Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Unverzagt, Wilhelm
Terra sigillata mit Raedchenverzierung — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 3: Frankfurt/​M., 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43353#0015
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11

und der Donau. Dieser Export der ostgallischen Manufakturen nach den Truppenlagern der Reichs-
grenze wird schon von der Mitte des 2. Jahrhunderts ab in steigendem Maße durch neugegründete
Sigillatatöpfereien eingeschränkt, die näher am Absatzgebiet liegen und ‘schließlich die Ver-
sorgung der Rhein-, Main- und Donaugebiete allein beherrschen: Trier, Heiligenberg, Itten-
weiler, Blickweiler, Eschweiler Hof und zuletzt Rheinzabern. Trotz dieser Verdrängung von
dem wichtigen germanischen Markt entwickeln sich die Argonnentöpfereien ununterbrochen
weiter. Nach den im XIII. Bande der lateinischen Inschriften aufgeführten Fundstellen gesicherter
Töpferstempel von Lavoye, Avocourt u. a. gewinnt man den Eindruck, daß diese Manufakturen
weiter nach Nordfrankreich und Belgien bis nach Holland hin exportieren. Ganz vereinzelt
gelangen trotz der Konkurrenz von Trier und der obergermanischen Sigillataindustrie Fabrikate
aus Ostgallien auch einmal an die äußere Limeslinie1). Nach der Eroberung des rechten
Rheinufers durch die Germanen um 260 n. Chr. verlieren Trier und Rheinzabern den größten
und wichtigsten Teil ihres Absatzgebietes und damit die Basis ihrer Existenz. In dem gleichen
Maße, wie diese zurückgehen, treten die Argonnentöpfereien in der zweiten Hälfte des 3. Jahr-
hunderts n. Chr. wieder hervor, um im 4. Jahrhundert die Versorgung Nordgalliens einschließ-
lich der Rheingrenze und der benachbarten Teile Raetiens von neuem zu übernehmen. Noch
während der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts wird in den Argonnen Terrasigillatageschirr
hergestellt, bis dieses durch die immer stärker werdende Germanisierung auch der inneren Belgica
allmählich außer Mode kommt und die Töpfer sich dem Geschmack der neuen Herren des Landes
anpassen2) (s. u. S. 41).

II. Die Gefäßformen.
Bis jetzt ließen sich in Museen und aus literarischen Quellen rund 490 Terrasigillata-
gefäße mit Rädchenverzierung ermitteln, wobei die große Zahl der Rand- und Bodenstücke mit
gar keinen oder nur geringen Resten des Ornamentes nicht mitgezählt ist. Von diesen 490 Ge-
fäßen sind in dem Musterverzeichnis am Schluß der Arbeit rund 350 berücksichtigt, die im
Original studiert und aufgenommen werden konnten. Davon entfallen 339 auf Schalen
(Taf. I Typ. 1—9), 5 auf Tassen (Taf. I Typ. 10—12), 3 auf Teller (Taf. I Typ. 13, 14)
und 4 auf verschiedene Gefäßformen. Die Schale bildet demnach die eigentliche
Hauptform der Sigillata mit Rädchenverzierung, daneben scheint man aber durch Zusammen-
stellung von Schale, Teller und Tasse auch ein rädchenverziertes Service in den
Handel gebracht zu haben.
1. Halbkugelige Schale mit rundstabähnlicher Bandlippe
(= Alzei Typus 1). Taf. I Typus 1—93). Von einem ringförmigen Standboden erhebt
sich mit gleichmäßiger Rundung (Typus 4) oder mehr oder weniger scharfem Bauchknick (Typus
6—-8) die Gefäßwand, die nach oben hin durch eine wulstige rundstabartige Bandlippe ihren
Abschluß erhält. Der untere Teil ist mit dem Ornament gleichmäßig überzogen und von dem
glatten Rand meist durch eine kräftige Rille getrennt. Am aufrechtstehenden Gefäß ist von
dem Ornament kaum etwas zu sehen, die Verzierung kommt erst zur Geltung, wenn man das
P Vgl. z. B. die Stempel IASSVS aus Avocourt und MASTRM aus Les Allieux in Mainhardt [der
letztere fehlt im ORL; vgl. CIL XIII 10010, 1303c] und Öhringen.
2) Über merovingische Funde in Lavoye s. d. Bemerkung Forrers a. a. O. S. 226/27, Anm. 1.
3) Den Typenzeichnungen der Schalen auf Tafel I, 1 —9 sind folgende Gefäße zugrunde gelegt:
1 (Schale m. Muster 81) Fo. Mainz, Gartenfeld, Städt. Mus. Mainz Inv. 3. XI. 94; 2 (Schale m. Muster 48) Fo. Bonn,
Reuterweg, Mus. Bonn A 887; 3 (Schale m. Muster 158) Fo. Bellheim, Mus. Speier 334; 4 (Schale m. Muster 63)
Fo. Coblenz, Mus. Coblenz 1292; 5 (Schalenbruchstück m. Muster 160) Fo. Trier, Thermen, Mus. Trier; 6 (Schalen-
bruchstück m. Muster 174) Fo. Trier, Thermen, Mus. Trier 8560; 7 (Schale m. Muster 81) Fo. Bellheim, Mus. Speier
334; 8 (Schale m. Muster 93) Fo. Bonner Gegend?, Mus. Bonn 13564; 9 (Schale m. Muster 139) Fo. Andernach,
Mus. Andernach 341.
 
Annotationen