ÜBER
LEBEN, WIEKEN UND WERKE
der Maler
ANDREA MANTEGNA UND LUCA SIGNORELLI.
(Eaumer's Historisches Taschenbuch 1850.)
Es ist eine der schönen Früchte des langen Friedens, dessen wir uns
zeither erfreut haben , dass der Sinn für die Geschichte der Kunst allge-
meiner erwacht ist, als dieses seit geraumer Zeit der Fall gewesen. Selbst
Diejenigen, welche nur den auf der grössten Höhe der Ausbildung stehen-
den Künstlern, einem Eaphael, einem Michel Angelo, eine lebhafte Theil-
nahme schenken, haben doch ein Verlangen, zu erfahren, wie diese denn
zu solcher Höhe in der Kunst gelangt sind. Unstreitig wird dadurch so-
wohl das Verständniss der Werke jener grossen Genien ungemein geför-
dert, als die Hochachtung vor denselhen wachsen muss, indem man inne
wird, wie das Ringen und die angestrengteste Arbeit bevorzugter Geister
mehrerer Jahrhunderte erforderlich gewesen, um jene herrlichen Früchte zu
zeitigen. Da nun Andrea Mantegna und Luca Signorelli in der
langen Kette der Entwickelung diejenigen Glieder sind, welche jenen grössten
Meistern zunächst vorausgehen und auf sie den unmittelbarsten und ent-
schiedensten Einfluss ausübten, da diese grossen Meister bisher meines Er-
achtens noch nie ihrer ganzen Bedeutung nach gewürdigt worden sind1,
1 Ueber den Bestrebungen der Italiener, den Mantegna durch Monographien
mit Abbildungen zu allgemeiner Kenntniss und damit zur gehörigen Würdigung
zu bringen, hat bisher ein ganz eigener Unstern gewaltet. Zu diesem Behuf
hatte schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts ßiovanni Maria Sasso die Fresco-
gemälde, viele Zeichnungen und die meisten Kupferstiche des Mantegna von
Antonio dal Pedro, Francesco Novelli und Andern in Kupferstichen copiren
lassen, starb aber darüber hin, sodass die Platten in andere Hände kamen. Das
Unternehmen wurde darauf von dem Grafen Giovanni da Lazara aufgenommen
und nach Zani (Materiali, S. 245), welcher davon mit dem grössten Beifall spricht,
war das Manuscript 1802 schon für den Druck fertig. Dennoch ist es bis zu
seinem erst 1831 erfolgten Tode nicht erschienen. Später wollte endlich der
LEBEN, WIEKEN UND WERKE
der Maler
ANDREA MANTEGNA UND LUCA SIGNORELLI.
(Eaumer's Historisches Taschenbuch 1850.)
Es ist eine der schönen Früchte des langen Friedens, dessen wir uns
zeither erfreut haben , dass der Sinn für die Geschichte der Kunst allge-
meiner erwacht ist, als dieses seit geraumer Zeit der Fall gewesen. Selbst
Diejenigen, welche nur den auf der grössten Höhe der Ausbildung stehen-
den Künstlern, einem Eaphael, einem Michel Angelo, eine lebhafte Theil-
nahme schenken, haben doch ein Verlangen, zu erfahren, wie diese denn
zu solcher Höhe in der Kunst gelangt sind. Unstreitig wird dadurch so-
wohl das Verständniss der Werke jener grossen Genien ungemein geför-
dert, als die Hochachtung vor denselhen wachsen muss, indem man inne
wird, wie das Ringen und die angestrengteste Arbeit bevorzugter Geister
mehrerer Jahrhunderte erforderlich gewesen, um jene herrlichen Früchte zu
zeitigen. Da nun Andrea Mantegna und Luca Signorelli in der
langen Kette der Entwickelung diejenigen Glieder sind, welche jenen grössten
Meistern zunächst vorausgehen und auf sie den unmittelbarsten und ent-
schiedensten Einfluss ausübten, da diese grossen Meister bisher meines Er-
achtens noch nie ihrer ganzen Bedeutung nach gewürdigt worden sind1,
1 Ueber den Bestrebungen der Italiener, den Mantegna durch Monographien
mit Abbildungen zu allgemeiner Kenntniss und damit zur gehörigen Würdigung
zu bringen, hat bisher ein ganz eigener Unstern gewaltet. Zu diesem Behuf
hatte schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts ßiovanni Maria Sasso die Fresco-
gemälde, viele Zeichnungen und die meisten Kupferstiche des Mantegna von
Antonio dal Pedro, Francesco Novelli und Andern in Kupferstichen copiren
lassen, starb aber darüber hin, sodass die Platten in andere Hände kamen. Das
Unternehmen wurde darauf von dem Grafen Giovanni da Lazara aufgenommen
und nach Zani (Materiali, S. 245), welcher davon mit dem grössten Beifall spricht,
war das Manuscript 1802 schon für den Druck fertig. Dennoch ist es bis zu
seinem erst 1831 erfolgten Tode nicht erschienen. Später wollte endlich der