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Urlichs, Carl Ludwig von
Die Glyptothek Seiner Majestät des Königs Ludwig I. von Bayern: nach ihrer Geschichte und ihrem Bestande — München, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.11056#0016
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seines Ruhms dem geliebten Fürsten und dem Vaterlande
hingegeben, aber das Opfer hat reiche Früchte getragen,
denn die Glyptothek, die Vasensammlung und die vereinig-
ten Sammlungen verdanken ihm die meisten und besten ihrer
Schätze, Schlechtes aber hat er freiwillig nie gekauft. Un-
bestechliche Redlichkeit, bescheidener Freimuth , peinliche
Ordnung und eine unbiegsame Zähigkeit, womit sich ein
warmes Herz für die nothleidenden Künstler vereinigte, wa-
ren die Eigenschaften des Menschen, Fleiss, Kenntniss, Ge-
schmack und ein durch Erfahrung sicheres Urtheil die Vor-
lüge des Kunstkenners, welche sein Fürst mit Achtung, An-
erkennung und herzlichem Wohlwollen belohnte. Mehr und
mehr überliess dieser sich seinem Urtheil, auch in Betreff
der neuen Kunstunternehmungen , vor allem über die beab-
sichtigten Käufe ; dagegen liess er ihm gelegentlich Geschenke,
Ehren und Stellen zukommen und sorgte auch für seine Be-
schäftigung als Künstler. Einem Winke, sich in der Fresco-
malerei zu üben, konnte Wagner nicht nachkommen; sein
grosses Oelgemälde Orpheus in der Unterwelt blieb unvoll-
endet stehen; aber seine plastischen Talente weckte und
begünstigte der Prinz durch die vermittelte Bestellung der
Reliefs zur Reitschule (1819), dusch die grosse Aufgabe des
Walhallafrieses und zuletzt noch durch die Arbeiten am
Siegesthor, nachdem er sie zuerst aus einer Zeichnung für
das Giebelfeld der Glyptothek ersehen hatte. Seine Briefe
aber gewährten ihm die grösste Lust: als Kronprinz nahm
er sie wohl mit auf einen hohen Berg bei Salzburg oder an
einen Wasserfall in Tyrol, um sie in der schönsten Umgeb-
ung zu lesen, und als König erfreute er sich daran in den
aufsteigenden Säulen der Glyptothek und im Schatten des
pompejanischen Hauses.

Als der Prinz in jenem Briefe ihm die Sorge für An-
schaffung alter Kunstwerke übertrug, war freilich die Gele-
genheit nicht mehr so günstig als einige Jahre vorher. Die
Sammlungen der Grossen, welche Wiuckelmann gesehen
hatte, bestanden grossentheils nicht mehr. Die Antiken der
Familie Borghese z. B. hatte Napoleon für Paris gekauft,
die aus den Häusern Farnese undMedici waren längst nach
Florenz und Neapel entführt worden, und noch neuerdings
war der Besitz der Familie Rondanini durch Erbschaft
zersplittert, der des Hauses Ruspoli und theilweise der Häu-
ser Colonna und Giustiniani in die Hände der Kunsthändler
gekommen. Dagegen hatten die Napoleoniden Kardinal
 
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