnnen
werden durch den Herrenmeister des Johanniterordms zu „dienenden
Schwestern" dcsselben ernannt und für Kriegs- und sonstige Not-
fälle von thm einberufm. Außerdem bleibt cs ihnen überlaffen,
sich in ihrcm Wohnorte als Kcankenpflsgerinnen nützlich zu machen.
Der Dampfer „Roma" mit den Ablösungs-Kommandos für
S.M.Kreuzerfregatte„Bismarck"undS. M. Kreu;er„Nautilus"
ist am 3t. Juli cr. in Singapore eingetroffm und beabsichtigt am
1. August cc. wieder in See zu gehm.
Nach einer derWimerPolitischen Korrespondmz aus Konstantinopel
zugchmdm Mcldung hat Gmeral von der Goltz Pascha keinen
neum Kontrakt mit dcr türkischen Regierung abgeschloffen, sich
dagegcn bereit erklärt, bis zu seiner Abberufung seitcns der deutschen
Regierung in türkischen Dimsten zu verbleiben.
* Brenrerhaven, 1. Aug. Das gestern Nachmittag in
Ullrichs Dock gelegte Vollschiff „Rudolph", Rheder Gildmmeister u.
Ries in Bremen, ist gestern Abend 8Vr Uhr umzefallm, total
aufgebrochen und wrack. Mmschm sind hierbei nicht verunglückt.
*München, 31. Juli. Der Fürst und die Fürstin
v. Bismarck sind heute abmd 9 Uhr hier eiiigetroffm und auf
dem Centralbahnhofe von dem preußischen Gesandtm, Grafen!
Werthern, und dem ganzen Gesandtschaftspersonale, sowie von dem
Oberstallmeister, Grafen v. Holnstein, cmpfangen worden. Der
Fürst begab sich mit dem Gesandten Grafen Werthern in dem ihm
zur Verfügung gestellten Hofwagm nach seinem Absteigequartier im
preußtschen Gesandtschastshotel, die Fürstin wurde von dem Oberst-
stallmeister Grafm Holnstein und dcm preußischen Legationssekretär
Grafen Eulenburg dahin geleitet. Jm Bahnhofe und auf dem
Bahnhofsplatze hatte stch trotz des eingctretenen Regenwetters eine
nach vielen Tausenden zählende Mmschenmenge angesammelt, welche
den Fürsten mit ntcht cndenwollenden Hochrnfen begrüßte
*Münche», 1. Aug. Fürst Bismarck machte heute zu-
nächst dem Prinzregenten Luitpold einen Besuch und wurde sodann
von ben hicr anwesenden Mitgliedern des Königlichen Hauscs, dem
Prtnzen Arnulf, der Prinzesstn Gisela und dem Herzog Max,
ferner den Ministern v. Lutz und v. CrailSheim empfangen und
empfing deren Gegmbesuche. Der Prinz - Regent machte um
12V« Uhr dem Reichskanzler einen Besuch. Zu dem heutigen
Diner beimPrinz-Regenten warm geladm: Fürst und Fürsttn
Bismarck, der preußische Gesandte Graf Werthern, die Minister
v. Lutz und v. Crailsheim, der Generaladjutant Gmeral v. Frey-
schlag, der Flügeladjutant v. Lerchenfeld und Geheimrat Rottenburg.
* Bayreuth, 1. August. Franz Liszt ist gestern abmd
11V« Ühr gestorben.
Osterreich-Ungarn.
*Bad Gastet«, 31. Juli. sTelegramm.j Kaiser Wilhelm
nahm heute vormtttag dm Vortrag des Chefs des Militärkabinetts,
Gmeral-Lieutenant v. Albedyll, entgegen. Zum Diner stnd heute
geladen de: Gmeral-Quarttermeister, Gmeral-Lieutenant Graf
Waldersee, Graf Wolkenstein und Mjntster v. Fabtng. Heute abend
7V- Uhr tst die Kaisertn von Osterreich, begleitet von der
Hosdame Gräfin Mailath und dem Oberhofmeister Freiherrn
v. Nopcsa, hier eingetroffen und in der Villa Mercm abgestiegen.
* Bad Gastein, 1. Aug. jTelegramm.j Das Befinden
des Kaisers Wilhelm ist ein sehr befriedigendes. Während
seines hiestgm Aufenthaltes widmete sich der greise Monarch bisher
täglich in gewohnter Weise der Erledigung der laufenden Regierungs-
angelegenheiten. Seinen Kurgebrauch setzte der Kaiser in regel-
mäßiger Weise fort und unterncchm bei günstigem Wetter täglich
in den Morgenstunden Spaziergänge auf dem Katserwege und
Ausflüge in die Umgegend des Badeortes, bei denen der hohe
Herr stets vom Adjutantm vom Disnst begleitet war. Am 30. v. M.
hatte dcr Katser eine Spazierfahrt nach Hofgastetn gemacht und
am Nachmittaze einige hochgestellte Personen als GLste bei stch zur
Tafel im Badeschloffe gesehen. Am 31. Juli nahm der Monarch
das zehnte Bad, ließ stch später vom Ober-Hof- und Hausmarschall
Grafen Perpsncher Vortrag halten, arbeitete mit dem Chef des
Milttärkabinetts General-Lieutenant von Albedyll, und konferierte
mtt dem Vertreter dcs Auswärtigen Amtes, Wirkl. Geh. Lcgattons-
rat von Bülow. Nachmittags hatte der General-Quarttermeister
dsr Armee, General-Lieutenant Graf v. Waldersee, die Ehrc, von
dem Kaiser empfangen und demnächst mit dem Grafen Wolken-
stetn und mit einigen anderen dtstinguiertm Personen zur Kaiser-
lichen Tcffel befohlen zu werden. Gestern abend fuhr die
Kaiserin von Oesterretch unmittelbar nach ihrer Ankunft mit
der Gräfin Mailath nach dem Badeschloffe, um dem Kaiser Wilhelm
einm Besuch abzustattm. Der Kaiser befand stch gerade tn setnem
Arbeitskabinet. Die Kaiserin verweilte etwa 25 Minuten im
Badeschloffe. Dsr Kaiser begleitete die Katserin bis tn das Vestibule,
küßte ihr die Hand und vsrabschiedete stch auf das Herzlichste von
ihr. Heute Mittag machte Kaiser Wilhelm der Katserin von
Oesterreich in der Villa Meran einen Gegenbesuch und verweilte
daselbst etwa V« Stunden. Für die Rückreise des Kaisers von
Gastcin nach Berlin beziehmtlich nach Schloß Babelsberg stnd bts
zur Stunde noch keine endgültigen Bestimmungen getroffen worden.
Dem Vernehmm nach dürfte der Monarch jedoch etwa am 12. d. M.
wieder in der Heimat eintteffen und sodann für die nächste Zett
seinen Aufmthalt auf Schloß Babelsberg nehmen. Auch die
Kaiserin Augusta wird, wte man hört, um diese Zeit von ihren
Sommerreisen in Berlin zurückerwarket.
Niederlande.
* Amsterdam, 31. Jult. Der gestrtge Tag und Abend sind
ohne jede Ruhestörung verlaufm; dte Stadt hat wteder ihr ge-
gewöhnliches Aussehm. Nnr in dem Stadtvtertel, tn welchem die
Ruhestörungm stattfanden, bildeten stch einige Gruppen Neugieriger,
die aber auf Aufforderung der Polizei stch zerstreuten. Bis anf
die Militärposten vor dem Polizeibureau und vor der Ktrche auf
dem Noordermarkt stnd sämtliche Truppm in dte Kasernen zurück-
gekehrt. Das für Sonntag von der Amsterdamer Abteilung der
Sozialtstenliga angekündigte Meeting ist untersagt worden.
* Amsterdanr, 31. Jnli. Eine heute angeschlagene Prokla-
mation desBürgermeisters verbietet dmVsrtrieb vonZeitungen
»»»»»»WWW»MWWW»»WW»»»W»»«MS!M»W»»»»»W»»»WW»»WWWWW»W»»»WMU
Alt-Heidelberg.
Alt-H-idelberg, du seine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich.
Stadt fröhlicher Gescllen,
An Weisheit schwer und Wein,
Kla, zieh'n des Strvmes Wellen,
Blauäuglein blitzen brein.
Und kommt aus lindem Süden
Der Frühling übers Land,
So webt er dir auS Blüten
Ein schimmernd Brautgewand.
Auch mir stehst du geschrieben
Jns Herz gleich einer Braut,
Es klingt wie junges Lieben
Dein Name mir so traut.
Und stechen mich bte Dornen,
Und wird mir's drauß zu kahl,
Geb ich dem Roß die Sporen
Und reit' ins Neckarthal.
I. V. von Scheffel
lim „Trompeter von SaMngen").
Max Duncker in Tübingen.
Von vi. A. Zehltcke.*)
8s war im Winter dcs Jahres 1858/59, als Max Duncker
in der schwäbischen Universttätsstadt Tübingen sein letztes Kolleg
las- Er war damals schon im Alter von 57 Jahren, aber noch
Lberaus rüstig. Lange Jahre hcttte er in Halle als außerordmt-
licher Profcffor gewirkt. Seine Antipodm Leo und Pernice licßen
ikn nicht aufkommen und vrrhinderten es, daß er cine ordentliche
Profeffur erhielt. So war es für thn denn eine Erlösung, als
ihm 1858 ein ehrenvoller Ruf nach Tübingen als Profeffor der
Geschichte zu teil wurde. Zwar war damals dte Wirksamkeit
etnes so prononztert preußisch gesinnten Gelehrten, wie Max Duncker
*) Nachdruck verboten.
es war, der 1848 für die hohmzollernsche Kaiserwürde eingetreten
und als Gothaer qusnck mßine bekannt war, eine gewagte Sache;
dmn im Schwabenlande stand der Haß gegen alles Preußische
damals in der Blüte und nur ein kleines HSuflein wagte es,
Sympathieen für das norddeutsche Königtum im Stillen zu hegen.
Abcr dem Charakter Max Dunckers mtsprach es ganz und
gar, den Stier bei den Höruern zu faffen, und so wählte er dmn
zu seinem Vortrage ein Thema, bei welchem er sofort mit dcr
Sprache heraus mußte und über seine Stellung zur deutschen
Politik kein Zweifel herrschm konnte.
Es erschien beim Begtnn des Wintersemesters die Ankündigung
am schwarzen Brett der Universttät, daß Max Duncker ein Kolleg
von 5 Stunden wöchmtlich übcr die Geschichte Europas von 1815
bis 1852 lesen werde, und cs machte dieö sofort in allen Kreisen
ein ungemeines Aufsehen. Nicht bloß in den Kreisen der Studenten,
sondern auch bei allm Profefforen und Gebildeten der schwäbischen
UniversttätSstadt ward o,e Ankündigung dieser Vorlesung als ein
Ereignis erstm Ranges begrüßt.
Tübingm war damals ein cchtes Universttätsdorf, mit seinen
9000 Etnwohnern und den 900 Studenten lag es weitab von dem
großen Weltverkehr; es hatte noch keine Eismbahn. Es war still
und ruhig wie auf dem Lande und alles Leben drehte stch einzig
und allein um die Universttät und die Studmten.
Gleich in der ersten Vorlesung zetgte es sich, daß der Raum
des gewählten Auditoriums nicht genügte. Alle Plätzc waren be-
setzt, selbst in den Gängen stand Alles voll, so daß schon in der
nächsten Vorlesung sich Max Duncker genöltgt sah, das größte
Auditorium der Aula zu wählm und auch dieses war sofort total
überfüllt, und dieser Besuch hielt die ganze Zeit übcr an, ja er
wuchs stellenweise so starl an, daß die Gänge dicht von Stchenden
besetzt waren, daß die Zuhörer bis zu den Stufen des Katheders
sich drängten, daß alle Fensternischm voll standen und Jeder, der
einm Sitzplatz haben wollte, sehr früh erscheinm und die Offnung
des Auditoriums benutzen mußtc, um sich sofort einen güustigcn
Plah zu sichern. Mehr wie 200 Zuhörcr waren rcgelmäßig in
diesem Kolleg zusammengedrängt, und nicht etwa bloß Studenten,
sondern auch sehr viele alte Herren, Profesioren, Gerichtsräte und
sonstige Notabilitätm. An ihrer Spitze obenan stand der Sentor
der Celebritäten Tübingens, Ludwig Uhland, mit dm stillen,
stnnigm Augen fehlte er niemals, anßer ihm der Profefsor der
katholisch-theologischen Fakultät Hefele, später Bischof von Rotimburg.
Dieses Kolleg, in welchem Max Dnncker seine große Begabung
als akademischer Lehrer in Tübingen in glänzmder Weise entfaltete,
übte eine wahrhaft magnetische Gewalt auf alle Zuhörer aus. Es
ist so seltm, daß ein deutscher Profeffor durch die Kraft der Rede
auf seine Zuhörer einwirkt, daß er in dem innersten Grunde ihrer
Secle durch das lebendtge Wort einen Wiederhall zu erzeugen
vermag; Ranke, Droysen, Waitz, Mommsm haben diese Befähigung
niemals gehabt. Sie waren vier echt deutsche Profefform, die
Kraft der Rede war ihnen nicht gegeben. Ganz anders war das
bei HSusier in Heidelberg. Dieser stand auf dem Katheder wie
ein vollendetcr Staatsmann im eleganten Salonanzug, jcdes seiner
Worte strömte wie ein durchstchtiger Diamant von seinen Lippen,
ein vollmdeterer Vortrag, eine künstlerischere Abrundung war nicht
zu dmken, jeder Vortrag konnte sofort ohne Wsiteres zum Abdruck
kommm. Wenn nun auch Duncker oiese Höhe der vollendeten
Darstellung nicht erreichte, so lag doch das Feffelnde in demselbm
in der kernigen, kräfttgen, stttlich getragenen Art und Weise seines
Vortrages, die Mark und Bein durchströmte. Dnncker hielt sitzend
seine Vorträge, er gestikulierte nicht, aber er las auch nicht ab,
wie es dte meisten deutschen Profefforen thun, sondern er sprach
durchaus frei, kein Blatt Papier unterstützte seinen Vortrag, er
beherrschte die Materie mit etner seltenen Vollkommmheit.
Keine, auch nicht die kletnste Nuance fehlte tn seinem Vortrage,
der durch eine mächtige, weitjchallende, sonore Stimme unterstützt
war, welche im Momente höchster Erregung leidenschaftltch wurde.
Dazu sein ausdrucksvoller Kops mit dem scharfgeschnittenen Profil,
den funkelnden dunkelen Augen, dem langm graum Vollbart, d;r
auf einer festgefügten breiten Brust thronte, gewährte Max Duncker
wett mehr den Eindruck eines schneidigen Militärs, als eines
sanften deutschen Profeffors.
Wenn man den Gegenstand seines Vortrages bedenkt, so kann
man stch wohl vorstellen, welchen Etndruck es machen mußte, wenn
er mit rollender, mächtiger Stimme Gericht über dte Polttik eines
Metternicb, etnes Kaisers Nicolaus und eines Manteuffel hielt,
wie der stttliche Pathos oft mit vernichtender Gewalt stch Bayn brach.
Und dennoch befleißigte Max Duncker sich der größten Ob-
jektivität. Seine eigenen politischen Überzeugungen traten metstens
in den Hintergrund. Er bcmühte stch, ein möglichst genaues kon-
kretes Bild aller Vorgänge zu entrollen. E8 unterstützte ihn dabei
setn vorzügliches Gedächtnis, daß er Einzelheiten vorbrachte, die
sonst nicht bekannt waren. Jede wichtige Schrift kannte er, jede
Persönlichkeit von Bedeutung wurde in klaren Umrisien mit den
geringsten Details zur Darstellung gebracht.
Eine ganz bcsondere Fähigkeit für die DetaildarMung ent-
wickelte er bei der Schilderuna krtegerischer Evmtualitätm. Der
griechische und polnische Aufstand wurde mit allen seinen Wen-
dungen mit etner Gmauigkeit und Ausführlichkeit und dabei einer
Anschaulichkeit zur Darstellung gebracht, welche als ein Metsterstück
gcsckichtlichen Vortrages erscheinen mußte. Jsden Namen der
russischen, polnischen, griechischen und türkischen Befehlshaber hatte
er im Gedächtnts. Auf der Tafel gab er ein Bild von der Stel-
lung der strettenden Parteien, welches seine klare, durchsichttge Dar-
stellung vorzüglich illustrierte.
Mit dem Fortgange des Vortrages stieg das Jnteresse. Viele
Studentm, dte sonst nicht zu den eifrigsten Kollegienbesuchern
gehörten, versäumten ntcht einen einzigen Vortrag und dabei stel
es keinem ein, etwa sklawtsch nachzuschretben, um das Gehörte
schwa-z auf weiß nach Hause zu tragm. Es wäre das eine
Prosanation eines solchen Vortrages gewesen, ihn in die Gattung
der gewöhnlichen kraft- und sastlosm Vorlesnngen zu stellen, die
mit langsamer, stockender Stimme von alten vergilbtm Papieren
mit zahllosen Citaten abgelese» werden und dabei jeder etgenen
Kritik und Meinung entbehren. Hter wurds etwas Eigenartiges,
Packenbes, Fascinierendes geboten, wic es dem Schreiber dieser
Zeilen niemals in seinem Leben wieder vorgekommen tst.
Mit einer Aufmerksamleit, mit einer Spannung und Ergriffenheit
hörten die Hunderte von Zuhörern zu, mit lautloser Sttlle folgten
ste dem Vortrage und nur selten wagte sich ein bescheidmes Beifalls-
gemurmel hervor. ES war die unmittelbar packende Gewalt dteses
Vortrages, sowie die Art und Weiss, wie dieser Gegenstand voa
dem Vortragmden behandelt wurde, die diesen Eindruck hervorrtef.
Als die Demagogenverfolgungen in ihrer ganzen Niederttächttgkeit
und Verworfenheit von ihm dargestellt wurden, waren die Mit-
glieder der Burschenschaft in voller Anzahl erschienen und bereiteten
ihm betm Verlaffen des Kollegs eine stürmische Ooation. Später,
als die Errichtung des belgtschen Staates auf der Bildfläche
erschien, war das katholische Konvikt massmhaft vertteten.
Gegen Ende des Kollegs drängten stch die wichtigen und
epochrmachenden Darstellungm immer mehr. Dte Revolution in
Parts, Wten, B-rltn, das Frankfurter Parlament, die Persönlichkeit
Louis Napoleons, der schleswig-holsteinische Krteg, alle diese Er-
cigniffe und Persönltchleiten, dte der Gegenwart noch so nahe
liegen, ste alle erschienen in so klarm Umriffen, so historisch
abgeklärt, so wuchtig und markig, daß sie sich plastisch vor den
Augen der Zuhörer aufrollten.
Aber durch alle diese Darstellungen ging wie ein roter Faden
der Gedanke hindurch, daß dtese Vorgänge nicht ein abgeschlosseneS
Drama,bildetm, sondern die ersten Akte weiterer größerer historischer
Thatsachm, die mit Notwendigkett folgen mußten.
Dieser Anschauung gab der Vortragmde mit erschütternder
Gewalt bet dem Schicksal Schleswig - Holsteins Ausdruck. Daß
diese Frage reifen, daß sie schließlich tn deutsch-nationalem Sinne
gelöst werdm müßte, wenn nicht Deutschland und speziell Preußen
Liktteliahrlich 4 ^e. in den Expeditionen.
unr 4 75 durch die Pvst bezvgen.
r«ltgra»«>A»rtsse: Ztitung Esse« Ruhr.
Esscncr Zeitnng, Effcn. — Westsölifche Zeitung, Dortmn-.
Kreisdlatt füe derr Stcrdt- irnd Kandkvei« Gssen und den Stadtüreis Doetmund»
Iledaktion und oSrpedition iu Ksse« Mrgstrnße L1, in Fortmrrnd Klpestr. Z1.
Infeettonspretor
Mir di« Smal -espaltene Petitzeile od«
Siaum 25
Siellamm » Zeile i
LLL
Cssen und Dortmun-, Montag dm L. August.
L88«
Basel: Haasenstetn L Vogler Berli«: Haasenstein L Bogler; Jnvalidendank; R, Mosse; Bernh, Arndt, Bochnm: O»c. Henzstenberz. Bon«: Gust. Lehen. Breme«: s. Schlotte. Lrefeld: Ikramer t Ba«m. DreSde«: Jn»altde«d«»L
Duisburg: W. Falk Nachf, (Schatz L te« Hompel.) Düffeldorf: H. Aron-nberg'sch« Buchdruckerei. Elderfeld: W. ThieneS. Frsukfurt a. M.: <8. L. Daute « «».; Haasenstein » Bogler; R. Mosse. Gelsenkirchr«: F. Dienst. H«»»r
tt» Hammerschmtdt. Halle a. S.: I. Barck L Co. Hambnrg: Haasenstein L Vogler; R. Moss«; Ad. Steioer. Hattingea: E. Hundt sel. Wwe. Herne: E. Th. jrarteaberg. «ettwig: F. Flothmann. Köl«: Haafenstein L Vogler; R. Mosse. LeiPM»r
O. L Daube « L».; Haasenstein « Vogler; R. Mosse. Magdeburg: Rob. Kicß. Minden: E, MarowSky, Mülhei« a« der Rnhr: L, Goll. Müuchen: M. Mosse. Mü»ster: L. Rolef. Oberha»se«: G- Kühlrr. Rottrrda«: Rttgh « »aa Dttnuei.
Rnhrort: Andreae L Co. Solingen: A- Pseisser. Steelr: F. W. Lohmann. Wrrde«: C. D. BLdeker. Wte«: Haasenstei« » Bogler. Witteu: C, L. Krüger.
fflr die Moimlc Augiist uiid Schtcmdcr
werdm noch fortwährend
Bestellungen
auf die
Rhemisch-WeMische Zcitung
angenommen. Der Abonnementspreis beträgt tn
ben Gxpeditionen: in Essen Burgstraße 11, tn
Dortmund Olpestraße 31, in Bochum Oskar
Hengstenbergs Buchhandlung 3 bezw. 3 1S
durch dte Pofi bezogen inkl. Postaufschlag 3 1? ^
Für das neue englische Ministermm
tst der Empfang keine gute Vorbedeutung, den ihm das Haupt-
organ der liberalen Sezesstonisten, die Times, bereitet. Das
große Cityblatt findet an den Ernemiungen nichts löblich als die
Eile, mit welcher ste vollzogen worden, und tadelt dieselben sonst
sozusagen in jedem einzelnen Punkte. „Wir müffen bekennen/
kegmnt dcr Kritiker, „daß nach unserm Urteil die von Lord
Salisbury getroffenen Anordnungen nicht ganz das stnd, was man
im Jnteresie einer dauerhaften Regierung und eines harmonischen
Zusammenwirkens zwischen konservativen und liberalen Unionisten
hätte wünschen mögen." ^
Nicmand wcrde die Wiederernennung Lord Salisburys zum
Lordkanzler tadeln: er sei ein tüchtiger Rechtsgelehrter und mit
dem gesel.gebnffchen B-rufe wohl vertraut. Ebcnsowenrg boten
zur KritMnlaß die Wiederberufung Smiths ins Staatssekretariat
des Krieges und Lord Hamiltons zum erften Lord der Admiralität
(Marineminister). Es werde allgemein als wünschbar anerkannt,
daß die Vorsteher der großen Ausgabendepartemmte im Untnhaus
sttzen sollten; auch sei es vorteilhaft, wenn diese Amter, die etne
Tülle komplizierter technischer Kenntniffe erheischen, so lange als
möglich denselben Händen anvcrtraut blieben. Aber nachdem die
Timcs einzelnen von Saltsbury getroffenen Ernennungen dieses
bedingtc Lob gespendet, setzt si- weitläufig ihre B-denken gegen die
drei hauptsächltchsten und für das Kabinett maßgebenden Portefeuille-
vergebungen auseinander.
Dem Avencement Lord Cburchills widmet dic Ttmes einen
eigenen Artikel. Die Berufung des edlen Lords zum Schatz-
kanzleramt und zur Führerschaft im Unterhause ist die äußere
Anerkennung der großen Stellung, welche Churchill stch in be-
merkenswert raschem Steigen in der konservativen Partei, im
Parlament und im Lande errungen hat. Daß die Ernennung
erfvlgen^önnte, mußte jeder einigermaßen politisch Verständige seit
8-raumer Zeit einsehen; viele hätten aber eine langsamere Er-
höhung gewünscht. „Churchill ist erst 37 Jahre alt, bcscht sehr
wenig amtliche Erfahrung; es ist nicht lange her, seit er etnen
hervorragenden Anteil an den Debatten zu nehmen begann, und
die Raschheit, mit welcber er zu einer Macht im Hause wurde,
sührt auf gewiffe Eigenschaften lriegerischer Art zurück, deren Übung
bis in die letztc Zeit hinein ein Hindcrnis für die unbestrittene
Lbernahme von Pflichten bildet, welche die Tugenden der Reife
zur Voraussctzung haben. Es wäre beffer gewesen für die Partei
und in gewiff-r Hinficht auch befriedigender für ihn selbst, wenn
es möglich gewesen wäre, ihm Zeit zur Befesttgung in seiner
Stelluno und den andcrn zum Vergeffcn der agressiven Taktik
zu laffen, durch welche sie errungen wurde, und allein errungen
werden konnte. Auch wäre es für Lord Randolph Churchill
wünschenswert gewesen, daß er Zett erhalten hätte, um
sich die geistigen Gewohnheiten anzucignen, die zu gesichertem
Einfluß und anerkannter Autorität notwendig sind. Doch wir
leben in Tagen, in welchen die Ereigniffe einen schn--llen Gang
haben, und die Menschen müffen mit ihnen Schriit halten."
Nach dem lchten Satze fällt es der Times, die ja dem Tory-
regimente arundsätzlich geneigt ist, nicht schwer, Mllderungsgründe
sür Salisbury und Chmchill anzuführen. Die Trennung zwischen
der formellen und der thatsächlichm Führerschaft im Unterhause
war ein unleidliches Verhältnis. Zud:m hatte Churchtll stch er-
boten, aanz bei Seite zu treten, wenn er dadurch dte Btldung
eines Koalitionsministeriums ermöglichen könnte. Auch uberntmmt
Ckurchill ja ketne Sinekure, sondern etne Aufgabe, die, bald uber
seine keineswegs unverwüstlichen Kräfte gehen könnte. Er wird
mit der Eifersucht und dem Neide der etgmen Parteigenoss-n, und
mit Vorurteilcn zu kämpfen haben, von denen die Mehrheit der
Konservativm noch immer befangen ist. Lord Church^hatZange^
vor dcn konservativen Ministern erkannt, daß der Konservattsmus
sich an das gemeinc Volk wendm muß, und sich nicht nach der
alten Schablone mit Landedelleuten und Pastoren soltdarisch ver-
bünden darf. Die andern suchtm den Arbeiter höchstens dadurch
zu aewinnen, daß ste ihrem Konservattsmus einen möglichst liberalen
Anstrich gaben; Churchtll anerkannte, daß nur etn vollsafttger und
gepfefferter Konservatismus Zugkraft besitzt. Er zollte den chr-
würdigen Götzen des Liberalismus nicht länger Ehrfurcht, sondern
schlug mit einer so unbekümmerten Dretstigkeit darauf los, daß
ihre Anhänger auffuhren und seine eigenen Freunde sein Bmehmen
unziemltch fanden. So wurde er die bei weitem intereffanteste
Person innerhalb der konservativen Partei, errang stch eine Stellung
und Anhang im Lande und brachte seiner Partei ungeheuren
Vorteil. Es sei zu hoffm, so schließt die Beurteilung Lord
Randolphs, daß er nun auch im Unterhaus als Führer stch auf
die Höhe der Situation erheben werde; dann würden die unionistischen
Liberalen sicherlich nicht dte letzten sein, die ihm Gerechtigkcit
widerfahren ließen.
Aber auch die Ernmnung Lord Jddesleighs (Northcote) zum
Minister des Auswärtigm hat nicht die volle Billigung der
Times. Etn angenehmes und versöhnliches Temperament, Vorliebe
für gemäßigte Maßregeln und sorgfältige Rückstchtnahme auf die
Empfindltchkeitm anderer Völker seien wohl in der Diplomatie
nicht wertlos. Aber ein Staatsmann, der die großen Jntcreffen
des britischen Reiches zu leiten habe, bedürfe noch anderer Eiaen-
schasten. Das Schicksal Granvilles, der alle jene Vorzüge beseffm
und dennoch in dm letzten Jahren tm Auswärtigm Amte Unglück
hatts, stehe wte eine Warnung vor dem neuen Minister; hoffentlich
werde Jddesleigh zeigcn, daß nur die Umstände thn verhindert
hatten, als Letter des Unterhauses die Kühuheit und Kraft zu
entfalten, die der englische Minister des Äußern bedürfe.
Ungenügmd, fürchtet die Times, wird Sir Michael Hicks-
Beach seiner ungehmrm Aufgabe als Sekretär für Jrland nach-
zukommm vermögen.
* Wie erinnerlich, haben die Goldwährungsleute schon ver-
schiedene Anstrengungen gemacht, ihre Kraft nnd thren Einfluß
auf die Regierung dazu zu bmutzm, in den deutschen Kolonieen
die reine und unverfälschte Goldwährung einzuführm. Wer da
weiß, daß gerade in Asten wie tn Afrika die Völker sich fast
lediglich der Stlbermünze tm Verkehr bedienen, hat übcr die
Bltndheit der Goldwährungsthcoretiker nur ein bedauernswertes
Lächeln habm könnm. Daß abcr die Reichsregierung die Thorhett
nicht begeht, den Herren auch in dieser Beziehung zu folgen, lehrt
die Nachricht der Berliner Politischen Nachrichten, des Organs der
industriellen Goldfanatiker, daß in Kamerun auf Grund etner
Verordnung des dortigen deutschen Gouverneurs die Reichsmark-
rechnung eingeführt, aber nicht etwa unsere Goldmünzen dort
in den Verkehr gegeben, sondern bereits mehrere größere Posten
von Silber-Thalerstücken von den beteiligten kaufmännischen
Firmen in das deutsck r Schutzgebtet eing-sührt worden stnd. Mit
der LoVwährung der Kolontcen ist es also nichts und der Deutsche
Kolonialverein, der schon bei sciner letztm Gmeralversammlung
in Karlsruhe das Thema der Einführung derselben in unsere
Kolonieen auf seine Tagesordnung gesetzt hatte, ohne freilich den
Versuch zu machen, wirklich in die Diskusston über diese Frage ein-
zutreten, kann stch seine weitere Mühe sparen. Nicht das Reichs-
gold, von dem das Mutterland selbst viel zu wenig hat, ist
das Kolonialgeld der Zukunft, sondern der viclgejchmähte
Silberthaler.___
Deutsches Reich.
Anrtliches.
Se. Majestät der König hkbm AllergnSdigst geruht: dem derzeitigen
Rektor der Universttät Halle und ordentlichen Profeffor in der philo-
ophischen Fakultät daselbst, vi. Conrad, den Roten Adler-Orden
vierter Klasse; dem Geheimen Kanzlei-Rat D o l f u ß im Justizministenum
den Königlichen Kronen-Orden dritter Klasse; sowte dem pensionierten
Strasanstalts-Ausseher Lucht zu Krone a. B. im Kreise Bromberg, dem
Bootsdiene Wilhetm Grins zu Wesel und dem Moldenhauergesellen
Heinrtch Puchmüller zu Elze im Kreise Gronau das Allgemeine
Ehrenzeichen zu verleihen.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Spezial-
lommissar, Regierungsrat Kuntze zu Züllichau den Charakter als
Geheimer RegierungSrat, dem Amtsrichter Bellinger in Viersen den
Charakter als Amtsgerichtsrat, svwie den Gerichtsschreibern bei dem
Amtsgericht zu Bieslau, Sklretärm Schmibt UNd Nemitz, und dem
Grrichtsschreiber bei dem Amtsgericht in Liegnitz, Selretär Scholz, bei
ihrem Übertritt in den Rnhestand dcn Charakter als Kanzlei-Rat zu
vrrleihen.
* Berltn, 1. Aug. Unser Krouprinz nalm gestern im
Neuen Palais mehrere Vorträge und cinige Meldungm entgegen.
Nachmittags gegen 2 Uhr empstngen die kronprtnzltchen Herrschaften
dm Kaiserlich chinestschen Gesandten am Großbitannischen Hofe
Marquis Tseng und beehrtm denselben sowie deffen beide Be-
gletter, den Legations-SekretSr Tsching-Tschang und den Militär-
Attache Wanghao Poo, mtt Einladungm zur Tafel, zu welcher
außerdem auch noch der hiestge chinestsche Gesandtc Hsü-Ching-
Cheng nnd mehrere Mitglteder der hiestgen chinestsch-n Gesandt-
schaft, sowie Unterstaatssekretär Graf Berchem, Geh. Legationsrat
Lindau und andere hvchgestellte Personen rc. geladen waren. Nach
Aufhebung der Tafel verabschiedetm sich dann Marquis Tseng
und dessen Bcgleiter, sowie der hiestge chtnesische Grsandte Hsü-
Ching-Cheng rc. mit den Herren der chinestschen Gesandtschaft von
den kronprinzlichen Herrschaften wieder und kehrtcn bald darauf
von Potsdam nach Berltn zurück, um den Abend noch gemeinsam
in der hiestgen chinestschen Gesandtschaft zuzubringen. Heute früh
8 Uhr hat sich dcr Gesandte Marquis Tseng mit setnen Be-
gleitern und cinigen Herren der hiestgen Gesandtschaft mittelst
Extra - Zuges vom hiesigen Stetttner Bahnhofe aus über
Sttalsund, nach der Jnsel Rügen begeben, woselbst dieselben Gäste
des Geh. Kommerztenrates und Gmeral-Konsuls, Herrn von Hanse-
mann, auf deffen dort gel-gmm prachtvollmVesttzungcn sein werden.
Die Nückkehr von der Jnsel Rügen nach Berltn dürfte bereits
morgen abcnd erfolgen, da Marquis Tseng bereits am Mittwoch
seine Reisc nach Rußland bezw. St. Petersburg fortzusetzm gedenkt.
Heute abend hat stch der Kronprinz mit der Prinzesstn Viktoria
vom Neum Palais nach der Station Großbeeren begcben, um mit
dcm um 8 Uhr von Berlin abgelassenm Courierzuge nach Bayreuth
zu reisen, woselbst die Ankunft morgen früh kurz vor 8V- Uhr
erfolgt. Von Bayreuth setzt der Kronprinz Abends 11 Uhr seine
Reise zur Beiwohnung der Festlichkeiten nach Heidelberg fort, wo
er am 3. August früh etnzutreffen gedenkt. Die Prinzesstn Viktoria
kehrt von Bayreuth aus in Begleitung dcr Palastdame Gräfin
Brühl direkt nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurück. Der
Kronprinz wird von Heidelberg aus demnächst sich nach Schlangen-
bad begeben und vorausstchtlich Ende der Woche wieder in Potsdam
eintreffen. Jn seiner Begleitung auf dieser Reise beftnden stch die
persönlichm Adjutanten des Kronprinzen, Hofmarschall Graf
Radolinski, Leibarzt vr. Schrader rc.
Der Kriegsmtnister Gmeral-Lientmant Bronsart v. Schellen-
dorff hat stch gestern von hier zu dem Katser nach Bad Gastein
begeben.
Der Unterstaatssekrctär im Retchsamt des Jnnern, Wirkl. Geh.
Rat Eck, wird hente abcnd scinen Urlaub antreten. Der Unter-
siaatssekretär vr. Lucanus ist heutc früh von seiner Reise zurück-
gekehrt. Der Ministerialdirektor im Kultusmtnisterium, Wirkl.
Geh. Rat Greiff, wird Montag seine Urlaubsreise antretm.
Der hiesige französische Botschafter, Baron de Courcel, ist
am Donnsrstag aus Paris hier eingetroffen und hat schon gestern
die Lettung der Geschäfte übernommen. Nach Allcm, was hier zu
erfahren ist ichwebm die Vsrhandlungm über die Person seines
Nachfolgers Aoch und ist insbesondere die bet der Ernennung von
Botschaftern übliche Anfrage, ob dte Persönlichkeit des gewählten
Diplomaten genehm wäre, hierher noch nicht ergangen.
Drr Johanniterorden hat mit den Dtakontssen-Mutter-
häusern tn Deuffchland cine Vereinbarung getroffm, nach welcher
evangelische Frauen und Jungfraum auf seine Kosten in cinem
sechsmonatlichen Lehrgange in der Krankmpflege ausgebildet
werden, um so teils für Kriegs- und sonstige Notfälle ein eigmes
Pflsgepersonal zu gewinnen, teils überhaupt für Krankenpflege
vorgcbtldetere Kräfte zu erlangen. Die ausgebtldetm Pflegertnnen
werden durch den Herrenmeister des Johanniterordms zu „dienenden
Schwestern" dcsselben ernannt und für Kriegs- und sonstige Not-
fälle von thm einberufm. Außerdem bleibt cs ihnen überlaffen,
sich in ihrcm Wohnorte als Kcankenpflsgerinnen nützlich zu machen.
Der Dampfer „Roma" mit den Ablösungs-Kommandos für
S.M.Kreuzerfregatte„Bismarck"undS. M. Kreu;er„Nautilus"
ist am 3t. Juli cr. in Singapore eingetroffm und beabsichtigt am
1. August cc. wieder in See zu gehm.
Nach einer derWimerPolitischen Korrespondmz aus Konstantinopel
zugchmdm Mcldung hat Gmeral von der Goltz Pascha keinen
neum Kontrakt mit dcr türkischen Regierung abgeschloffen, sich
dagegcn bereit erklärt, bis zu seiner Abberufung seitcns der deutschen
Regierung in türkischen Dimsten zu verbleiben.
* Brenrerhaven, 1. Aug. Das gestern Nachmittag in
Ullrichs Dock gelegte Vollschiff „Rudolph", Rheder Gildmmeister u.
Ries in Bremen, ist gestern Abend 8Vr Uhr umzefallm, total
aufgebrochen und wrack. Mmschm sind hierbei nicht verunglückt.
*München, 31. Juli. Der Fürst und die Fürstin
v. Bismarck sind heute abmd 9 Uhr hier eiiigetroffm und auf
dem Centralbahnhofe von dem preußischen Gesandtm, Grafen!
Werthern, und dem ganzen Gesandtschaftspersonale, sowie von dem
Oberstallmeister, Grafen v. Holnstein, cmpfangen worden. Der
Fürst begab sich mit dem Gesandten Grafen Werthern in dem ihm
zur Verfügung gestellten Hofwagm nach seinem Absteigequartier im
preußtschen Gesandtschastshotel, die Fürstin wurde von dem Oberst-
stallmeister Grafm Holnstein und dcm preußischen Legationssekretär
Grafen Eulenburg dahin geleitet. Jm Bahnhofe und auf dem
Bahnhofsplatze hatte stch trotz des eingctretenen Regenwetters eine
nach vielen Tausenden zählende Mmschenmenge angesammelt, welche
den Fürsten mit ntcht cndenwollenden Hochrnfen begrüßte
*Münche», 1. Aug. Fürst Bismarck machte heute zu-
nächst dem Prinzregenten Luitpold einen Besuch und wurde sodann
von ben hicr anwesenden Mitgliedern des Königlichen Hauscs, dem
Prtnzen Arnulf, der Prinzesstn Gisela und dem Herzog Max,
ferner den Ministern v. Lutz und v. CrailSheim empfangen und
empfing deren Gegmbesuche. Der Prinz - Regent machte um
12V« Uhr dem Reichskanzler einen Besuch. Zu dem heutigen
Diner beimPrinz-Regenten warm geladm: Fürst und Fürsttn
Bismarck, der preußische Gesandte Graf Werthern, die Minister
v. Lutz und v. Crailsheim, der Generaladjutant Gmeral v. Frey-
schlag, der Flügeladjutant v. Lerchenfeld und Geheimrat Rottenburg.
* Bayreuth, 1. August. Franz Liszt ist gestern abmd
11V« Ühr gestorben.
Osterreich-Ungarn.
*Bad Gastet«, 31. Juli. sTelegramm.j Kaiser Wilhelm
nahm heute vormtttag dm Vortrag des Chefs des Militärkabinetts,
Gmeral-Lieutenant v. Albedyll, entgegen. Zum Diner stnd heute
geladen de: Gmeral-Quarttermeister, Gmeral-Lieutenant Graf
Waldersee, Graf Wolkenstein und Mjntster v. Fabtng. Heute abend
7V- Uhr tst die Kaisertn von Osterreich, begleitet von der
Hosdame Gräfin Mailath und dem Oberhofmeister Freiherrn
v. Nopcsa, hier eingetroffen und in der Villa Mercm abgestiegen.
* Bad Gastein, 1. Aug. jTelegramm.j Das Befinden
des Kaisers Wilhelm ist ein sehr befriedigendes. Während
seines hiestgm Aufenthaltes widmete sich der greise Monarch bisher
täglich in gewohnter Weise der Erledigung der laufenden Regierungs-
angelegenheiten. Seinen Kurgebrauch setzte der Kaiser in regel-
mäßiger Weise fort und unterncchm bei günstigem Wetter täglich
in den Morgenstunden Spaziergänge auf dem Katserwege und
Ausflüge in die Umgegend des Badeortes, bei denen der hohe
Herr stets vom Adjutantm vom Disnst begleitet war. Am 30. v. M.
hatte dcr Katser eine Spazierfahrt nach Hofgastetn gemacht und
am Nachmittaze einige hochgestellte Personen als GLste bei stch zur
Tafel im Badeschloffe gesehen. Am 31. Juli nahm der Monarch
das zehnte Bad, ließ stch später vom Ober-Hof- und Hausmarschall
Grafen Perpsncher Vortrag halten, arbeitete mit dem Chef des
Milttärkabinetts General-Lieutenant von Albedyll, und konferierte
mtt dem Vertreter dcs Auswärtigen Amtes, Wirkl. Geh. Lcgattons-
rat von Bülow. Nachmittags hatte der General-Quarttermeister
dsr Armee, General-Lieutenant Graf v. Waldersee, die Ehrc, von
dem Kaiser empfangen und demnächst mit dem Grafen Wolken-
stetn und mit einigen anderen dtstinguiertm Personen zur Kaiser-
lichen Tcffel befohlen zu werden. Gestern abend fuhr die
Kaiserin von Oesterretch unmittelbar nach ihrer Ankunft mit
der Gräfin Mailath nach dem Badeschloffe, um dem Kaiser Wilhelm
einm Besuch abzustattm. Der Kaiser befand stch gerade tn setnem
Arbeitskabinet. Die Kaiserin verweilte etwa 25 Minuten im
Badeschloffe. Dsr Kaiser begleitete die Katserin bis tn das Vestibule,
küßte ihr die Hand und vsrabschiedete stch auf das Herzlichste von
ihr. Heute Mittag machte Kaiser Wilhelm der Katserin von
Oesterreich in der Villa Meran einen Gegenbesuch und verweilte
daselbst etwa V« Stunden. Für die Rückreise des Kaisers von
Gastcin nach Berlin beziehmtlich nach Schloß Babelsberg stnd bts
zur Stunde noch keine endgültigen Bestimmungen getroffen worden.
Dem Vernehmm nach dürfte der Monarch jedoch etwa am 12. d. M.
wieder in der Heimat eintteffen und sodann für die nächste Zett
seinen Aufmthalt auf Schloß Babelsberg nehmen. Auch die
Kaiserin Augusta wird, wte man hört, um diese Zeit von ihren
Sommerreisen in Berlin zurückerwarket.
Niederlande.
* Amsterdam, 31. Jult. Der gestrtge Tag und Abend sind
ohne jede Ruhestörung verlaufm; dte Stadt hat wteder ihr ge-
gewöhnliches Aussehm. Nnr in dem Stadtvtertel, tn welchem die
Ruhestörungm stattfanden, bildeten stch einige Gruppen Neugieriger,
die aber auf Aufforderung der Polizei stch zerstreuten. Bis anf
die Militärposten vor dem Polizeibureau und vor der Ktrche auf
dem Noordermarkt stnd sämtliche Truppm in dte Kasernen zurück-
gekehrt. Das für Sonntag von der Amsterdamer Abteilung der
Sozialtstenliga angekündigte Meeting ist untersagt worden.
* Amsterdanr, 31. Jnli. Eine heute angeschlagene Prokla-
mation desBürgermeisters verbietet dmVsrtrieb vonZeitungen
»»»»»»WWW»MWWW»»WW»»»W»»«MS!M»W»»»»»W»»»WW»»WWWWW»W»»»WMU
Alt-Heidelberg.
Alt-H-idelberg, du seine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich.
Stadt fröhlicher Gescllen,
An Weisheit schwer und Wein,
Kla, zieh'n des Strvmes Wellen,
Blauäuglein blitzen brein.
Und kommt aus lindem Süden
Der Frühling übers Land,
So webt er dir auS Blüten
Ein schimmernd Brautgewand.
Auch mir stehst du geschrieben
Jns Herz gleich einer Braut,
Es klingt wie junges Lieben
Dein Name mir so traut.
Und stechen mich bte Dornen,
Und wird mir's drauß zu kahl,
Geb ich dem Roß die Sporen
Und reit' ins Neckarthal.
I. V. von Scheffel
lim „Trompeter von SaMngen").
Max Duncker in Tübingen.
Von vi. A. Zehltcke.*)
8s war im Winter dcs Jahres 1858/59, als Max Duncker
in der schwäbischen Universttätsstadt Tübingen sein letztes Kolleg
las- Er war damals schon im Alter von 57 Jahren, aber noch
Lberaus rüstig. Lange Jahre hcttte er in Halle als außerordmt-
licher Profcffor gewirkt. Seine Antipodm Leo und Pernice licßen
ikn nicht aufkommen und vrrhinderten es, daß er cine ordentliche
Profeffur erhielt. So war es für thn denn eine Erlösung, als
ihm 1858 ein ehrenvoller Ruf nach Tübingen als Profeffor der
Geschichte zu teil wurde. Zwar war damals dte Wirksamkeit
etnes so prononztert preußisch gesinnten Gelehrten, wie Max Duncker
*) Nachdruck verboten.
es war, der 1848 für die hohmzollernsche Kaiserwürde eingetreten
und als Gothaer qusnck mßine bekannt war, eine gewagte Sache;
dmn im Schwabenlande stand der Haß gegen alles Preußische
damals in der Blüte und nur ein kleines HSuflein wagte es,
Sympathieen für das norddeutsche Königtum im Stillen zu hegen.
Abcr dem Charakter Max Dunckers mtsprach es ganz und
gar, den Stier bei den Höruern zu faffen, und so wählte er dmn
zu seinem Vortrage ein Thema, bei welchem er sofort mit dcr
Sprache heraus mußte und über seine Stellung zur deutschen
Politik kein Zweifel herrschm konnte.
Es erschien beim Begtnn des Wintersemesters die Ankündigung
am schwarzen Brett der Universttät, daß Max Duncker ein Kolleg
von 5 Stunden wöchmtlich übcr die Geschichte Europas von 1815
bis 1852 lesen werde, und cs machte dieö sofort in allen Kreisen
ein ungemeines Aufsehen. Nicht bloß in den Kreisen der Studenten,
sondern auch bei allm Profefforen und Gebildeten der schwäbischen
UniversttätSstadt ward o,e Ankündigung dieser Vorlesung als ein
Ereignis erstm Ranges begrüßt.
Tübingm war damals ein cchtes Universttätsdorf, mit seinen
9000 Etnwohnern und den 900 Studenten lag es weitab von dem
großen Weltverkehr; es hatte noch keine Eismbahn. Es war still
und ruhig wie auf dem Lande und alles Leben drehte stch einzig
und allein um die Universttät und die Studmten.
Gleich in der ersten Vorlesung zetgte es sich, daß der Raum
des gewählten Auditoriums nicht genügte. Alle Plätzc waren be-
setzt, selbst in den Gängen stand Alles voll, so daß schon in der
nächsten Vorlesung sich Max Duncker genöltgt sah, das größte
Auditorium der Aula zu wählm und auch dieses war sofort total
überfüllt, und dieser Besuch hielt die ganze Zeit übcr an, ja er
wuchs stellenweise so starl an, daß die Gänge dicht von Stchenden
besetzt waren, daß die Zuhörer bis zu den Stufen des Katheders
sich drängten, daß alle Fensternischm voll standen und Jeder, der
einm Sitzplatz haben wollte, sehr früh erscheinm und die Offnung
des Auditoriums benutzen mußtc, um sich sofort einen güustigcn
Plah zu sichern. Mehr wie 200 Zuhörcr waren rcgelmäßig in
diesem Kolleg zusammengedrängt, und nicht etwa bloß Studenten,
sondern auch sehr viele alte Herren, Profesioren, Gerichtsräte und
sonstige Notabilitätm. An ihrer Spitze obenan stand der Sentor
der Celebritäten Tübingens, Ludwig Uhland, mit dm stillen,
stnnigm Augen fehlte er niemals, anßer ihm der Profefsor der
katholisch-theologischen Fakultät Hefele, später Bischof von Rotimburg.
Dieses Kolleg, in welchem Max Dnncker seine große Begabung
als akademischer Lehrer in Tübingen in glänzmder Weise entfaltete,
übte eine wahrhaft magnetische Gewalt auf alle Zuhörer aus. Es
ist so seltm, daß ein deutscher Profeffor durch die Kraft der Rede
auf seine Zuhörer einwirkt, daß er in dem innersten Grunde ihrer
Secle durch das lebendtge Wort einen Wiederhall zu erzeugen
vermag; Ranke, Droysen, Waitz, Mommsm haben diese Befähigung
niemals gehabt. Sie waren vier echt deutsche Profefform, die
Kraft der Rede war ihnen nicht gegeben. Ganz anders war das
bei HSusier in Heidelberg. Dieser stand auf dem Katheder wie
ein vollendetcr Staatsmann im eleganten Salonanzug, jcdes seiner
Worte strömte wie ein durchstchtiger Diamant von seinen Lippen,
ein vollmdeterer Vortrag, eine künstlerischere Abrundung war nicht
zu dmken, jeder Vortrag konnte sofort ohne Wsiteres zum Abdruck
kommm. Wenn nun auch Duncker oiese Höhe der vollendeten
Darstellung nicht erreichte, so lag doch das Feffelnde in demselbm
in der kernigen, kräfttgen, stttlich getragenen Art und Weise seines
Vortrages, die Mark und Bein durchströmte. Dnncker hielt sitzend
seine Vorträge, er gestikulierte nicht, aber er las auch nicht ab,
wie es dte meisten deutschen Profefforen thun, sondern er sprach
durchaus frei, kein Blatt Papier unterstützte seinen Vortrag, er
beherrschte die Materie mit etner seltenen Vollkommmheit.
Keine, auch nicht die kletnste Nuance fehlte tn seinem Vortrage,
der durch eine mächtige, weitjchallende, sonore Stimme unterstützt
war, welche im Momente höchster Erregung leidenschaftltch wurde.
Dazu sein ausdrucksvoller Kops mit dem scharfgeschnittenen Profil,
den funkelnden dunkelen Augen, dem langm graum Vollbart, d;r
auf einer festgefügten breiten Brust thronte, gewährte Max Duncker
wett mehr den Eindruck eines schneidigen Militärs, als eines
sanften deutschen Profeffors.
Wenn man den Gegenstand seines Vortrages bedenkt, so kann
man stch wohl vorstellen, welchen Etndruck es machen mußte, wenn
er mit rollender, mächtiger Stimme Gericht über dte Polttik eines
Metternicb, etnes Kaisers Nicolaus und eines Manteuffel hielt,
wie der stttliche Pathos oft mit vernichtender Gewalt stch Bayn brach.
Und dennoch befleißigte Max Duncker sich der größten Ob-
jektivität. Seine eigenen politischen Überzeugungen traten metstens
in den Hintergrund. Er bcmühte stch, ein möglichst genaues kon-
kretes Bild aller Vorgänge zu entrollen. E8 unterstützte ihn dabei
setn vorzügliches Gedächtnis, daß er Einzelheiten vorbrachte, die
sonst nicht bekannt waren. Jede wichtige Schrift kannte er, jede
Persönlichkeit von Bedeutung wurde in klaren Umrisien mit den
geringsten Details zur Darstellung gebracht.
Eine ganz bcsondere Fähigkeit für die DetaildarMung ent-
wickelte er bei der Schilderuna krtegerischer Evmtualitätm. Der
griechische und polnische Aufstand wurde mit allen seinen Wen-
dungen mit etner Gmauigkeit und Ausführlichkeit und dabei einer
Anschaulichkeit zur Darstellung gebracht, welche als ein Metsterstück
gcsckichtlichen Vortrages erscheinen mußte. Jsden Namen der
russischen, polnischen, griechischen und türkischen Befehlshaber hatte
er im Gedächtnts. Auf der Tafel gab er ein Bild von der Stel-
lung der strettenden Parteien, welches seine klare, durchsichttge Dar-
stellung vorzüglich illustrierte.
Mit dem Fortgange des Vortrages stieg das Jnteresse. Viele
Studentm, dte sonst nicht zu den eifrigsten Kollegienbesuchern
gehörten, versäumten ntcht einen einzigen Vortrag und dabei stel
es keinem ein, etwa sklawtsch nachzuschretben, um das Gehörte
schwa-z auf weiß nach Hause zu tragm. Es wäre das eine
Prosanation eines solchen Vortrages gewesen, ihn in die Gattung
der gewöhnlichen kraft- und sastlosm Vorlesnngen zu stellen, die
mit langsamer, stockender Stimme von alten vergilbtm Papieren
mit zahllosen Citaten abgelese» werden und dabei jeder etgenen
Kritik und Meinung entbehren. Hter wurds etwas Eigenartiges,
Packenbes, Fascinierendes geboten, wic es dem Schreiber dieser
Zeilen niemals in seinem Leben wieder vorgekommen tst.
Mit einer Aufmerksamleit, mit einer Spannung und Ergriffenheit
hörten die Hunderte von Zuhörern zu, mit lautloser Sttlle folgten
ste dem Vortrage und nur selten wagte sich ein bescheidmes Beifalls-
gemurmel hervor. ES war die unmittelbar packende Gewalt dteses
Vortrages, sowie die Art und Weiss, wie dieser Gegenstand voa
dem Vortragmden behandelt wurde, die diesen Eindruck hervorrtef.
Als die Demagogenverfolgungen in ihrer ganzen Niederttächttgkeit
und Verworfenheit von ihm dargestellt wurden, waren die Mit-
glieder der Burschenschaft in voller Anzahl erschienen und bereiteten
ihm betm Verlaffen des Kollegs eine stürmische Ooation. Später,
als die Errichtung des belgtschen Staates auf der Bildfläche
erschien, war das katholische Konvikt massmhaft vertteten.
Gegen Ende des Kollegs drängten stch die wichtigen und
epochrmachenden Darstellungm immer mehr. Dte Revolution in
Parts, Wten, B-rltn, das Frankfurter Parlament, die Persönlichkeit
Louis Napoleons, der schleswig-holsteinische Krteg, alle diese Er-
cigniffe und Persönltchleiten, dte der Gegenwart noch so nahe
liegen, ste alle erschienen in so klarm Umriffen, so historisch
abgeklärt, so wuchtig und markig, daß sie sich plastisch vor den
Augen der Zuhörer aufrollten.
Aber durch alle diese Darstellungen ging wie ein roter Faden
der Gedanke hindurch, daß dtese Vorgänge nicht ein abgeschlosseneS
Drama,bildetm, sondern die ersten Akte weiterer größerer historischer
Thatsachm, die mit Notwendigkett folgen mußten.
Dieser Anschauung gab der Vortragmde mit erschütternder
Gewalt bet dem Schicksal Schleswig - Holsteins Ausdruck. Daß
diese Frage reifen, daß sie schließlich tn deutsch-nationalem Sinne
gelöst werdm müßte, wenn nicht Deutschland und speziell Preußen