356 OH. Leben des florent. Bildhauers u. Baumeisters
wandelte sich in Lachen. ") Man erkennt hieran ") daß,
wenn die Menge durch ihr Geschrei den Namen irgend eines
Menschen höher erhebt als seine Arbeiten es verdienen, es
überaus schwer ist, sie, wenn auch mit den triftigsten
Gründen durch Worte zu bekämpfen, bis endlich die Werke
selbst ganz verschieden von jener vorgefaßten Meinung ihnen
offenbaren, was an dem so Hochgefeierten in Wahrheit sey.
Gewiß ist, daß die Menschen einander keinen größer» Scha-
den zufügen können als wenn sie durch vorzeitiges Lob die
Talente erheben, welche sich in irgend einem Berufe üben;
solches Lob erweckt Hochmuth und verhindert an weiterem
Fortschreiten; sehen die Gerühmten dann daß ihre Werke
b) Manche bestreiten diese Angabe und wellen beweisen Boccaccino sey
nie in Rom gewesen; allein Lanzi bemerkt treffend: „Die ganze Wi-
derlegung stützt sich auf die von Vasari angegebenen Zeiten, so daß
sich daraus nur ergeben würde, Boccaccino sey nicht zu einer Zeit
nach Rom gereist, wo er die Gemälde des Michel-Angiolo hätte tadeln
können. Allein bei gar vielen Geschichtsschreibern kommen dergleichen
Ungenauigkeiten in Betreff der Zeit, des Ortes und andrer Neben-
umstande vor, die sie mit einem von ihnen erzählten Ereignisse in
Verbindung bringen. Die alte Geschichte wimmelt von Fällen dieser
Art, und selbst die strengste Kritik wird, wenn nur sonst triftige
Umstände für die Richtigkeit der Hauptsache sprechen, diese nicht weg-
läugnen wollen, weil dieser oder jener Nebenumstand als unhaltbar
befunden wird. In uns-rm Falle berichtet der Verf., der dem Michel-
Angelo sehr wohl will, ein diesen sehr nahe angehendes Ereigniß,
welches ganz kurze Zeit vorher in Rom geschehen war, und so läßt
sich kaum annehmen, daß gar nichts Wahres an der Sache fty. Aller-
dings scheinen mir manche Nebenumstände wenig glaubhaft, und vor
allem finde ich die hämischen Bemerkungen zu tadeln, durch die Vasari
einen der besten unter den damals lebenden lombardischen Malern
' herabzusetzen sucht." Und, fügen wir hinzu, wenn Boccaccino ein
anmaßender Mensch und Verleumder war, so mußte der Geschichts-
schreiber den Menschen vom Künstler zu trennen verstehen, jenen
tadeln und diesen loben. (Neue flor. Aus.)
S) Dec nächstfolgende Satz bildet in der ersten Ausgabe den Anfang der
Biographie des Boccaccino.
wandelte sich in Lachen. ") Man erkennt hieran ") daß,
wenn die Menge durch ihr Geschrei den Namen irgend eines
Menschen höher erhebt als seine Arbeiten es verdienen, es
überaus schwer ist, sie, wenn auch mit den triftigsten
Gründen durch Worte zu bekämpfen, bis endlich die Werke
selbst ganz verschieden von jener vorgefaßten Meinung ihnen
offenbaren, was an dem so Hochgefeierten in Wahrheit sey.
Gewiß ist, daß die Menschen einander keinen größer» Scha-
den zufügen können als wenn sie durch vorzeitiges Lob die
Talente erheben, welche sich in irgend einem Berufe üben;
solches Lob erweckt Hochmuth und verhindert an weiterem
Fortschreiten; sehen die Gerühmten dann daß ihre Werke
b) Manche bestreiten diese Angabe und wellen beweisen Boccaccino sey
nie in Rom gewesen; allein Lanzi bemerkt treffend: „Die ganze Wi-
derlegung stützt sich auf die von Vasari angegebenen Zeiten, so daß
sich daraus nur ergeben würde, Boccaccino sey nicht zu einer Zeit
nach Rom gereist, wo er die Gemälde des Michel-Angiolo hätte tadeln
können. Allein bei gar vielen Geschichtsschreibern kommen dergleichen
Ungenauigkeiten in Betreff der Zeit, des Ortes und andrer Neben-
umstande vor, die sie mit einem von ihnen erzählten Ereignisse in
Verbindung bringen. Die alte Geschichte wimmelt von Fällen dieser
Art, und selbst die strengste Kritik wird, wenn nur sonst triftige
Umstände für die Richtigkeit der Hauptsache sprechen, diese nicht weg-
läugnen wollen, weil dieser oder jener Nebenumstand als unhaltbar
befunden wird. In uns-rm Falle berichtet der Verf., der dem Michel-
Angelo sehr wohl will, ein diesen sehr nahe angehendes Ereigniß,
welches ganz kurze Zeit vorher in Rom geschehen war, und so läßt
sich kaum annehmen, daß gar nichts Wahres an der Sache fty. Aller-
dings scheinen mir manche Nebenumstände wenig glaubhaft, und vor
allem finde ich die hämischen Bemerkungen zu tadeln, durch die Vasari
einen der besten unter den damals lebenden lombardischen Malern
' herabzusetzen sucht." Und, fügen wir hinzu, wenn Boccaccino ein
anmaßender Mensch und Verleumder war, so mußte der Geschichts-
schreiber den Menschen vom Künstler zu trennen verstehen, jenen
tadeln und diesen loben. (Neue flor. Aus.)
S) Dec nächstfolgende Satz bildet in der ersten Ausgabe den Anfang der
Biographie des Boccaccino.