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Volkmann, Ludwig [Editor]
Die graphischen Künste der Gegenwart (Band 3): Das moderne Buch — Stuttgart, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37737#0191

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ZEITGEMÄSSE
SATZGESTALTUNG
VON CARL ERNST POESCHEL

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8■■■■ 8—8~ 8.8 : 8 ""'S 8 8 gavg-^ g—

IE Technik des Handsatjes ist heute noch dieselbe wie vor Zeiten.
Als Lehrling lernt der Setter ordnungsgemäß se^en und jeder Zünftige
weiß, daß unter technilch gutem Sa^ ein gleichmäßig ausgelchlossener
zu verliehen ist. Für die Handhabung des Auslchließens gibt es gute
alte Vorlchriften, die nur insoweit eine Ergänzung erfahren sollten
und bei Einlichtigen Ichon erfahren haben, daß man zur Vermeidung
unangenehmer Lücken in den Zeilen und weißer Rinnsale über die Seiten ziemlich
eng auslchließt. Besonders bei Ichmalen Schriften bedient man lieh des sogenannten
Rückwärtsauslchließens oder des Drittelsa^es. Sonst ist über das rein Handwerkliche
des Hand salbes nichts Heues zu Tagen.
Cr Kommen wir also zum Zweck unterer Ausführungen, festzustellen, wie eine gute
Druckseite lieh dem Leser darstellen soll. Das Belchauen eines Druckes kann, wenn
es nicht ganz ohne Eindruck bleibt, ein angenehmes oder ein unangenehmes Gefühl
auslösen. Man soll das erstere erreichen und beim Beschauer keine Unruhe, sondern
angenehme Ruhe hervorrufen. Dies erzielt man allein durch ein wohl abgewogenes
Verhältnis der bedruckten zur unbedruckten Fläche und einen harmonilchen Aufbau
des Sa^es selbst.
Cr Es wäre verkehrt. Regeln für die Erzielung guter Verhältnisse im Sa^ aufzustellen,
da sie niemals erlchöpfend sein würden und infolge ihrer Variationsmöglichkeit leicht
auf Irrwege leiten könnten. Möglich wäre die Festlegung solcher Regeln, da alle
Verhältniskunst im lebten Ende auf mathematilchen Grundsä^en beruht. Meistenteils
konstruieren wir unbewußt mathematilch genau, ja man kann sogar feststellen, daß
zuzeiten Druckwerke bewußt nach mathematilchen Geseiten, wie Werke der Bau-
kunst, konstruiert worden sind. So läßt lieh bei manchen Renaissancedrucken nach-
weisen, daß sie nach dem Prinzip der Quadratur des Zirkels oder der Triangulatur
entstanden sind.
C So wollen wir nun nicht konstruieren, wir mülsen aber unser Gefühl für Verhältnisse
an konstruktiven Kunstwerken, vor allem guten Architekturwerken der Vergangenheit
und Gegenwart so ausbilden und Ichärfen, daß wir unbewußt die für das Empfinden
unserer Zeit richtige Verteilung der Masien vornehmen. Hach vieler Übung des
Geichmackes sollte eine Drucksache den Eindruck der Selb stverständlichkeit machen und
lieh darstellen, als ob sie Icheinbar mühelos hergestellt wäre. Wie bei jeder gewerblichen
Arbeit, beginnt auch beim Sa§ dieKunst in der Belchränkung auf die einfachsten Mittel.
Die bellen Ergebnisie sind gewöhnlich solche, die auf Schmuck verzichtend nur durch
richtige Zusammen- und Gegenüberstellung guter Schriftgruppen entstanden sind.
 
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