würden, daß wirklich dabei eins Stärkung der evangelischen
Kirche herausscyaue — nicht durch ras ,Freier- und Selbständiger-
machen der evangelischen Kirche", eine Forderung, üb-r die die
ultramontanen Blätter nur ein sehr bedenkliches Augurenlächeln
zeigen, sondern durch eine reichlichere Dotierung der evangelischen
Kirche. Soeben wird die Richtigkeit dieser Behauptung bereits
durch die Germania selbst erwiesen. Der Reichsbote des Herrn
Hofprediger Stöcker hatte nämlich bemerkt:
,Das Centrum hat bereitS erklärt, daß eS für den Antrag
Hammerstein, der ja eie DotatirnSforderung enthält, stimmen
werte Es wäre auch kein Grund vvrhanden, daß di« Katholiken es
nicht Ihun sollten, da ihrer Kirche ja nichtS genommen werden svll,*
Die Germania entgegnet darauf:
»Der .Reichsbvte" möge uns gütigst sagen, wann und wo ei..e so
positive Erklärung abgegeben worden ist, besondrrS was die Dota-
tionssorderung anlangt."
Die Hochkonservativen sehen also wieder einmal, welchs unstchere
Kantonisten die Herren der Centrumspartei stnd, denen sie bisher
die Schleppe getragen haben nur in der Hoffnung, doch schließlich
auch sür sich etwas einheimsen zu können. Damit scheint es aber
noch seine weiten Wege zu haben und die freikonservative Post hat
gewiß nicht unrecht, wenn sie meint, daß es sich vielleicht um „ein
äo ut Les-Geschäft handle, welches die Ultramontanen der
evangelischen Centrumspartei unterbreiten wollen und auf daS die
Germania die Herren nach und nach vorbereiten soll, indem sie
ihnen andeutet, daß die Ultramontanen ihre Dienste nicht umsonst
zu leisten beabsichtigen. Man spricht ja jetzt bereits davon, daß
die Herren Windthorst und Genoffsn demnächst mit einem Äntrag
auf Wiederzulassung der Orden, einschließlich des Jesuitenordens,
hervortreten werden. Möglicherweise wird dabei auf die Unter-
stützung der Freunde dcs Antrags Hammerstein gerechnet, wenn
dafür das Centrum sich deren Bestrebungen gegenüber unterstützungs-
willig zeigt. Aber all' das soll augenscheinlich erst vorher klipp
und klar abgemacht werden."
Deutsches Reich.
XBerli«, 3. Aug. Der Rcichskanzler Fürst Bismarck
beabstchtigte, bereits Montag abend gegen 6 Uhr in Gastein ein-
zutreffen. Er findet dort den Staatsminister v. Bötticher und
den Kriegsminister General Bronsart von Schellendorf schon
vor. Letzterer hat sich, um dem Kaiser Vortrag zu halten,
nach Gastein begeben. Minister v. Bötticher braucht, wie bereits
in früheren Jahren, die Badekur. Der Statthalter von Elsaß-
Lothringen, Fürst Hohenlohe, der sich zur Zeit auf sciner Be-
sitzung in Aufsee befindet, hat seine Ankunft in Gastein für heute
angekündigt. Mag sein Besuch auch zunächst durch den Wunsch
veranlaßt sein, seinem kaiserlichen Herrn seine persönliche Huldigung
darbringen zu dürfen, so wird ihm wohl auch daran gelgen sein,
etwaige Wünsche des Kaisers für die Zeit des bevorstehenden Besuchs
in den Reichslanden unmittelbar entgegenzunehmen. — Der preußische
Gesandte beim Vatikan, Herr v. Schlözer, über deffen Sommer-
urlaubsreije noch gar nichts verlautet hatte, soll diese Reise schon vor
einigen Tagen angetrcten haben und am Sonntag auf der Reise zuVer-
wandten in Lübeck hierd urchpassiert sein.—Uber das Befindendcs Fürst-
bischofs H rzog in Breslau verlautet aufs neue wenig Günstiges.
Die geplante Rerse desselben nach dem Lsterreichischen Teil seiner
Diözese, wo er sich zu erholen gedachte, ist aufgeschoben und darf,
da die Arzte die Rcise gänzlich widerraten, wohl überhaupt als
aufgegeben betrachtet werden.
(-s-)Paderborn, I.Aug. Die Abänderung der kirchen-
politischen Gesetze betreffend, verordnet das General-Vikariat im
Einverständnis mit dem Obeipräsidenten folgendes:
8 1- Inneihalb der ersten 10 Tage nach der Publikation dieser
Verfügung an gerechnet, ist in allen Pfarr- und Filialgemeinden, welche
einen besvnderen Kirchenvorstand haben, mit Ausnahme der unter §5.
tezeichneten Gcmeinden eine Sitzung des Kirchenvorstandes behufs Über-
leitung des Vorfitze« an den zuständigen Pfarrgeistlich.n anzuberaumen.
Al« einziger Gegenstand der Tagesordnung ist bei der Einladung die
Aussührung deS Art. 14 des Gesctzes vom 21. Mai d. I- zu bezeichnen.
ß. 2. Bei Beginn der Sitzung übergidt der seitherige Vorsitzende dcm
Psarrer, bezw. in Filialgemeinden mit besonderem Kirchenvorstande dem
zuftändigen Psarrgeistlichen das Siegel des Kirchenvorstandes und das
über di« stattgehabten Sitzungen gesührte Protvkvllbuch, wie auch die >m
Befitze des seitherigen Voisitzendeu befindlichen Literalien.
8 3. Der Psarrer bezw. der zuständige Pfarrgeistliche übernimmt
tanach den Vvrfitz und schreitet svfoit unter Zuziehung sämtlicher Mit-
glieder des Kirchenvorstandes zur Reviston der der Verwaltung des Vvr-
standes unterstehenden Kaffen, um fich ltbrrzeugung davon zu verschaffen,
daß die rechnungsmäßigrn Kaffenbestände, die im Jnventar bezeichneten
Vermögenestücke, Urkunden und Akten vollständig vorhanten stnd.
Aus §.5 ist anzuführen: Nach der Besetzung einer Pfarr-
stelle ist jedesmal innerhalb 10 Tagen nach der Einführung des
Geistlichen dieser Verfügung gemäß zu verfahren.
* Heidelberg, 2. Aug. Der Chemiker Profeffor Bunsen
erhielt mittelst äußerst huldvollen Handschreibens die goldcne Kette
zum Großkreuz des Zähringer Löwenordens.
*Bayre«th, 2. Aug. Zu dem heutigen Diner bei
dem Kronprinzen waren der Stadtkommandant Graf Zech, der
Regierungsdirektor Gossinger, der Verwaltungsrat der Bühnen-
festspiele, der Bürgermeister Muncker, Bankier Feustel, sowie
mehrere Mitglieder der Freimaurerloge geladen. Heute abend ist
der Kronprin; mit der Prinzessin Viktoria sofort nach Beendtgung
der Parsifal-Aufführung wieder abgereist. Der Weg vom Theater
bis zum Bahnhof war elektrisch beleuchtet und von einer zahl-
reichen Menschenmenge besetzt, welche dem Kronprinzen enthusia-
stische Ovationen darbrachte. Beim Abschiede sprach der Kronprinz
dem Bürgermeister Muncker gegcnüber seine große Zufriedenheit
über den ihm bereiteten Empfang, sowie über die vollendete Auf-
x.x.2. Mü«chen,2.Aug- DerReichskanzlerFürstBismarck
stattete gestern Mittag dem Staatsminister des k. Hauses und dcs
Außercn, Freiherrn v. Creilsheim, in Begleitung des preußischen
Botschafters Grafen v. Werthern-Beichlingen, einen längeren Besuch
ab. Hierauf fuhr der Fürst bei dem Prinzregenten vor, hinterließ
dortselbst seine Karte und kehrte sodann in das Gesaudtschaftshotel
zurück. Um V,12 Uhr begab sich der Kanzler nochmals ganz allein
zum Prinzregenten, mit dem er eine nahezu einstündige Unterredung
hatte. Uberall, wo sich Fürst Bismarck zeigte, ward dcrselbe
ehrfurchtsvoll begrüßt und mit stürmischen Hochrufen empfangen.
Die Hünengestalt des Reichskonzlers, der die bekannte Kürassier-
uniform trug, übte in der That auf alle eine fascinierende Wirkung
aus. Nachmittags um 2Uhr fand, wie schon telegraphisch gemeldet,
Galotafel beim Prinzregenten Luitpold statt. An derselben nahmen auch
die Fürstin, dann der preußische Gesandte Graf v. Werthern, Ober-
regierungsrat vr. Rottenburg, Legationssekretär Graf v. Eulenbuig,
die Staatsminister v. Lutz und v. Crailsheim und endlich der
Generaladjutant Freyschlag v. Frevenstein teil. Es waren zusammen
neun Gedccke. Nachdem die Tafel aufgehoben war, unternahm
Fürst Bismarck mit seiner Gemahlin eine längere Spazierfahrt
(im offrnen Wagen) nach dem herrlichen englischen Garten und
später durch die Stadt, überall vom Volk freundlichst begrüßt und
bewundert. Die Abreise des Reichskanzlers erfolgte heute vor-
mittag mit dem Salzburger Schnellzug. Trotzdem der Münchener
Aufenthalt durchaus inoffiziell war und mehr den Charakter einer
Höflichkeitsvistte trug, war dem großen Publikum fast jede der
kostbaren Minuten bekannt geworden, in denen man Fürst Btsmarck
öffentlich sehen und begrüßen konnte. Auch bei der Abreise am
Centralbahnhofe hatte sich ein zahlreiches Publikum wiederholt
angesammelt, um dem scheidenden Kanzler Lebewohl zuzurufen.
Fürst Bismarck im Jnterimsrock seiner Magdeburger Kürassiere
wurde unbeschreiblich enthusiastisch begrüßt und unter minuten-
langen brausenden Hochrufen durchschritt der Kanzler die
Bahnhofshalle zu seinem Salonwagen überallhin freundlichst und
stramm militärisch salutierend. Zur Verabschiedung waren der
preußische Botschafter Graf Werlhern-Beichlingen, sowie unsere
Staatsminister v. Lutz und v. Crailsheim, Oberstallmeister Graf
Holnstein, Regierungsrat Schuster als Vertreter unseres Polizei-
präsidenten v. Pechmann und einige Angehörige aus dem höheren
Beamtenstande erschienen. Der Fürst unterhielt sich noch geraume
Zeit mit einigen der anwesenden Herren bis die unerbittliche Zeit
des Zugabganges an das letzte Lebewohl gsmahnte. Als dec Train
sich in Bewegung setzte, neigte sich der Reichskanzler wiederholt
mehrmals freundlichst aus dem Waggonfenster. Die Menschen-
menge jubelte ihm nochmals stürmisch zu. Empfang und Abschied
des Kanzlers hierselbst gaben ein beredtes Zeugnis für die außer-
ordentliche Sympathie, welche das Volk auch hier dem Haupt-
förderer der Wiederherstellung All-Deutschlands entgegenbringt.
Osterreich - Ungara.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß das einmütige
Zusammenfassen aller Kräfte die nimmer rastende Selbsthülfe und
eine Thätigkeit, welche vor dem anscheinend Kleinsten nicht achtlos
vorübergeht, die wirksamsten Mittel sind, um eine weitere Zurück-
drängung des Deutschtums in Osterreich zu verhüten, wirksamer als
selbst die Wiederkehr einer deutschfreundlichen Regierung, die ver-
jüngte Entwickelung des Deutschtums in der Stadt Prag,
senem so überaus wichtigen Posten, hätte diesen Beweis erbrach..
Vor nicht allzulanger Zeit hatte es den thatsächlichen Anschein, daß
das Deutschtum Prags unrettbar und unhaltbar verloren sei. Jn
verhältnismäßig wenigen Jahren war die Zahl der Deutschen nach
den offiziellen Volkszählungsangaben von 70 000 auf etwa 32 000
herabgeschmolzen. Man nehme an, daß das Drutschtum in Prag
fast ausschließlich auf die Vertreter der sogenannten „befferen
Stände" beschränkt sei, und lediglich aus Großhändlern, Groß-
industriellen und deren Angcstelltcn, Gelehrten, Studenten, reichen
Privalsn und dergleichen bestehe, daß es aber an einer eigentlichen
volkstümlichen Grundlage für die Entwickelung des Deutschtums in
Prag, an ein m deutschen mittleren und Kleinbürgerstand fehle.
Die großen Verluste ließen stch ja nur dadurch erklären, daß man
mit Recht annahm, ein großer Teil kleinbürgerlicher Volksgenoffrn
sei vom Slawentum in Prag — und Prag ist typisch für die
Verhältnisse in allen gemischtsprachigen Städten, — allmählich auf-
gesogen worden. Es war nun zunächst geboten, dte erhaltenen Reste
des mittleren und kleinen deutschen BürgerstandeS in Prag zu-
sammenzufaffen und sie wirtschaftlich und gesellschaftlich zu kräftigen .
Jn Prag so gut wie in Laibach und in anderen Städten hatta
man eine schwere Unterlaffungssünde nachzuholen. Die Besitzenden
und die aelehrten Kreise hatten bisher sich von den deutschen
Handwerkern und Arbeitern abgeschloffen. Wer den Einfluß gesell-
schaftlicher Beziehungen und den Druck wirtschaftlicher Verhältniffe
gerecht würdigt, der wird darum auch begreifen können, wieso die
stch selbst überlaffenen „kleineren Leute" zu Tausenden dem
Deutschlum entfremdet werden konnten. Um das Versäumte
wenigj ens in etwas nachzuholen, trat vor ctwa zwei Jahren, wie
bekannt, der deutsche Handwerkerverein in Prag ins Leben.
Es war ein Mittel gefunden, den deutschen Handwerker gesell-
schaftlich zu heben und vor allem auch ihn wirtschaftlich zu stützen.
Jn überraschend kurzer Zeit, allerdtngs nach unsäglich mühsamer
und ausdauernder Arbeit, zcigte es sich, daß Prag einen ganz
bedeutenden deutschen Handwerkerstand besitze. Heute zählt der
Handwerkerverein viele Hunderte deutscher Gewerbetreibenden, er
ist ein allgemein deutscher Volksverein geworden und auf seinem
Boden begegnen sich die fünftausend, allen Schichten der deutschen
Prager Bevölkerung angehörigen Mitglieder zu gemeinsamem,
ernsten nationalen Schaffen. Seit kurzem hat der VereinMine
Ausstellung in Prag veranstaltet, welche von einem geradezu
unerwarteten Erfolg gekrönt ist. Die Erzeugniffe des Gewerbe-
fleißes feiner Mitgltcder werden in ganz Deutschböhmen nach
Gebühr gewürdigt, Ausstellungszüge verkehren nach Prag und das
Band, welches zwischen der Provinz Deutschböhmen und dcn
Deutschen Prags eine Zeitlang qelockert war, wird auss neue
festgeknüpft. Durch eine deutsche Fortbildungsschule wird es
deutschen Lehrlingen möglich gemacht, sich in Prag außzubilden,
ohne in tschechischen Schulen der unbedingten Tschechisierung zu
verfallcn. Neuerdings ist in Prag durch die glücklichen Erfolge
der Handwerkervereinigung ein neuer Gedanke angeregt worden,
die Gründung eines deutschen Arbeiter-Kranken-Unter-
stützungsvereins. Dies soll der erste Schritt zur Bildung
eines deutschen Arbeiterstandes sein, von welchem derzeit kaum
Spuren in Prag vorhanden sind. Die deutschen Elemente in den
Arbeiteikreisen hatten in Prag bishrr im ner in Abhängigkeit von
den tschechischen Arbeiter - Unterstützungsvereinen gestanden. Die
neue Aufgabe bietet viele Schwiertakeiten, sie ist aber sehr dankens-
wert. Der tschechische Arbeiter ist nämlich, auch wenn er von
sozialistischen Jdeen erfüllt ist, immer national, d r Deutsche in
diesem Falle, wiewohl er gerade durch den bedürfnisloseren, servileren
tschechischen Arbeiter vsrdrängt und geschädigt wird, verschwommen
weltbürgerlich gesinnt. Mit Fleiß und Ausdauer wird aber auch
diese innere Schwierigkeit, die stch einer Organisation des deutschen
Arbeiterstandcs in Prag und Böhmen entgegenstellt, vielleicht
überwunden werden. Jedenfalls ist, was in dem bereits aufge-
gebenen Prag in der letzten Zeit für das Deutschtum wieder-
gewonnen wurde, ein wuchtiger Hebel zur Kräfteaaspannung, ein
lebendiger Beweis dafür, wie thöricht es wäre, den Mut sinken
zu laffen und so das Deutschtum an gefährdeten Orten mit
Gewißheit preiszugeben.
* Wien, 2. Aug., abends. sTelegramm) Am 7. d. tritt
der Preffe zusolqe im Handelsministerium eine Konferenz von
Vertretern der Ministerien der Justiz, des Ackerbaues und des
Handels zusammen, um über den vom Handelsministerium aus-
gearbeiteten Entwurf eines Markenschutzgesetzes zu beraten.
* Bad Gastein, 2. Aug. (Tclegramm.) Der Reichskanzl:r
Fürst Bismarck ist heute abend 8Vr Uhr hier eingetroffen.
Frankreich.
* Paris, 2. Aug., abends. (Telegramm.s 8s stnd nunmehr
1401 Generalratswahlen bekannt. Von den Gewählten gehören
829 den Republikanern, 402 den Monarchisten an. 170 Stich-
wahlen haben stattzufinden. Die Republikaner haben 69 Sitze
gewonnen und 83 verloren.
Jtalien.
*Genua, 2. Aug. sTelegramm.j Der König von
Griechenland, welcher gestern hier eingetroffen war, hat seine
Reise über Ventimiglia nach Pans fortgesetzt.
Vatikan.
* Rom, 2. Aug. tTelegramm.) Das diplomatische Korps
beim Vatikan ist davon benachrichtigt worden, daß der Papst
endgültig beschlossen habe, unter dem Titel emes apostolischen
Del-gaten und Ministerresidenten einen diplomatischen Vertreter
nach Peking zu entsenden. Die chinesische Regierung wird den in
London akkreditierten Gesandten auch bcim Vatikan akkreditüren.
Spanien.
Der Rücktritt des Finanzministers Camacho ist dadurch
hervorgerufen worden, daß die Mehrheit seiner Kollegen sich gegen
den Verkauf der Staatsdomänen zur Herstellung des Gleichgewichts
im Budget ausgesprochen hat. Einige Minister sollen sogar bemerkt
haben, Herr Camacho hätte weniger Nachgiebigkeit i» den Budget-
fragen zeigen follen, da hierdurch leicht politische Konflikre entstehen
könnten, welche die liberale Partei spalten müßten. Am Montag
sollts in La Granja in einem Ministerrathe unter dem Vorsitze
der Regentin über das Demissionsgesuch des Finanzministers
entschieden werden, welcher diesmal entschlvssen sein soll, nicht nach-
zugeben. Sagasta wußte schon seit mehreren Tagen, daß Camacho
zurücktreten wolle und er hat auch bereits mit imehreren Staats-
männern wegen Uebernahme des Finanzportefeuillcs verhandelt.
Die Liberalen glauben, daß Sagasta einen Fehler begangen habe,
welcher die Amtsdauer des liberalen Ministeriums verkürzen dürste,
da dasselbe die Einflüffe des Hofes über die wahren Jntercfsen
des Landes gcstellt hat. Die Correspondencia nennt als Nachfolger
Camacho's den Senator Arostegni, während Correo glaubt, daß
der Minister des Jnnern die Fmanzen und Sagasta das Jnnere
übernehmen werde.
Portugal.
*8iffabon, 2. Aug. (Telegramm.) Der König ist heuts
inkognito unter dem Namen eines Herzogs von Guimaraes nach
Plymouth abgereist. Von dort beabsichtigt der König sich nach
Osborne und dann nach London zu begeben. Von London aus
wird der König über Vliessingen nach dem Haag, Kopenhagen
und Stockholm gehen. Die Rückkehr hierher ist auf den 27. Sept.
festgesetzt.
Serbien.
* Nisch, 2. Aug. (Ttltgram».) Die Skupschtina genehmigte
die Vorlage betreffend die deutsch-serbische Kvnventton bczüglich des
Muster- und Modellschutzes, sowie die Deklaration betreffend den
Marlenschutz; serner wurden angenommen: die Konventivn über die
Auswechselung amtlicher Dvkumente, wiffenschastlicher litterartscher
Publikationen und parlamentarischer Annalen und Dokumente; der Nach-
trag zu der 1883 in Paris abgeschlvssenen Konvention zum Schutze deS
industriellen Eigentums, die Konventionen betrefsind den Schutz des
unterseeischen Kabels und betreffend den internationalen Telegraphentarif.
Endlich wurde die von dem Unterrichtsminister eingebrachte Vorlage über
die Gründung einer Vorbereitungsschule genehmigt.
Türkei.
Es verdient jedenfalls Beachtung, daß die türkische Regierung
trotz ihrer neuerdings beginnenden finonziellen Verlegenheiten in
ihren militärischen Rüstungen ketne Stockung eintreten läßt.
Die Demobilisterung des Landheeres bezog sich bis jetzt nur auf
die Reserven, während der Stand der Nizams keine Verringerung:
erfuhr. Daneben werden die Befestigungsarbeiten an den Uferrr
bes Bosporus und die maritimen Rüstungen eifrrg fortgesetzt. Zn
ersterer Beziehung wird die Anlage von zwei Forts am Emgange
des Bosporus in Ausstcht genommen, deren Fundamentierung im
offen.'n Meere mittelst Caiffons erfolgen soll, während bezüglich
der Vermehrung des Flottenmaterials Unterhandlungen wegen
Ankaufs eines eisernen Panzerschiffes und eines schnellsegelnden
Kreuzers in England im Zuge stnd. Auch sollen in Deutschland
zehn neue Torpedoboote bestellt werden. Jm Arsenal wird
rüstig an der Herstellung dreier Torpedoboote nach dem Modelle
des kürzlich in Deutschland angekauften gearbeitet.
Die Cholersgefahr.
" Wie«, 2. Aug, abends. (Telegramm.) Von gestern mittag bi«
heute mittag sind in Fiume 8 Personen an der Cholera erkranki und
2 gestorben, in Triest 6 erkrankt und keine gestorben.
Das Heidelberger Jnbiläum.
Vorbrreitungen zum Feste.
Hridelberg. 31. Juli. Der heutige Tag hat grvße Fortschritte in
der Ausschmückang der Stadt gsbracht, vbgleich der strömende Regen
mehrmal» eine Unterbrechung der Ardeiten herschie. Jn den regensreien
Nachmittagsstunden von etwa 3 bis 6 Uhr herrschte ein Getriebe in den
Straßen, »on dessin Lebhaflizkeit man sich nicht leicht einen zu hohen
B-griff machen kann. Die Zahl orr dereit» angekommenen Festtstlnehmer
ist offenbar'sehr grvß, doch find auch biejenigen Fremven, welche nicht
ausschließlich der Jubelferer wegen hier weilen, ungemein stark vertreten.
Auf dem Schloffe traf man ganze Züge von Engländern, ebenso fehlt
es nicht an norddeutschen Herren- und Damengesellschaften. Jn der engen
Hauptstraße war vielsach der Verkehr so lebhaft, daß die mit der Aus-
schmückung beschäftigten Leute in ihrer Thätigkeit gestört wurden, während
sie umgekehrt mit rhren langen Lettern und Fahnenstangen ven Vorüber-
gehenden arg in die Luere kamen. Der Schmuck, der sich noch gestern
fast ausschließlich auf die öffentlichen Gebäude beschränkle, hat fich nuw
selbst bis zu den unansehnlichsten HLusern in den sernsten Straßen
ausgebreitet. Einen Vorteil hahen die engen Gassen: der Schmuck wirkt
entschieden bedeutender, als in breiten, sreien Straßen; die Fahnen
scheinen von rechts und link» ineinander zu flattern, das Grün von
beiden Seiien wirkt als ein unzertrennliches Ganze, ein Eindruck, der
sich dadurch erhöht, daß nicht selten Guirlantengcwinde sich über die
Straße von Haus zu Haus hinüberschlingen. Wo es der Raum gestattet,
sind Ftchten- und Birkenalleen angelegt, sodaß man an manchen Stellen
von den Häusern kaum noch etwas entoeckt. Von Farben ist, wie wohl
selbstverftändlich, nsben dem badischen Rot-Gvld das deutsche Schwarz-
Weiß-Rot am meisten zu sehen. Daneben sällt eine wunderliche Farben-
zusammenstellung auf, nach ceren Bed-utung man svfort fragt. Jm ersten
Augenblick glaubt man sich nämlich in die selige Bundestagszeit versetzt,
wenn man das vrele Schwarz-Rol-Gold erblickt, steht man jedoch näher
zu, so atmet man erletchtert aus, es sind ketne alten bundestäglichen
Reminiszenzen, welche die Heidelberger um ihre Giebel pflanzen, es find
nur die Farben der eigencn geliebten Stadt. Heidelberg» Farben find
schwarz-rot-gold-grün. Sind wir gerade bei den Wahrzeichen der Jubel-
stadt, so sei auch das H-idelberger Wappen erwähnt; es ist ein Löwe, der
über drei grünen Hügeln steht. Die Hügel sollen die höchsten Berge der
nächsten Umgebung vorstellen, also den Königsstuhl, den Gaisberg und
den Heiligenderg, sodaß die Deutung des Wapp-ns wohl wäre: der
pfälzische Löwe steht schützend über der Stabt Heidelberg. Das Rathau»
hat nunmehr seinen Schmuck vollendet und sieht wirkltch großartig aus.
Eine mächlige Veranda, aus vier grünumwundenen Säulen ruhend, ist
über dem Hauplportal errichtet. Rechls an der Veranba befindet sich das
Heideiberger, links das Manvheimer Wappen, dazwischen das große
badische Wappen, unter welchem man die Jnlchrtft leest:
Es steht die» Haus in Gottcs Hand
Und treu zu Fürst und Vaterland.
Jn gleicher Höhe mit diesem Spruch stnd rechts und links unter den
F-nstern des Hauses die dornehmsten Bürgertugenden in großen Buch-
staben aufgezeichnet: Gerechtigkeit, Thatkraft, Gemeinsinn, Treue, Gottes-
surcht, Mildthätigkeit. Hoch oben am Hause herrscht ein gewaltiger
Reichsadler, tem als dienende Glieder die klrineren Wappen der be-
deutendsten badischen Städte (außer Heidelberg und Mannheim) zur
Seite stehsn. Die freien Felder zwischen tem ersten und zweiten Slock
nehmen die Medaikonbilder der bekanntesten Kurfürsten ein. Mannig-
saltige Farbenverzieruna, die hinzutrttt, ergänzt das Aussehen des Hause»
zu schönem Reichtum. Der alte Riesenbrunnen vor dem Rathaus
hat neue Farben erbalten. Auch hat man dem griesgrämigen, keulen-
dewehrten Gesellen, der den Brunnen behütet, eine anmutige Begleitung
gegeben. Vier niedliche Nixen sind in das große Wasserbscken einlogiert
worden. Rewt natürlich sttz n ste in ihrem Element, Schils wächst ihnen
über die zurückgebogeuen Schultern, die Lerber erheben fich spielend aus
dem Wasser, die Hände erheben Muscheln, deren klaren Trank die fiöh-
liche Schar dem Riesen wetteisernd entgegenzureichen scheinl. Di: delebte
Seene ist recht vriginell. Jm Schlosse sind die Vorbereitungen sür
das Kest des Dienstag Abend schon sehr weit gediehen. Die Innen-
räume, Schloßhof und Stückgarten stnd scit dem heutigen Tage für das
Publikum abgesperrt uno werden erst am Mittwoch dem allaemeinen
Zutrilt wieder geöffnet werden. Das Bandhaus ist ;u einem Festraum
umgeschafsin, im Schlvßhof stnd großarttge Beleuchtungsvvrrichtungen
getressen, im Stückgarten sind zwei Pavillons und lange Reihen don
Tischen und Bänken erstanden. Die Brücke über den Schloßgraben
trägt auf beiden Seiten dichte Kolonnen von Fahnenstangen. Die Fahnen
hat nian hier, wte auf dem Schlvßaltan, zum Glück noch nicht auf-
gezogen, sonst hätten sie wahrscheinlich da» gleiche Schicksal erlitten, Wi«
die gro. en Flaggen der Heiliggeistlirche, welche gestern abeod vom Sturm
arg mitgenommen wordrn stnd. Die Fahne, welche von ber höchsten
Spitze herniederwrhte, hängt zerriffen um den Thurm, mehrere andere
Flaggen liegen als Frtzen aus dem Kirchendach. Zwischen 6 und 7 Uhr
-eute abend kam wieder ein gewaltiger Regen, ter jetoch bald nachlteß.
Gleich daraus war auch wieder das alte Leden in ben Straßen hergestellt.
Jn den Läden -errscht der regste Verkehr, namentlich in den Papterläden,
wo Wappen, Rosetten, Fähnchen u. s w. noch iminer eisrig gefucht
werden. Uberall sieht man Dinge, die sich aus da» Jubiläum beziehen.
Da» große Faß in klein-r Gestalt si-ht man als Bowle, in noch kleinerer
als Feuerzeug, die Festschristen und Festgaben aller Art treten einem auf
Schritt und Tntt entgegen, Bilder von Scheffel, seine Schristen, sein
Festlieb, Bilder de» Großherzogs, des Erbzroßherzogs, Jubiläums-Denk-
münzen vrrschiedener Art und viele andere Gegenstände feffeln an hundert
Läden die Äusmerksamkeit der Vorübergehenden. Die Jnschriften, die
Wilaquell im Mondlichte schimmerte. Geheimnisvoll aus dem
Felsengrunde geboren, trat er nur einmal zu Tage, blickte nur
einmal auf zum Licht, um dann wieder in unterirdischen Klüften
zu verschwinden, und doch war sein kurzer Lauf ein Segen für
jeden, der ihm nahte. Auch hier hatte er ein kurzes, nur
minutenlanges Glück gegeben, das nur einmal leuchtend aufblitzte,
und nun tn Trennung und Tod enden svllte, aber es wog doch
ein ganzes Leben auf.
Noch immer kämpften jene unsichtbaren Heere in den Lüften,
noch immer klangen ihre Stimmen höhnend und drohend herab
und sangen das wilde Lied von Verderben und Vernichtung.
Danira war vertraut mit dcn Sagen ihrer Heimat, sie verstand
dies Drohen dcs Sturmes und wie zur Antwort richtete sis das
Haupt empor.
„Vergebens! Jch laffe mich nicht mehr zurückhalten! Wenn
ich den Verrat begehe, fo habe ich mir auch selbst das Urteil
gesprochen und Marco wird es erbarmungslos vollziehen, es müßte
denn Gott selbst vom Himmsl niedersteigcn und Gnade verkünden.
Du sollst gerettet sein, Gerald, ich weide, was ich dir versprach
— der Preis deines Lebens!"
Sie trat dcn Wcg an und durch die sturmumbrauste, mond-
beglänzte Felsenöde eilte ste dahin — zur Rettung. (Forts. folgt.)
Kleiue Mitteilungen.
'Zum Wetter in der Schweiz in dusem unbeständigen Sommer
wird uns aus Enxelberg, 1. Aug., geschrieben: Das Wetter im ge-
lobten Engelberger Thale war in derxangener Woche recht wechselvoll.
Nach längerem Hin- und Herwoaen der Woikenschichten gab es zu An-
fang unter Gewittererscheinungen schweren Regen mit fallender Temperatur
bi» Dienstag. Erst Mittwoch kam Ausklärung und Donnerstag ständiger
Sonnenschein, ter ten Freitag üder anhielt und die weitesten GebirgS-
partieen gestattete. Jn der Nacht zum Sonnabend setzte da» Wetter
wieder um und blieb regnerisch bis heute früh. Trotz dieses Wechsel»
hält dte Fremdenschar tapfer Stand und neue Zuzügler beweisen, daß
die Anziehungskrafl des Kurorts fich unter allen Umständen bewährt.
Wer in den zahlteichen Gasthäusern und Pensionen kein Unterkommen
findet, wird in den noch zahlreicheren Privathäusern untergsbracht. E»
mögen über 1000 Fremde sich z. Z. hier aushalten, namentlich ist Nord-
deutschland stark vertreten. Der Engländer giebt es weniger al» an
andern Orten, und doch haden sie ihr eigenes Gotteshaus, eine unweit
des Hötel Tiflr» gelegene kleine Holzkapelle. Die katholischen Deutschen
erbauen fich bei herrlichem Orgelspiel in ber Airche der Benediktiner-Adtei.
Die Evangelischen warten aus ihr prvjektiertes Kirchlein und versawmeln
stch Scnntags im Hotel Svnneberg zu recht erbaulichem Gottesdienst.
Dom Rigi schreibt man der Trierischen Zeitung unterm 30. Juli:
Frischgefallener Schnee am 27. Julil Und zwar nicht in Grön-
land, sondern recht eigentlich im Herzen Europas, in der Schtvetz, das
war so eine Uberraschung, welche die heurigen HochgebirgSbesucher gratis
mit in den Kaus bekamen Der Schnee erstreckte stch sreilich nicht in
die tief gelegenen Thäler, aber er hatte dvch eine stattliche Reihe von
Bergen mit einem das Auge des erstaunten Beschauers überraschenden
prächtig-glänzenden Gewand geschmückt, welche sehr, sehr weit unter der
„ewigen" Schneegrenze bleiben. Sind schon in ganz normalen Zeit»
läuften die Temperaturunterschiede in der Schweiz unglaublich große,
sv daß man an ein und demselben Tage vor Hitze und Durst verschmachten
zu müffen glaudt, um abends, sobald die Sonne hinter einem der zahl-
losen Bergriesen verschwunden ist, vor Kälte zu schnattern und in Er-
gänzung der meist unzureichenden llberkleider, Plaids rc. mit der größten
Dankbaikett eine rauhe und nicht ganz staubfreie Pferdedecke in Empfang
zu nehmen, die ein mitleidiger, mit den Sprüngen seiner heimatlichen
Lust vertrauter Kulscher anbietet, so hat der bisherige Svmmer dieses
Jahres auch noch sür besondere Abweichungen größeren Stils gesorgt,
welche Touristen wie dte Wirte gleichmäßig in Verlegenheit setzten. Aus
einc afrikanische Hitze, die, wie aus den Blältern heivorgeht, leider in
Deutschland eine große Anzahl schwerer Gewitter mit verheerenden Er-
scheinungen im Gesolge hatte, kam in der Schweiz eine so radikale
Abkühlung, daß der oben erwähnte Schneefall eintrat, das Thermvmeter
mittagS um 12 Uhr auf 3sir" 1i. stand und die Gastzimmer in allen
höher gelegenen Wirtshäusern und Pensionen geheizt werden mußten.
Die unheimliche Kälte hielt 48 Stunden vor und als dann wieder ein
Stückchen blauen Himmels zum Vorschein kam, freute man sich, wie bei
Frühjahrseintrttt. Jetzt brennt die Sonne wieder in sommerlicher Glut,
ein Gewitter kann gar nicht ausbleiben und dann mag das Spiel von
vvrne beginnen. Daß es so weit von der Natur getrieben wird, wie
heuer, ist allerding» eine Seltenheit.
Der Müncheuer Niesentrunk für den Fürste« BiSmarck.
Am Samstag abend wurde der Reichskanzler in München durch eine
eigenartige Deputativn überrascht. Die Münchener Neuesten Nachrichten
berichten darüber: Jn einer hiefigen Künstlergesellschast war man aus
die Idee gekommen, dem eisernen Kanzler einen improvisierten „Will-
kvmmen" zu senden. Flugs wurde die Riesenpitsche aus Zinn, ein
uralter Zunstpvkal, der gut seine zehn Liter saßt, mit Gerstensast gesüllt
und an den Henkel ein mit Tannenreis bekränzter Zettel gehängt des
Jnhalts: „Da unser Kanzler jüngst erklärt, daß auch sein Meiter in
denselben Krets gehört als wie Frau Musika, Malerei und Pvesie, denn
„Kunst, nicht Wiffenschast sei Diplvmalie", — so haben wir alle, die
sich der Kunst besteißen, den großen Kollegen willkommen zu heißen."
Der also geschmückte „Riesentrunk" wurde sofort in kleiner Deputation
(ohne Cylinde« und Glacel) nach dem preußischen Gesandtschaftshvtel
verbracht. Der Portier war nicht wenig verwunbert über den seltsamen
-Auszug und das wunderliche Gesäß, üm solche Zeit (es war 10 Uhr
dis Abends), aber nach pflichtschuldiger Meldung wurden die Herren
zum Kanzler geführt, der sich samt seiner Gesellschast über den guten
Einsall und die schlichte, von Herzen kommende Ehrung lebhaft freute.
Nur eine» betauerte er sehr: „baß ihm sein Arzt nicht erlaube, auch
seinerseits dem Wtllkommen volle Ehre anzuthun und die ganze Kanne
auSzutrinken." Er trank aber daraus wiederholt und die anderen halsen
ihm und al» die Ehrenboten zu ihren erwartungsvoll harrenden Zech-
genvssen in die Knetpe zurückgekehrt waren, da wurde selbige Nacht
selbtge Pitsche noch de» österen gefüllt und geleert aus das Wohl des
„eisernen KanzlerS," deffen Namen st- nun sür immer sühren wird.
Wenn das der alte deutsche Zinngteßermeister, ter vor dreihundert Jahren
den Krug gegoffen, geahnt hätte l
LiSzt ta Berltn 1842. Darüber schreibt die Neue Preußische.
Zeitung: Schon eine europäische Berühmtheit, kam er 1842 zum ersten
Male nach Berlin, und mit etnem Schlage wurde er hier der „geseterte
Mann des Tages". Der Glanz seimr Erfolge stellte alles in Schatten,
wie wir aus eigener Erinnerung bezeugen können, und wie viele große
Virtuosen-Ersolge wir auch nachber in Berlin noch erlebt haben: keiner
kann sich mtt dem damaligen LiSzts messen. Auch Ludwig Rellstab,
damals ein kritisches Orakel für das nmsikalische Berlin, hat über das
Abschieds - Kvnzert Liszts im Opernhaus (2. März 1842) geschrieben:
„Selbst die glänzemsten Beispiele im Bereich unserer Erinnerungen über
dte Erfolge einer großen Virtuosen- oder Kunsterscheinung überhaupt
reichen nicht an diesen Grad der öffentlichen Teilnahme. Eine Eatalani
erfüllte im Jahre 1816 siebenmal den Konzertsal des abgebrannten
Schauspielhauses und einmal dte Garnisonkirche; Paganini trat in
ungleich längerem Zwtschenraume als Liszt zwölsmal auf. Liszt aber
ließ stch nach zehn übersüllten Konzerten in dem Saale der Sing-
Akademie, bte er sast ganz allein durch sein Talent trug, nach sechs,
teils für andere Künstler, teils zu wohlthätigen Zwecken veranstalteten,
die in verschiedenen anderen Lokalen stattsanden, Liszt ließ stch in
zwanzig öffentlichen Konzerten während einer Zeit von wenig über zwei
Monaten hören- Nicht zu gedenken, wie oft er vor Versammluvgen
gespielt hat, die an Zahl der Hörer öffentlichen Konzerten wenig nachstanden."
Frau Frieb-Blumaner j-, Wie Euterpe über ihren Liebltng Franz
Liszt, so trauert Melpomene über ihren Schühling Frieb-Blumauer, welcher
ebenfalls am 31. Julr vvn diesem Leben gbderufen'wurde; die darstellende
Kunst hat mit ihr eine ihree würdigsten Vertreterinnen verloren. Frau
Frieb-Blumauer war 1818 in Stuttgart geboren, woselbst ihre Eltern
dem dortigen Hostheater angehörten. Fräülein Blumauer wurbe für die
Oper bestimmt und trat nach ihrer AuSbildung, welche sie am Prager
Konservatorium erfahren, zunächst in Köln, dann in Aachen und anderen
Städten als Sängerin aus. Eine eigene Leidenschast für die darstellende
Kunst veranlaßte die Sängerin jedoch, stch dem recitirenden Drama zu
widmen und zumSchauspielüberzugehen. An derBerliner Hofbühne
fand ihrc geniale Wiedergabe sowohl der tragischen wie der sein- und
derbkomischen Rollen die richtige Würdigung. Feau Blumauer ist diesem
Jnstitute 36 Jahre lang treu geblieben; nur der Tod konnte ste von
der geliebten Heimstätte ihrer Kunst trennen.
Über bie deutschen evangeltscheu Gemeinden SpanienS
sprach am letzten Sonntag in Berlin Pastor Rüter (srüher in Altenborf
bei Effen) von der evangelilchen Gemeinde in Barcelona im Saale des
evangelischen Vereinshauses Oranienstraße 106. Dte Kreuzzcitung be-
richtet darüber: Unter den wenigen Zuhörern bekand sich der Geh.
Regrerungsrat vom Kultusministerium Graf Bernstorff. Der Vortragende
schilderte bie Zustände ber evangelischen Gemetnden in Spanien, ins-
besvnbere derjenigen in Barcelona mit düsteren Farben. Aus Mangel
an Mitteln sei die Seelsorg- unier den dortigen Deutschen überaus er-
schwert. Auch das gvttesdienstliche Lvkal set in keiner Wetse auSretchend.
Dte sich inimer dringender als notwendig erweisende EinrichMng einer
deutschen evangelischen Schule in Barcelona könne ebenfalls wegen Armut
der Gemeinde nicht ins Werk gesetzt werden. Unter solchen Umständen
habe er (der Redner) sast schon entmutigt die Hände sinken lassen und
seinen Platz in der Diaspora aufgeben wollen. Der sreundliche Zuspruch
de« Pastors Fliedners in Madrid und das Gebet habe ihn aber wieder
aufgerichtet; jetzt sei er nach Deutschland und nach der Reichshauptstadt
gekommen, um sowobl Fühlung mit der preußischen Landeskirche zu ge-
winnen, als auch den evangelischen Christen der Hauptstadt und des
LandeS die Not der Brüder auf der iberischen Halbinsel an» Herz zu
legen und ihre Hülfo zu erbittrn. — Die Kollekte am Ausgange ergab
«inen mit Rückstcht aus die geringe Zahl der Anwesenden reicken Ertrag.
Eine Gefteinarl von besonderer Schvnheit — so wird der
Neucn Zürtcher Zeitung au« Luzern mitgeteilt — wird seit einiger Zeit
am Gvtthard gebrochen. Dieselbe wird von fachmännischer Seite als
eine seltene Vanetät von amphibolhaltigem, äußerst widerstandSfähigem
Serpentin bezeichnet, der sich für technischs und Kunstzwecke weit
beffer eignen soll, als j-de» bi« jetzt in der Schweiz bekannt gewordene
Gestein. Der Stein ist von grüner Färbung, mit Abstusungen zwischen
hell- bts dunkelgrün, und zeigt geschlisfen außerordentlich hübsche Zeich-
nungen. Er ist bedeutend härter als Marmor. WähiiNd der Marmor,
der Witterung ausgesttzt, den Glanz der Politur bald verliert, zeigen
! aus Gotthard-Serpentin gefertigte und vor mehr al« Jahresfrist aus-
gestellte Grabmonumente noch keinerlet Veränderung.
Verhaftuug «ine» Afrikareisenden. Der Hamb Korr.
berichtet aus Hamburg: Verschiedener Betrügereien beschuldigl, ist der
Afrikareisende Lieutenant Siegm. Jsrael ver-aftet worden. Unter dem
Vorgeben, im Dienste der Kongvgesellschasi zu stehen, soll der Verhastete
hier bedsutende Bestellungen tn Schirmen und arideren Waren, die an-
geblich sür Asrika bestimmt waren, gemacht und die Lteferanten durch die
Vorspiegelung, daß Ler Betrag für diese Liefe>'unzen in Brüffel zur
Auszahlung gelangen werde, getäuscht haben. Auch haben stch Zweife!
erhoben, vb «r wirklich die von ihm bebaupteken Reisen gemacht, und e»
ist baher von auswärtigen Zeitungsridaktionen die Brschuloigung erlwben
worden, er habe sie durch seine angeblich authentischen Berichle gsläuscht
uno zu Hvnorarzahlungcn veranlaßt, bie fi« andernsalls nicht gemacht
haben würden. Thatsache ist, daß sich die Familte deS Verhafteten, der
trotz seiner Jugend ber-its ein beweztes Leben geführt, seil einiger Zeit
Vvllständig von thm losgesagt hatte; inwieweit aber die gegenl ihn
erhobenen Beschuldigungen begründet stnd, wird die eiftqeleitete Unter-
suchung zu ergeben haben.
Hitz« in Nordamerika. Unter der Ausschrist: „Ein Samum
in Dakota", erzählt die Newyorker StaatSzeitung folgendes: Nebraska,
Dakota, Minnesota, Jowa und Montana haben seit oem 1. Jult
anhaltend trockene Hitze, welche melkwürdiger Weise in Dakota den
höchsten Stand erreicht hat. Am letzten Dienstag Morgen gegen 4 Uhr
wurde in Ashton im mittleren Dakota, in Pierre und anderen Orten
am Missouri im südlichen Teile des Lerrrlorium« ein ganz rätselhafter,
starker Glutwinb verspürt, der von über halbstünoiger Dauer war und
als ein wahrer Samum beschrieben wird. Eine Schilderung de» selt-
samen Naturereigniffe» aus Ashton lautet folgendermaßen: „Heute morgen
um 4 Uhr wurden dic Leute durch ein Gerausch wie Sturmgebraus und
eine erstickende Hitze aus dem Schlaf geweckt. Beim Offnen der Thür
schlug einem eine Gluthttze wie au» dem Backosen enlgegen. Jm
Südwesten, von wo d:r heiße Wind kam, hingen schwere, dunkle Wolken,
und man fürchtete die Ankunft eines Tornados. Biele Leut- flüchtcten
tn die Keller. Manche Eltern meinten beim Grwachcn, als fie die
plötzliche Hitze fühlten, es brenne, und sie eilten mit lhren Kinwrn hinaus,
nur um es auf der Straße noch heißer zu finden. Der Glutwind dauerte
zum Glück nur 30 Mtnuten. Hätte dieser Wind cinige Stunden
angehalken, so würde wabrscheinlich alles Pflanzenleben vernichtet worden
sein, und es wird svgar bezweifelt, vd Menschen und Thiere dies hätten
aushalten könn:n. Äm allgemeinen sind die Nächte hter sehr kühl, desto
unbegreiflicher erscheint jsner nächtliche Glutwind."
Der Artikel über Elisabeth Ney, welcher an di-s-r Stelle in
der letzten Sonntagsnummer veröfsentlicht woroen ist, beruhte, so weit
er nicht Originalmitteilung der „Rheinisch-Westsälischen Zeitung" war,
nicht auf Angaben des Braunschweigischen Tageblatt, sondern ver Braun-
schwetgischen Landeszeitung-
Litteratur.
PreuKische Iahrbücher. Herausgegeben von H. v. Treitschke unv
H. Delbrück Achtundfünfzigster Band. Zweite» Hest. August 1836.
Inhalt: Das erst« Jahrhundert seit Friedrichs Tod. (Konstantin
Rößler.) Beyschlags Leben Jesu. (H- Scholz.) Kant, Lambert und die
Laplacesche Theorie. (A. Döring.) Ter Geschichtsschreiber Johannes
von Müller unv Friedrtch der Große. (H. Uimann.) Die Knst» in
England. (—1..) Autorrecht ohne Nachbruckverbot. (Leop. H. Niüller.)
Politische Korrespondenz: Ein schridendis Geschlecht. - Die Neuwahl de»
Unterhauses und Ler Mintsterwechsel in Gngland. - Die auswättige
Konstellation und die Ministerzusammenkunft in Kissingen. ) - Nvtizen»
Kirche herausscyaue — nicht durch ras ,Freier- und Selbständiger-
machen der evangelischen Kirche", eine Forderung, üb-r die die
ultramontanen Blätter nur ein sehr bedenkliches Augurenlächeln
zeigen, sondern durch eine reichlichere Dotierung der evangelischen
Kirche. Soeben wird die Richtigkeit dieser Behauptung bereits
durch die Germania selbst erwiesen. Der Reichsbote des Herrn
Hofprediger Stöcker hatte nämlich bemerkt:
,Das Centrum hat bereitS erklärt, daß eS für den Antrag
Hammerstein, der ja eie DotatirnSforderung enthält, stimmen
werte Es wäre auch kein Grund vvrhanden, daß di« Katholiken es
nicht Ihun sollten, da ihrer Kirche ja nichtS genommen werden svll,*
Die Germania entgegnet darauf:
»Der .Reichsbvte" möge uns gütigst sagen, wann und wo ei..e so
positive Erklärung abgegeben worden ist, besondrrS was die Dota-
tionssorderung anlangt."
Die Hochkonservativen sehen also wieder einmal, welchs unstchere
Kantonisten die Herren der Centrumspartei stnd, denen sie bisher
die Schleppe getragen haben nur in der Hoffnung, doch schließlich
auch sür sich etwas einheimsen zu können. Damit scheint es aber
noch seine weiten Wege zu haben und die freikonservative Post hat
gewiß nicht unrecht, wenn sie meint, daß es sich vielleicht um „ein
äo ut Les-Geschäft handle, welches die Ultramontanen der
evangelischen Centrumspartei unterbreiten wollen und auf daS die
Germania die Herren nach und nach vorbereiten soll, indem sie
ihnen andeutet, daß die Ultramontanen ihre Dienste nicht umsonst
zu leisten beabsichtigen. Man spricht ja jetzt bereits davon, daß
die Herren Windthorst und Genoffsn demnächst mit einem Äntrag
auf Wiederzulassung der Orden, einschließlich des Jesuitenordens,
hervortreten werden. Möglicherweise wird dabei auf die Unter-
stützung der Freunde dcs Antrags Hammerstein gerechnet, wenn
dafür das Centrum sich deren Bestrebungen gegenüber unterstützungs-
willig zeigt. Aber all' das soll augenscheinlich erst vorher klipp
und klar abgemacht werden."
Deutsches Reich.
XBerli«, 3. Aug. Der Rcichskanzler Fürst Bismarck
beabstchtigte, bereits Montag abend gegen 6 Uhr in Gastein ein-
zutreffen. Er findet dort den Staatsminister v. Bötticher und
den Kriegsminister General Bronsart von Schellendorf schon
vor. Letzterer hat sich, um dem Kaiser Vortrag zu halten,
nach Gastein begeben. Minister v. Bötticher braucht, wie bereits
in früheren Jahren, die Badekur. Der Statthalter von Elsaß-
Lothringen, Fürst Hohenlohe, der sich zur Zeit auf sciner Be-
sitzung in Aufsee befindet, hat seine Ankunft in Gastein für heute
angekündigt. Mag sein Besuch auch zunächst durch den Wunsch
veranlaßt sein, seinem kaiserlichen Herrn seine persönliche Huldigung
darbringen zu dürfen, so wird ihm wohl auch daran gelgen sein,
etwaige Wünsche des Kaisers für die Zeit des bevorstehenden Besuchs
in den Reichslanden unmittelbar entgegenzunehmen. — Der preußische
Gesandte beim Vatikan, Herr v. Schlözer, über deffen Sommer-
urlaubsreije noch gar nichts verlautet hatte, soll diese Reise schon vor
einigen Tagen angetrcten haben und am Sonntag auf der Reise zuVer-
wandten in Lübeck hierd urchpassiert sein.—Uber das Befindendcs Fürst-
bischofs H rzog in Breslau verlautet aufs neue wenig Günstiges.
Die geplante Rerse desselben nach dem Lsterreichischen Teil seiner
Diözese, wo er sich zu erholen gedachte, ist aufgeschoben und darf,
da die Arzte die Rcise gänzlich widerraten, wohl überhaupt als
aufgegeben betrachtet werden.
(-s-)Paderborn, I.Aug. Die Abänderung der kirchen-
politischen Gesetze betreffend, verordnet das General-Vikariat im
Einverständnis mit dem Obeipräsidenten folgendes:
8 1- Inneihalb der ersten 10 Tage nach der Publikation dieser
Verfügung an gerechnet, ist in allen Pfarr- und Filialgemeinden, welche
einen besvnderen Kirchenvorstand haben, mit Ausnahme der unter §5.
tezeichneten Gcmeinden eine Sitzung des Kirchenvorstandes behufs Über-
leitung des Vorfitze« an den zuständigen Pfarrgeistlich.n anzuberaumen.
Al« einziger Gegenstand der Tagesordnung ist bei der Einladung die
Aussührung deS Art. 14 des Gesctzes vom 21. Mai d. I- zu bezeichnen.
ß. 2. Bei Beginn der Sitzung übergidt der seitherige Vorsitzende dcm
Psarrer, bezw. in Filialgemeinden mit besonderem Kirchenvorstande dem
zuftändigen Psarrgeistlichen das Siegel des Kirchenvorstandes und das
über di« stattgehabten Sitzungen gesührte Protvkvllbuch, wie auch die >m
Befitze des seitherigen Voisitzendeu befindlichen Literalien.
8 3. Der Psarrer bezw. der zuständige Pfarrgeistliche übernimmt
tanach den Vvrfitz und schreitet svfoit unter Zuziehung sämtlicher Mit-
glieder des Kirchenvorstandes zur Reviston der der Verwaltung des Vvr-
standes unterstehenden Kaffen, um fich ltbrrzeugung davon zu verschaffen,
daß die rechnungsmäßigrn Kaffenbestände, die im Jnventar bezeichneten
Vermögenestücke, Urkunden und Akten vollständig vorhanten stnd.
Aus §.5 ist anzuführen: Nach der Besetzung einer Pfarr-
stelle ist jedesmal innerhalb 10 Tagen nach der Einführung des
Geistlichen dieser Verfügung gemäß zu verfahren.
* Heidelberg, 2. Aug. Der Chemiker Profeffor Bunsen
erhielt mittelst äußerst huldvollen Handschreibens die goldcne Kette
zum Großkreuz des Zähringer Löwenordens.
*Bayre«th, 2. Aug. Zu dem heutigen Diner bei
dem Kronprinzen waren der Stadtkommandant Graf Zech, der
Regierungsdirektor Gossinger, der Verwaltungsrat der Bühnen-
festspiele, der Bürgermeister Muncker, Bankier Feustel, sowie
mehrere Mitglieder der Freimaurerloge geladen. Heute abend ist
der Kronprin; mit der Prinzessin Viktoria sofort nach Beendtgung
der Parsifal-Aufführung wieder abgereist. Der Weg vom Theater
bis zum Bahnhof war elektrisch beleuchtet und von einer zahl-
reichen Menschenmenge besetzt, welche dem Kronprinzen enthusia-
stische Ovationen darbrachte. Beim Abschiede sprach der Kronprinz
dem Bürgermeister Muncker gegcnüber seine große Zufriedenheit
über den ihm bereiteten Empfang, sowie über die vollendete Auf-
x.x.2. Mü«chen,2.Aug- DerReichskanzlerFürstBismarck
stattete gestern Mittag dem Staatsminister des k. Hauses und dcs
Außercn, Freiherrn v. Creilsheim, in Begleitung des preußischen
Botschafters Grafen v. Werthern-Beichlingen, einen längeren Besuch
ab. Hierauf fuhr der Fürst bei dem Prinzregenten vor, hinterließ
dortselbst seine Karte und kehrte sodann in das Gesaudtschaftshotel
zurück. Um V,12 Uhr begab sich der Kanzler nochmals ganz allein
zum Prinzregenten, mit dem er eine nahezu einstündige Unterredung
hatte. Uberall, wo sich Fürst Bismarck zeigte, ward dcrselbe
ehrfurchtsvoll begrüßt und mit stürmischen Hochrufen empfangen.
Die Hünengestalt des Reichskonzlers, der die bekannte Kürassier-
uniform trug, übte in der That auf alle eine fascinierende Wirkung
aus. Nachmittags um 2Uhr fand, wie schon telegraphisch gemeldet,
Galotafel beim Prinzregenten Luitpold statt. An derselben nahmen auch
die Fürstin, dann der preußische Gesandte Graf v. Werthern, Ober-
regierungsrat vr. Rottenburg, Legationssekretär Graf v. Eulenbuig,
die Staatsminister v. Lutz und v. Crailsheim und endlich der
Generaladjutant Freyschlag v. Frevenstein teil. Es waren zusammen
neun Gedccke. Nachdem die Tafel aufgehoben war, unternahm
Fürst Bismarck mit seiner Gemahlin eine längere Spazierfahrt
(im offrnen Wagen) nach dem herrlichen englischen Garten und
später durch die Stadt, überall vom Volk freundlichst begrüßt und
bewundert. Die Abreise des Reichskanzlers erfolgte heute vor-
mittag mit dem Salzburger Schnellzug. Trotzdem der Münchener
Aufenthalt durchaus inoffiziell war und mehr den Charakter einer
Höflichkeitsvistte trug, war dem großen Publikum fast jede der
kostbaren Minuten bekannt geworden, in denen man Fürst Btsmarck
öffentlich sehen und begrüßen konnte. Auch bei der Abreise am
Centralbahnhofe hatte sich ein zahlreiches Publikum wiederholt
angesammelt, um dem scheidenden Kanzler Lebewohl zuzurufen.
Fürst Bismarck im Jnterimsrock seiner Magdeburger Kürassiere
wurde unbeschreiblich enthusiastisch begrüßt und unter minuten-
langen brausenden Hochrufen durchschritt der Kanzler die
Bahnhofshalle zu seinem Salonwagen überallhin freundlichst und
stramm militärisch salutierend. Zur Verabschiedung waren der
preußische Botschafter Graf Werlhern-Beichlingen, sowie unsere
Staatsminister v. Lutz und v. Crailsheim, Oberstallmeister Graf
Holnstein, Regierungsrat Schuster als Vertreter unseres Polizei-
präsidenten v. Pechmann und einige Angehörige aus dem höheren
Beamtenstande erschienen. Der Fürst unterhielt sich noch geraume
Zeit mit einigen der anwesenden Herren bis die unerbittliche Zeit
des Zugabganges an das letzte Lebewohl gsmahnte. Als dec Train
sich in Bewegung setzte, neigte sich der Reichskanzler wiederholt
mehrmals freundlichst aus dem Waggonfenster. Die Menschen-
menge jubelte ihm nochmals stürmisch zu. Empfang und Abschied
des Kanzlers hierselbst gaben ein beredtes Zeugnis für die außer-
ordentliche Sympathie, welche das Volk auch hier dem Haupt-
förderer der Wiederherstellung All-Deutschlands entgegenbringt.
Osterreich - Ungara.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß das einmütige
Zusammenfassen aller Kräfte die nimmer rastende Selbsthülfe und
eine Thätigkeit, welche vor dem anscheinend Kleinsten nicht achtlos
vorübergeht, die wirksamsten Mittel sind, um eine weitere Zurück-
drängung des Deutschtums in Osterreich zu verhüten, wirksamer als
selbst die Wiederkehr einer deutschfreundlichen Regierung, die ver-
jüngte Entwickelung des Deutschtums in der Stadt Prag,
senem so überaus wichtigen Posten, hätte diesen Beweis erbrach..
Vor nicht allzulanger Zeit hatte es den thatsächlichen Anschein, daß
das Deutschtum Prags unrettbar und unhaltbar verloren sei. Jn
verhältnismäßig wenigen Jahren war die Zahl der Deutschen nach
den offiziellen Volkszählungsangaben von 70 000 auf etwa 32 000
herabgeschmolzen. Man nehme an, daß das Drutschtum in Prag
fast ausschließlich auf die Vertreter der sogenannten „befferen
Stände" beschränkt sei, und lediglich aus Großhändlern, Groß-
industriellen und deren Angcstelltcn, Gelehrten, Studenten, reichen
Privalsn und dergleichen bestehe, daß es aber an einer eigentlichen
volkstümlichen Grundlage für die Entwickelung des Deutschtums in
Prag, an ein m deutschen mittleren und Kleinbürgerstand fehle.
Die großen Verluste ließen stch ja nur dadurch erklären, daß man
mit Recht annahm, ein großer Teil kleinbürgerlicher Volksgenoffrn
sei vom Slawentum in Prag — und Prag ist typisch für die
Verhältnisse in allen gemischtsprachigen Städten, — allmählich auf-
gesogen worden. Es war nun zunächst geboten, dte erhaltenen Reste
des mittleren und kleinen deutschen BürgerstandeS in Prag zu-
sammenzufaffen und sie wirtschaftlich und gesellschaftlich zu kräftigen .
Jn Prag so gut wie in Laibach und in anderen Städten hatta
man eine schwere Unterlaffungssünde nachzuholen. Die Besitzenden
und die aelehrten Kreise hatten bisher sich von den deutschen
Handwerkern und Arbeitern abgeschloffen. Wer den Einfluß gesell-
schaftlicher Beziehungen und den Druck wirtschaftlicher Verhältniffe
gerecht würdigt, der wird darum auch begreifen können, wieso die
stch selbst überlaffenen „kleineren Leute" zu Tausenden dem
Deutschlum entfremdet werden konnten. Um das Versäumte
wenigj ens in etwas nachzuholen, trat vor ctwa zwei Jahren, wie
bekannt, der deutsche Handwerkerverein in Prag ins Leben.
Es war ein Mittel gefunden, den deutschen Handwerker gesell-
schaftlich zu heben und vor allem auch ihn wirtschaftlich zu stützen.
Jn überraschend kurzer Zeit, allerdtngs nach unsäglich mühsamer
und ausdauernder Arbeit, zcigte es sich, daß Prag einen ganz
bedeutenden deutschen Handwerkerstand besitze. Heute zählt der
Handwerkerverein viele Hunderte deutscher Gewerbetreibenden, er
ist ein allgemein deutscher Volksverein geworden und auf seinem
Boden begegnen sich die fünftausend, allen Schichten der deutschen
Prager Bevölkerung angehörigen Mitglieder zu gemeinsamem,
ernsten nationalen Schaffen. Seit kurzem hat der VereinMine
Ausstellung in Prag veranstaltet, welche von einem geradezu
unerwarteten Erfolg gekrönt ist. Die Erzeugniffe des Gewerbe-
fleißes feiner Mitgltcder werden in ganz Deutschböhmen nach
Gebühr gewürdigt, Ausstellungszüge verkehren nach Prag und das
Band, welches zwischen der Provinz Deutschböhmen und dcn
Deutschen Prags eine Zeitlang qelockert war, wird auss neue
festgeknüpft. Durch eine deutsche Fortbildungsschule wird es
deutschen Lehrlingen möglich gemacht, sich in Prag außzubilden,
ohne in tschechischen Schulen der unbedingten Tschechisierung zu
verfallcn. Neuerdings ist in Prag durch die glücklichen Erfolge
der Handwerkervereinigung ein neuer Gedanke angeregt worden,
die Gründung eines deutschen Arbeiter-Kranken-Unter-
stützungsvereins. Dies soll der erste Schritt zur Bildung
eines deutschen Arbeiterstandes sein, von welchem derzeit kaum
Spuren in Prag vorhanden sind. Die deutschen Elemente in den
Arbeiteikreisen hatten in Prag bishrr im ner in Abhängigkeit von
den tschechischen Arbeiter - Unterstützungsvereinen gestanden. Die
neue Aufgabe bietet viele Schwiertakeiten, sie ist aber sehr dankens-
wert. Der tschechische Arbeiter ist nämlich, auch wenn er von
sozialistischen Jdeen erfüllt ist, immer national, d r Deutsche in
diesem Falle, wiewohl er gerade durch den bedürfnisloseren, servileren
tschechischen Arbeiter vsrdrängt und geschädigt wird, verschwommen
weltbürgerlich gesinnt. Mit Fleiß und Ausdauer wird aber auch
diese innere Schwierigkeit, die stch einer Organisation des deutschen
Arbeiterstandcs in Prag und Böhmen entgegenstellt, vielleicht
überwunden werden. Jedenfalls ist, was in dem bereits aufge-
gebenen Prag in der letzten Zeit für das Deutschtum wieder-
gewonnen wurde, ein wuchtiger Hebel zur Kräfteaaspannung, ein
lebendiger Beweis dafür, wie thöricht es wäre, den Mut sinken
zu laffen und so das Deutschtum an gefährdeten Orten mit
Gewißheit preiszugeben.
* Wien, 2. Aug., abends. sTelegramm) Am 7. d. tritt
der Preffe zusolqe im Handelsministerium eine Konferenz von
Vertretern der Ministerien der Justiz, des Ackerbaues und des
Handels zusammen, um über den vom Handelsministerium aus-
gearbeiteten Entwurf eines Markenschutzgesetzes zu beraten.
* Bad Gastein, 2. Aug. (Tclegramm.) Der Reichskanzl:r
Fürst Bismarck ist heute abend 8Vr Uhr hier eingetroffen.
Frankreich.
* Paris, 2. Aug., abends. (Telegramm.s 8s stnd nunmehr
1401 Generalratswahlen bekannt. Von den Gewählten gehören
829 den Republikanern, 402 den Monarchisten an. 170 Stich-
wahlen haben stattzufinden. Die Republikaner haben 69 Sitze
gewonnen und 83 verloren.
Jtalien.
*Genua, 2. Aug. sTelegramm.j Der König von
Griechenland, welcher gestern hier eingetroffen war, hat seine
Reise über Ventimiglia nach Pans fortgesetzt.
Vatikan.
* Rom, 2. Aug. tTelegramm.) Das diplomatische Korps
beim Vatikan ist davon benachrichtigt worden, daß der Papst
endgültig beschlossen habe, unter dem Titel emes apostolischen
Del-gaten und Ministerresidenten einen diplomatischen Vertreter
nach Peking zu entsenden. Die chinesische Regierung wird den in
London akkreditierten Gesandten auch bcim Vatikan akkreditüren.
Spanien.
Der Rücktritt des Finanzministers Camacho ist dadurch
hervorgerufen worden, daß die Mehrheit seiner Kollegen sich gegen
den Verkauf der Staatsdomänen zur Herstellung des Gleichgewichts
im Budget ausgesprochen hat. Einige Minister sollen sogar bemerkt
haben, Herr Camacho hätte weniger Nachgiebigkeit i» den Budget-
fragen zeigen follen, da hierdurch leicht politische Konflikre entstehen
könnten, welche die liberale Partei spalten müßten. Am Montag
sollts in La Granja in einem Ministerrathe unter dem Vorsitze
der Regentin über das Demissionsgesuch des Finanzministers
entschieden werden, welcher diesmal entschlvssen sein soll, nicht nach-
zugeben. Sagasta wußte schon seit mehreren Tagen, daß Camacho
zurücktreten wolle und er hat auch bereits mit imehreren Staats-
männern wegen Uebernahme des Finanzportefeuillcs verhandelt.
Die Liberalen glauben, daß Sagasta einen Fehler begangen habe,
welcher die Amtsdauer des liberalen Ministeriums verkürzen dürste,
da dasselbe die Einflüffe des Hofes über die wahren Jntercfsen
des Landes gcstellt hat. Die Correspondencia nennt als Nachfolger
Camacho's den Senator Arostegni, während Correo glaubt, daß
der Minister des Jnnern die Fmanzen und Sagasta das Jnnere
übernehmen werde.
Portugal.
*8iffabon, 2. Aug. (Telegramm.) Der König ist heuts
inkognito unter dem Namen eines Herzogs von Guimaraes nach
Plymouth abgereist. Von dort beabsichtigt der König sich nach
Osborne und dann nach London zu begeben. Von London aus
wird der König über Vliessingen nach dem Haag, Kopenhagen
und Stockholm gehen. Die Rückkehr hierher ist auf den 27. Sept.
festgesetzt.
Serbien.
* Nisch, 2. Aug. (Ttltgram».) Die Skupschtina genehmigte
die Vorlage betreffend die deutsch-serbische Kvnventton bczüglich des
Muster- und Modellschutzes, sowie die Deklaration betreffend den
Marlenschutz; serner wurden angenommen: die Konventivn über die
Auswechselung amtlicher Dvkumente, wiffenschastlicher litterartscher
Publikationen und parlamentarischer Annalen und Dokumente; der Nach-
trag zu der 1883 in Paris abgeschlvssenen Konvention zum Schutze deS
industriellen Eigentums, die Konventionen betrefsind den Schutz des
unterseeischen Kabels und betreffend den internationalen Telegraphentarif.
Endlich wurde die von dem Unterrichtsminister eingebrachte Vorlage über
die Gründung einer Vorbereitungsschule genehmigt.
Türkei.
Es verdient jedenfalls Beachtung, daß die türkische Regierung
trotz ihrer neuerdings beginnenden finonziellen Verlegenheiten in
ihren militärischen Rüstungen ketne Stockung eintreten läßt.
Die Demobilisterung des Landheeres bezog sich bis jetzt nur auf
die Reserven, während der Stand der Nizams keine Verringerung:
erfuhr. Daneben werden die Befestigungsarbeiten an den Uferrr
bes Bosporus und die maritimen Rüstungen eifrrg fortgesetzt. Zn
ersterer Beziehung wird die Anlage von zwei Forts am Emgange
des Bosporus in Ausstcht genommen, deren Fundamentierung im
offen.'n Meere mittelst Caiffons erfolgen soll, während bezüglich
der Vermehrung des Flottenmaterials Unterhandlungen wegen
Ankaufs eines eisernen Panzerschiffes und eines schnellsegelnden
Kreuzers in England im Zuge stnd. Auch sollen in Deutschland
zehn neue Torpedoboote bestellt werden. Jm Arsenal wird
rüstig an der Herstellung dreier Torpedoboote nach dem Modelle
des kürzlich in Deutschland angekauften gearbeitet.
Die Cholersgefahr.
" Wie«, 2. Aug, abends. (Telegramm.) Von gestern mittag bi«
heute mittag sind in Fiume 8 Personen an der Cholera erkranki und
2 gestorben, in Triest 6 erkrankt und keine gestorben.
Das Heidelberger Jnbiläum.
Vorbrreitungen zum Feste.
Hridelberg. 31. Juli. Der heutige Tag hat grvße Fortschritte in
der Ausschmückang der Stadt gsbracht, vbgleich der strömende Regen
mehrmal» eine Unterbrechung der Ardeiten herschie. Jn den regensreien
Nachmittagsstunden von etwa 3 bis 6 Uhr herrschte ein Getriebe in den
Straßen, »on dessin Lebhaflizkeit man sich nicht leicht einen zu hohen
B-griff machen kann. Die Zahl orr dereit» angekommenen Festtstlnehmer
ist offenbar'sehr grvß, doch find auch biejenigen Fremven, welche nicht
ausschließlich der Jubelferer wegen hier weilen, ungemein stark vertreten.
Auf dem Schloffe traf man ganze Züge von Engländern, ebenso fehlt
es nicht an norddeutschen Herren- und Damengesellschaften. Jn der engen
Hauptstraße war vielsach der Verkehr so lebhaft, daß die mit der Aus-
schmückung beschäftigten Leute in ihrer Thätigkeit gestört wurden, während
sie umgekehrt mit rhren langen Lettern und Fahnenstangen ven Vorüber-
gehenden arg in die Luere kamen. Der Schmuck, der sich noch gestern
fast ausschließlich auf die öffentlichen Gebäude beschränkle, hat fich nuw
selbst bis zu den unansehnlichsten HLusern in den sernsten Straßen
ausgebreitet. Einen Vorteil hahen die engen Gassen: der Schmuck wirkt
entschieden bedeutender, als in breiten, sreien Straßen; die Fahnen
scheinen von rechts und link» ineinander zu flattern, das Grün von
beiden Seiien wirkt als ein unzertrennliches Ganze, ein Eindruck, der
sich dadurch erhöht, daß nicht selten Guirlantengcwinde sich über die
Straße von Haus zu Haus hinüberschlingen. Wo es der Raum gestattet,
sind Ftchten- und Birkenalleen angelegt, sodaß man an manchen Stellen
von den Häusern kaum noch etwas entoeckt. Von Farben ist, wie wohl
selbstverftändlich, nsben dem badischen Rot-Gvld das deutsche Schwarz-
Weiß-Rot am meisten zu sehen. Daneben sällt eine wunderliche Farben-
zusammenstellung auf, nach ceren Bed-utung man svfort fragt. Jm ersten
Augenblick glaubt man sich nämlich in die selige Bundestagszeit versetzt,
wenn man das vrele Schwarz-Rol-Gold erblickt, steht man jedoch näher
zu, so atmet man erletchtert aus, es sind ketne alten bundestäglichen
Reminiszenzen, welche die Heidelberger um ihre Giebel pflanzen, es find
nur die Farben der eigencn geliebten Stadt. Heidelberg» Farben find
schwarz-rot-gold-grün. Sind wir gerade bei den Wahrzeichen der Jubel-
stadt, so sei auch das H-idelberger Wappen erwähnt; es ist ein Löwe, der
über drei grünen Hügeln steht. Die Hügel sollen die höchsten Berge der
nächsten Umgebung vorstellen, also den Königsstuhl, den Gaisberg und
den Heiligenderg, sodaß die Deutung des Wapp-ns wohl wäre: der
pfälzische Löwe steht schützend über der Stabt Heidelberg. Das Rathau»
hat nunmehr seinen Schmuck vollendet und sieht wirkltch großartig aus.
Eine mächlige Veranda, aus vier grünumwundenen Säulen ruhend, ist
über dem Hauplportal errichtet. Rechls an der Veranba befindet sich das
Heideiberger, links das Manvheimer Wappen, dazwischen das große
badische Wappen, unter welchem man die Jnlchrtft leest:
Es steht die» Haus in Gottcs Hand
Und treu zu Fürst und Vaterland.
Jn gleicher Höhe mit diesem Spruch stnd rechts und links unter den
F-nstern des Hauses die dornehmsten Bürgertugenden in großen Buch-
staben aufgezeichnet: Gerechtigkeit, Thatkraft, Gemeinsinn, Treue, Gottes-
surcht, Mildthätigkeit. Hoch oben am Hause herrscht ein gewaltiger
Reichsadler, tem als dienende Glieder die klrineren Wappen der be-
deutendsten badischen Städte (außer Heidelberg und Mannheim) zur
Seite stehsn. Die freien Felder zwischen tem ersten und zweiten Slock
nehmen die Medaikonbilder der bekanntesten Kurfürsten ein. Mannig-
saltige Farbenverzieruna, die hinzutrttt, ergänzt das Aussehen des Hause»
zu schönem Reichtum. Der alte Riesenbrunnen vor dem Rathaus
hat neue Farben erbalten. Auch hat man dem griesgrämigen, keulen-
dewehrten Gesellen, der den Brunnen behütet, eine anmutige Begleitung
gegeben. Vier niedliche Nixen sind in das große Wasserbscken einlogiert
worden. Rewt natürlich sttz n ste in ihrem Element, Schils wächst ihnen
über die zurückgebogeuen Schultern, die Lerber erheben fich spielend aus
dem Wasser, die Hände erheben Muscheln, deren klaren Trank die fiöh-
liche Schar dem Riesen wetteisernd entgegenzureichen scheinl. Di: delebte
Seene ist recht vriginell. Jm Schlosse sind die Vorbereitungen sür
das Kest des Dienstag Abend schon sehr weit gediehen. Die Innen-
räume, Schloßhof und Stückgarten stnd scit dem heutigen Tage für das
Publikum abgesperrt uno werden erst am Mittwoch dem allaemeinen
Zutrilt wieder geöffnet werden. Das Bandhaus ist ;u einem Festraum
umgeschafsin, im Schlvßhof stnd großarttge Beleuchtungsvvrrichtungen
getressen, im Stückgarten sind zwei Pavillons und lange Reihen don
Tischen und Bänken erstanden. Die Brücke über den Schloßgraben
trägt auf beiden Seiten dichte Kolonnen von Fahnenstangen. Die Fahnen
hat nian hier, wte auf dem Schlvßaltan, zum Glück noch nicht auf-
gezogen, sonst hätten sie wahrscheinlich da» gleiche Schicksal erlitten, Wi«
die gro. en Flaggen der Heiliggeistlirche, welche gestern abeod vom Sturm
arg mitgenommen wordrn stnd. Die Fahne, welche von ber höchsten
Spitze herniederwrhte, hängt zerriffen um den Thurm, mehrere andere
Flaggen liegen als Frtzen aus dem Kirchendach. Zwischen 6 und 7 Uhr
-eute abend kam wieder ein gewaltiger Regen, ter jetoch bald nachlteß.
Gleich daraus war auch wieder das alte Leden in ben Straßen hergestellt.
Jn den Läden -errscht der regste Verkehr, namentlich in den Papterläden,
wo Wappen, Rosetten, Fähnchen u. s w. noch iminer eisrig gefucht
werden. Uberall sieht man Dinge, die sich aus da» Jubiläum beziehen.
Da» große Faß in klein-r Gestalt si-ht man als Bowle, in noch kleinerer
als Feuerzeug, die Festschristen und Festgaben aller Art treten einem auf
Schritt und Tntt entgegen, Bilder von Scheffel, seine Schristen, sein
Festlieb, Bilder de» Großherzogs, des Erbzroßherzogs, Jubiläums-Denk-
münzen vrrschiedener Art und viele andere Gegenstände feffeln an hundert
Läden die Äusmerksamkeit der Vorübergehenden. Die Jnschriften, die
Wilaquell im Mondlichte schimmerte. Geheimnisvoll aus dem
Felsengrunde geboren, trat er nur einmal zu Tage, blickte nur
einmal auf zum Licht, um dann wieder in unterirdischen Klüften
zu verschwinden, und doch war sein kurzer Lauf ein Segen für
jeden, der ihm nahte. Auch hier hatte er ein kurzes, nur
minutenlanges Glück gegeben, das nur einmal leuchtend aufblitzte,
und nun tn Trennung und Tod enden svllte, aber es wog doch
ein ganzes Leben auf.
Noch immer kämpften jene unsichtbaren Heere in den Lüften,
noch immer klangen ihre Stimmen höhnend und drohend herab
und sangen das wilde Lied von Verderben und Vernichtung.
Danira war vertraut mit dcn Sagen ihrer Heimat, sie verstand
dies Drohen dcs Sturmes und wie zur Antwort richtete sis das
Haupt empor.
„Vergebens! Jch laffe mich nicht mehr zurückhalten! Wenn
ich den Verrat begehe, fo habe ich mir auch selbst das Urteil
gesprochen und Marco wird es erbarmungslos vollziehen, es müßte
denn Gott selbst vom Himmsl niedersteigcn und Gnade verkünden.
Du sollst gerettet sein, Gerald, ich weide, was ich dir versprach
— der Preis deines Lebens!"
Sie trat dcn Wcg an und durch die sturmumbrauste, mond-
beglänzte Felsenöde eilte ste dahin — zur Rettung. (Forts. folgt.)
Kleiue Mitteilungen.
'Zum Wetter in der Schweiz in dusem unbeständigen Sommer
wird uns aus Enxelberg, 1. Aug., geschrieben: Das Wetter im ge-
lobten Engelberger Thale war in derxangener Woche recht wechselvoll.
Nach längerem Hin- und Herwoaen der Woikenschichten gab es zu An-
fang unter Gewittererscheinungen schweren Regen mit fallender Temperatur
bi» Dienstag. Erst Mittwoch kam Ausklärung und Donnerstag ständiger
Sonnenschein, ter ten Freitag üder anhielt und die weitesten GebirgS-
partieen gestattete. Jn der Nacht zum Sonnabend setzte da» Wetter
wieder um und blieb regnerisch bis heute früh. Trotz dieses Wechsel»
hält dte Fremdenschar tapfer Stand und neue Zuzügler beweisen, daß
die Anziehungskrafl des Kurorts fich unter allen Umständen bewährt.
Wer in den zahlteichen Gasthäusern und Pensionen kein Unterkommen
findet, wird in den noch zahlreicheren Privathäusern untergsbracht. E»
mögen über 1000 Fremde sich z. Z. hier aushalten, namentlich ist Nord-
deutschland stark vertreten. Der Engländer giebt es weniger al» an
andern Orten, und doch haden sie ihr eigenes Gotteshaus, eine unweit
des Hötel Tiflr» gelegene kleine Holzkapelle. Die katholischen Deutschen
erbauen fich bei herrlichem Orgelspiel in ber Airche der Benediktiner-Adtei.
Die Evangelischen warten aus ihr prvjektiertes Kirchlein und versawmeln
stch Scnntags im Hotel Svnneberg zu recht erbaulichem Gottesdienst.
Dom Rigi schreibt man der Trierischen Zeitung unterm 30. Juli:
Frischgefallener Schnee am 27. Julil Und zwar nicht in Grön-
land, sondern recht eigentlich im Herzen Europas, in der Schtvetz, das
war so eine Uberraschung, welche die heurigen HochgebirgSbesucher gratis
mit in den Kaus bekamen Der Schnee erstreckte stch sreilich nicht in
die tief gelegenen Thäler, aber er hatte dvch eine stattliche Reihe von
Bergen mit einem das Auge des erstaunten Beschauers überraschenden
prächtig-glänzenden Gewand geschmückt, welche sehr, sehr weit unter der
„ewigen" Schneegrenze bleiben. Sind schon in ganz normalen Zeit»
läuften die Temperaturunterschiede in der Schweiz unglaublich große,
sv daß man an ein und demselben Tage vor Hitze und Durst verschmachten
zu müffen glaudt, um abends, sobald die Sonne hinter einem der zahl-
losen Bergriesen verschwunden ist, vor Kälte zu schnattern und in Er-
gänzung der meist unzureichenden llberkleider, Plaids rc. mit der größten
Dankbaikett eine rauhe und nicht ganz staubfreie Pferdedecke in Empfang
zu nehmen, die ein mitleidiger, mit den Sprüngen seiner heimatlichen
Lust vertrauter Kulscher anbietet, so hat der bisherige Svmmer dieses
Jahres auch noch sür besondere Abweichungen größeren Stils gesorgt,
welche Touristen wie dte Wirte gleichmäßig in Verlegenheit setzten. Aus
einc afrikanische Hitze, die, wie aus den Blältern heivorgeht, leider in
Deutschland eine große Anzahl schwerer Gewitter mit verheerenden Er-
scheinungen im Gesolge hatte, kam in der Schweiz eine so radikale
Abkühlung, daß der oben erwähnte Schneefall eintrat, das Thermvmeter
mittagS um 12 Uhr auf 3sir" 1i. stand und die Gastzimmer in allen
höher gelegenen Wirtshäusern und Pensionen geheizt werden mußten.
Die unheimliche Kälte hielt 48 Stunden vor und als dann wieder ein
Stückchen blauen Himmels zum Vorschein kam, freute man sich, wie bei
Frühjahrseintrttt. Jetzt brennt die Sonne wieder in sommerlicher Glut,
ein Gewitter kann gar nicht ausbleiben und dann mag das Spiel von
vvrne beginnen. Daß es so weit von der Natur getrieben wird, wie
heuer, ist allerding» eine Seltenheit.
Der Müncheuer Niesentrunk für den Fürste« BiSmarck.
Am Samstag abend wurde der Reichskanzler in München durch eine
eigenartige Deputativn überrascht. Die Münchener Neuesten Nachrichten
berichten darüber: Jn einer hiefigen Künstlergesellschast war man aus
die Idee gekommen, dem eisernen Kanzler einen improvisierten „Will-
kvmmen" zu senden. Flugs wurde die Riesenpitsche aus Zinn, ein
uralter Zunstpvkal, der gut seine zehn Liter saßt, mit Gerstensast gesüllt
und an den Henkel ein mit Tannenreis bekränzter Zettel gehängt des
Jnhalts: „Da unser Kanzler jüngst erklärt, daß auch sein Meiter in
denselben Krets gehört als wie Frau Musika, Malerei und Pvesie, denn
„Kunst, nicht Wiffenschast sei Diplvmalie", — so haben wir alle, die
sich der Kunst besteißen, den großen Kollegen willkommen zu heißen."
Der also geschmückte „Riesentrunk" wurde sofort in kleiner Deputation
(ohne Cylinde« und Glacel) nach dem preußischen Gesandtschaftshvtel
verbracht. Der Portier war nicht wenig verwunbert über den seltsamen
-Auszug und das wunderliche Gesäß, üm solche Zeit (es war 10 Uhr
dis Abends), aber nach pflichtschuldiger Meldung wurden die Herren
zum Kanzler geführt, der sich samt seiner Gesellschast über den guten
Einsall und die schlichte, von Herzen kommende Ehrung lebhaft freute.
Nur eine» betauerte er sehr: „baß ihm sein Arzt nicht erlaube, auch
seinerseits dem Wtllkommen volle Ehre anzuthun und die ganze Kanne
auSzutrinken." Er trank aber daraus wiederholt und die anderen halsen
ihm und al» die Ehrenboten zu ihren erwartungsvoll harrenden Zech-
genvssen in die Knetpe zurückgekehrt waren, da wurde selbige Nacht
selbtge Pitsche noch de» österen gefüllt und geleert aus das Wohl des
„eisernen KanzlerS," deffen Namen st- nun sür immer sühren wird.
Wenn das der alte deutsche Zinngteßermeister, ter vor dreihundert Jahren
den Krug gegoffen, geahnt hätte l
LiSzt ta Berltn 1842. Darüber schreibt die Neue Preußische.
Zeitung: Schon eine europäische Berühmtheit, kam er 1842 zum ersten
Male nach Berlin, und mit etnem Schlage wurde er hier der „geseterte
Mann des Tages". Der Glanz seimr Erfolge stellte alles in Schatten,
wie wir aus eigener Erinnerung bezeugen können, und wie viele große
Virtuosen-Ersolge wir auch nachber in Berlin noch erlebt haben: keiner
kann sich mtt dem damaligen LiSzts messen. Auch Ludwig Rellstab,
damals ein kritisches Orakel für das nmsikalische Berlin, hat über das
Abschieds - Kvnzert Liszts im Opernhaus (2. März 1842) geschrieben:
„Selbst die glänzemsten Beispiele im Bereich unserer Erinnerungen über
dte Erfolge einer großen Virtuosen- oder Kunsterscheinung überhaupt
reichen nicht an diesen Grad der öffentlichen Teilnahme. Eine Eatalani
erfüllte im Jahre 1816 siebenmal den Konzertsal des abgebrannten
Schauspielhauses und einmal dte Garnisonkirche; Paganini trat in
ungleich längerem Zwtschenraume als Liszt zwölsmal auf. Liszt aber
ließ stch nach zehn übersüllten Konzerten in dem Saale der Sing-
Akademie, bte er sast ganz allein durch sein Talent trug, nach sechs,
teils für andere Künstler, teils zu wohlthätigen Zwecken veranstalteten,
die in verschiedenen anderen Lokalen stattsanden, Liszt ließ stch in
zwanzig öffentlichen Konzerten während einer Zeit von wenig über zwei
Monaten hören- Nicht zu gedenken, wie oft er vor Versammluvgen
gespielt hat, die an Zahl der Hörer öffentlichen Konzerten wenig nachstanden."
Frau Frieb-Blumaner j-, Wie Euterpe über ihren Liebltng Franz
Liszt, so trauert Melpomene über ihren Schühling Frieb-Blumauer, welcher
ebenfalls am 31. Julr vvn diesem Leben gbderufen'wurde; die darstellende
Kunst hat mit ihr eine ihree würdigsten Vertreterinnen verloren. Frau
Frieb-Blumauer war 1818 in Stuttgart geboren, woselbst ihre Eltern
dem dortigen Hostheater angehörten. Fräülein Blumauer wurbe für die
Oper bestimmt und trat nach ihrer AuSbildung, welche sie am Prager
Konservatorium erfahren, zunächst in Köln, dann in Aachen und anderen
Städten als Sängerin aus. Eine eigene Leidenschast für die darstellende
Kunst veranlaßte die Sängerin jedoch, stch dem recitirenden Drama zu
widmen und zumSchauspielüberzugehen. An derBerliner Hofbühne
fand ihrc geniale Wiedergabe sowohl der tragischen wie der sein- und
derbkomischen Rollen die richtige Würdigung. Feau Blumauer ist diesem
Jnstitute 36 Jahre lang treu geblieben; nur der Tod konnte ste von
der geliebten Heimstätte ihrer Kunst trennen.
Über bie deutschen evangeltscheu Gemeinden SpanienS
sprach am letzten Sonntag in Berlin Pastor Rüter (srüher in Altenborf
bei Effen) von der evangelilchen Gemeinde in Barcelona im Saale des
evangelischen Vereinshauses Oranienstraße 106. Dte Kreuzzcitung be-
richtet darüber: Unter den wenigen Zuhörern bekand sich der Geh.
Regrerungsrat vom Kultusministerium Graf Bernstorff. Der Vortragende
schilderte bie Zustände ber evangelischen Gemetnden in Spanien, ins-
besvnbere derjenigen in Barcelona mit düsteren Farben. Aus Mangel
an Mitteln sei die Seelsorg- unier den dortigen Deutschen überaus er-
schwert. Auch das gvttesdienstliche Lvkal set in keiner Wetse auSretchend.
Dte sich inimer dringender als notwendig erweisende EinrichMng einer
deutschen evangelischen Schule in Barcelona könne ebenfalls wegen Armut
der Gemeinde nicht ins Werk gesetzt werden. Unter solchen Umständen
habe er (der Redner) sast schon entmutigt die Hände sinken lassen und
seinen Platz in der Diaspora aufgeben wollen. Der sreundliche Zuspruch
de« Pastors Fliedners in Madrid und das Gebet habe ihn aber wieder
aufgerichtet; jetzt sei er nach Deutschland und nach der Reichshauptstadt
gekommen, um sowobl Fühlung mit der preußischen Landeskirche zu ge-
winnen, als auch den evangelischen Christen der Hauptstadt und des
LandeS die Not der Brüder auf der iberischen Halbinsel an» Herz zu
legen und ihre Hülfo zu erbittrn. — Die Kollekte am Ausgange ergab
«inen mit Rückstcht aus die geringe Zahl der Anwesenden reicken Ertrag.
Eine Gefteinarl von besonderer Schvnheit — so wird der
Neucn Zürtcher Zeitung au« Luzern mitgeteilt — wird seit einiger Zeit
am Gvtthard gebrochen. Dieselbe wird von fachmännischer Seite als
eine seltene Vanetät von amphibolhaltigem, äußerst widerstandSfähigem
Serpentin bezeichnet, der sich für technischs und Kunstzwecke weit
beffer eignen soll, als j-de» bi« jetzt in der Schweiz bekannt gewordene
Gestein. Der Stein ist von grüner Färbung, mit Abstusungen zwischen
hell- bts dunkelgrün, und zeigt geschlisfen außerordentlich hübsche Zeich-
nungen. Er ist bedeutend härter als Marmor. WähiiNd der Marmor,
der Witterung ausgesttzt, den Glanz der Politur bald verliert, zeigen
! aus Gotthard-Serpentin gefertigte und vor mehr al« Jahresfrist aus-
gestellte Grabmonumente noch keinerlet Veränderung.
Verhaftuug «ine» Afrikareisenden. Der Hamb Korr.
berichtet aus Hamburg: Verschiedener Betrügereien beschuldigl, ist der
Afrikareisende Lieutenant Siegm. Jsrael ver-aftet worden. Unter dem
Vorgeben, im Dienste der Kongvgesellschasi zu stehen, soll der Verhastete
hier bedsutende Bestellungen tn Schirmen und arideren Waren, die an-
geblich sür Asrika bestimmt waren, gemacht und die Lteferanten durch die
Vorspiegelung, daß Ler Betrag für diese Liefe>'unzen in Brüffel zur
Auszahlung gelangen werde, getäuscht haben. Auch haben stch Zweife!
erhoben, vb «r wirklich die von ihm bebaupteken Reisen gemacht, und e»
ist baher von auswärtigen Zeitungsridaktionen die Brschuloigung erlwben
worden, er habe sie durch seine angeblich authentischen Berichle gsläuscht
uno zu Hvnorarzahlungcn veranlaßt, bie fi« andernsalls nicht gemacht
haben würden. Thatsache ist, daß sich die Familte deS Verhafteten, der
trotz seiner Jugend ber-its ein beweztes Leben geführt, seil einiger Zeit
Vvllständig von thm losgesagt hatte; inwieweit aber die gegenl ihn
erhobenen Beschuldigungen begründet stnd, wird die eiftqeleitete Unter-
suchung zu ergeben haben.
Hitz« in Nordamerika. Unter der Ausschrist: „Ein Samum
in Dakota", erzählt die Newyorker StaatSzeitung folgendes: Nebraska,
Dakota, Minnesota, Jowa und Montana haben seit oem 1. Jult
anhaltend trockene Hitze, welche melkwürdiger Weise in Dakota den
höchsten Stand erreicht hat. Am letzten Dienstag Morgen gegen 4 Uhr
wurde in Ashton im mittleren Dakota, in Pierre und anderen Orten
am Missouri im südlichen Teile des Lerrrlorium« ein ganz rätselhafter,
starker Glutwinb verspürt, der von über halbstünoiger Dauer war und
als ein wahrer Samum beschrieben wird. Eine Schilderung de» selt-
samen Naturereigniffe» aus Ashton lautet folgendermaßen: „Heute morgen
um 4 Uhr wurden dic Leute durch ein Gerausch wie Sturmgebraus und
eine erstickende Hitze aus dem Schlaf geweckt. Beim Offnen der Thür
schlug einem eine Gluthttze wie au» dem Backosen enlgegen. Jm
Südwesten, von wo d:r heiße Wind kam, hingen schwere, dunkle Wolken,
und man fürchtete die Ankunft eines Tornados. Biele Leut- flüchtcten
tn die Keller. Manche Eltern meinten beim Grwachcn, als fie die
plötzliche Hitze fühlten, es brenne, und sie eilten mit lhren Kinwrn hinaus,
nur um es auf der Straße noch heißer zu finden. Der Glutwind dauerte
zum Glück nur 30 Mtnuten. Hätte dieser Wind cinige Stunden
angehalken, so würde wabrscheinlich alles Pflanzenleben vernichtet worden
sein, und es wird svgar bezweifelt, vd Menschen und Thiere dies hätten
aushalten könn:n. Äm allgemeinen sind die Nächte hter sehr kühl, desto
unbegreiflicher erscheint jsner nächtliche Glutwind."
Der Artikel über Elisabeth Ney, welcher an di-s-r Stelle in
der letzten Sonntagsnummer veröfsentlicht woroen ist, beruhte, so weit
er nicht Originalmitteilung der „Rheinisch-Westsälischen Zeitung" war,
nicht auf Angaben des Braunschweigischen Tageblatt, sondern ver Braun-
schwetgischen Landeszeitung-
Litteratur.
PreuKische Iahrbücher. Herausgegeben von H. v. Treitschke unv
H. Delbrück Achtundfünfzigster Band. Zweite» Hest. August 1836.
Inhalt: Das erst« Jahrhundert seit Friedrichs Tod. (Konstantin
Rößler.) Beyschlags Leben Jesu. (H- Scholz.) Kant, Lambert und die
Laplacesche Theorie. (A. Döring.) Ter Geschichtsschreiber Johannes
von Müller unv Friedrtch der Große. (H. Uimann.) Die Knst» in
England. (—1..) Autorrecht ohne Nachbruckverbot. (Leop. H. Niüller.)
Politische Korrespondenz: Ein schridendis Geschlecht. - Die Neuwahl de»
Unterhauses und Ler Mintsterwechsel in Gngland. - Die auswättige
Konstellation und die Ministerzusammenkunft in Kissingen. ) - Nvtizen»