schung des Hellenentums und des Barbaren-
tums eine neue Kultur mit asiatischen und afri-
kanischen Unterströmungen sich entwickelte, da
erhielt auch die plastische Kunst einen ganz
neuen Charakter. Nicht als wäre der attische
Geist ertötet worden. Er blieb als mächtigster
Kulturfaktor lebendig, aber er nahm Einflüsse
in sich auf, die der Vergangenheit völlig fremd
waren. Man denke an die vielen ehrgeizigen
Residenzen, an die Erweiterungen des politischen
Horizontes, an die Ausdehnung des Seeverkehrs,
an die Häufung bedeutsamer Ereignisse. Die
geistige Regsamkeit wurde unausgesetzt in
Atem gehalten, aber sie wurde nicht auf die
Probleme der Psyche gelenkt, sondern auf die
unzähligen Probleme, die von der physischen
Welt gestellt wurden: eine gelehrte, aber eine
naturwissenschaftlich gelehrte, Zeit brach an.
So begann man sich auch in einem neuen Sinn
mit dem menschlichen Körper zu beschäftigen.
Man beobachtete nicht nur die äußere Erschei-
nung, wie man es in den Gymnasien Athens
getan hatte, sondern man machte eingehende
anatomische Studien, und die Künstler freuten
sich, ihr so gewonnenes tieferes Wissen in Bild-
werken wiedergeben zu können.
Agasias aus Ephesos schuf in dieser Epoche
den Borghesischen Fechter, der — neben
die Athletenfiguren der Vergangenheit ge-
halten — fast wie ein anatomisches Präparat
wirkt. Der Körper ist aufs äußerste ange-
spannt, um das Spiel der Muskeln ganz zu ent-
fesseln. Selbst im Antlitz sprüht alles von mo-
mentanem Leben. Der Fechter ist in dem Mo-
mente dargestellt, da er mit der Linken den
Schild emporhebt, um sich gegen den Angriff
eines Reiters zu decken, während er mit dem
Schwerte von unten herauf gegen den Leib des
Pferdes ausholt. Es ist höchst charakteristisch,
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tums eine neue Kultur mit asiatischen und afri-
kanischen Unterströmungen sich entwickelte, da
erhielt auch die plastische Kunst einen ganz
neuen Charakter. Nicht als wäre der attische
Geist ertötet worden. Er blieb als mächtigster
Kulturfaktor lebendig, aber er nahm Einflüsse
in sich auf, die der Vergangenheit völlig fremd
waren. Man denke an die vielen ehrgeizigen
Residenzen, an die Erweiterungen des politischen
Horizontes, an die Ausdehnung des Seeverkehrs,
an die Häufung bedeutsamer Ereignisse. Die
geistige Regsamkeit wurde unausgesetzt in
Atem gehalten, aber sie wurde nicht auf die
Probleme der Psyche gelenkt, sondern auf die
unzähligen Probleme, die von der physischen
Welt gestellt wurden: eine gelehrte, aber eine
naturwissenschaftlich gelehrte, Zeit brach an.
So begann man sich auch in einem neuen Sinn
mit dem menschlichen Körper zu beschäftigen.
Man beobachtete nicht nur die äußere Erschei-
nung, wie man es in den Gymnasien Athens
getan hatte, sondern man machte eingehende
anatomische Studien, und die Künstler freuten
sich, ihr so gewonnenes tieferes Wissen in Bild-
werken wiedergeben zu können.
Agasias aus Ephesos schuf in dieser Epoche
den Borghesischen Fechter, der — neben
die Athletenfiguren der Vergangenheit ge-
halten — fast wie ein anatomisches Präparat
wirkt. Der Körper ist aufs äußerste ange-
spannt, um das Spiel der Muskeln ganz zu ent-
fesseln. Selbst im Antlitz sprüht alles von mo-
mentanem Leben. Der Fechter ist in dem Mo-
mente dargestellt, da er mit der Linken den
Schild emporhebt, um sich gegen den Angriff
eines Reiters zu decken, während er mit dem
Schwerte von unten herauf gegen den Leib des
Pferdes ausholt. Es ist höchst charakteristisch,
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