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Unverzagt, Wilhelm
Terra sigillata mit Raedchenverzierung — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 3: Frankfurt/​M., 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.43353#0022
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umfanges ist leicht durch die Länge des auf dem Gefäß sich immer wiederholenden Musters
festzustellen. Sie schwankt zwischen 5,5 und 11cm. Daraus läßt sich der Durchmesser der Scheibe
auf 2—4 cm etwa berechnen. Wahrscheinlich drehte sich die Scheibe mittels einer Achse
zwischen den Enden einer gabelförmigen Handhabe. Das in Abb. 20 no. 1 dargestellte Rädchen
zeigt die Rekonstruktion, die bei den praktischen Versuchen benutzt worden ist. Eine ähnliche
Bauart besitzt das S. 17 Anm. 1 beschriebene Zahnrädchen aus Selz.
Möglich, aber weniger wahrscheinlich wäre auch, daß die Scheibe von
Daumen- und Zeigefingerspitze gehalten wurde, die in rundliche Ver-
tiefungen auf beiden Seiten dieser Scheibe eingriffen (Abb. 20, no. 2).
Auch für diese Art gibt es unter den Zahnrädchen eine Parallele, die aus
den Töpfereien von Lezoux stammt1). Noch näher kommt den hier
behandelten das Rädchen Abb. 20 no. 3 ebenfalls aus Lezoux 2),
das dazu diente,, den Eierstab bei Reliefschüsseln der Form Drag. 37
nebst einer darunter liegenden Perlreihe herzustellen.
Das Material, aus dem die Rädchen hergestellt waren,
wird je nach der Ausführung verschiedener Art gewesen sein. Am
nächstliegenden ist es, an Stein oder gebrannten T o n zu denken,
an Scherben z. B., die man kreisrund zuschliff und dann auf dem
Rande verzierte. In ähnlicher Weise stellten die Töpfer der frühen
und mittleren Kaiserzeit ihre Namenstempel aus bearbeiteten Ton-
scherben her. Auch die Matrizen, mit denen die Reliefs der Bilder-
schüsseln Form Drag. 37 ausgedrückt wurden, waren aus Ton
Abb. 20. Ornamentierrädchen. . .
ii.3:4. verfertigt. Holz scheint für die römische Spätzeit, das 4. Jahr¬
hundert n. Chr., kaum in Betracht zu kommen, dagegen weist
die Ausführung einzelner Rädchen aus merovingischer Zeit darauf hin, daß sie vielleicht aus
Holz bestanden haben (s. z. B. Abb. 30 no. 10 u. 11). Wieder andere Muster sind dagegen so
fein und zart ausgeführt, daß sie eigentlich nur mit Metall (Bronze)-Rädchen hervorgebracht
sein können (s. z. B. Nr. 168, 169, 181, 182). Als letztes der hier in Frage kommenden Materialien
dürfte Bein herangezogen werden, dessen vielseitige Verwendung gerade im ausgehenden Alter-
tum ihren Höhepunkt erreicht. Mit Sicherheit läßt sich vorerst noch nichts darüber entscheiden,
bevor einmal größere Grabungen in den Töpfereien stattgefunden haben, oder der Zufall ein
Originalrädchen an den Tag bringt.


IV. Die Rädchenmuster und ihre Motive.
Form und Wirkung der Verzierung auf der hier behandelten Sigillatagattung sind in
hohem Maße durch das technische Hilfsmittel, das Ornamentierrädchen, bedingt, das von vorne-
herein nur eine Komposition in Streifenform zuläßt (s. Abb. 21). Von Bedeutung ist
dabei die Art, wie man den betreffenden Zierstreifen ausfüllt. Mit Ausnahme weniger Nummern
weisen die auf den Tafeln II—VII gezeichneten Muster eine Einteilung in 7—11 möglichst
gleichgroße rechteckige Felder auf, von denen jedes einzelne in sich geschlossen ist.
Das für die Sigillata mit Rädchenverzierung typische Ornament besteht demnach in einer streifen-
förmigen Aneinanderreihung einzelner in sich geschlossener Felder. Nach der Art der Motive
dieser Felder lassen sich zwei Gruppen unterscheiden.

x) H. B 1 ü m n e r , Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern.
1879 Bd. II S. 112 fig. 26.
2) Edm. Tudot, Collection de figurines en argile, oeuvres premieres de l’art gaulois avec les noms des
ceramistes, qui les ont executees. Paris 1860 S. 51 fig. LXX.
 
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