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Leonardo da Vinci. 183

aber Rechenschaft darüber geben, welcher der verschiedenen Fälle, in
•denen Christus mit den Schriftgelehrten in Berührung kommt, hier dar-
gestellt sei, so kann man nicht wohl zweifeln, dass der Künstler, in einer
etwas freien und von der gewöhnlichen Auffassung sehr abweichenden
Weise. Christus, wie er zwölfjährig im Tempel lehrt, hat darstellen wollen.
Allerdings erscheint Christus hier mit dem keimeuden Bart, als Jüngling
von mindestens achtzehn Jahren, und es fehlt jede Andeutung des Tempels,
als der Oertlichkeit des Vorganges, doch findet die Art, wie auf der einen
Seite Christus durch das Motiv der Hände das Gesetz auslegt, und auf
der anderen die durchaus als würdige Männer dargestellten Schriftgelehr-
ten, von denen zwei das geschriebene Gesetz halten, über die Worte
Christi disputiren, auf keine der anderen Begegnungen mit ihnen eine so
schlagende Anwendung wie auf die obige. Leider hat das schöne Bild
für den feineren Kunstfreund durch TJebertupfung der Fleischtheile durch
einen italienischen Restaurator, wodurch jetzt manche Theile, namentlich
die Stirn, die Wangen und die Hände Christi, zu glatt und leer erschei-
nen, einen grossen Theil seines urprünglichen Reizes eingebüsst. Ein
anderes, gleichfalls dem B. Luini beigemessenes Exemplar dieses Bildes
befand sich zur Zeit des Fumagalli im Besitz eines Herrn Casati in
Mailand.

Zunächst sind noch Gaudenzio Ferrari, dessen Hauptwerke sich
in Piemont befinden, und der später in Siena ansässige Soddoma zu nennen.
Aber auch Giovan Antonio Boltraffio, Cesare da Sesto, Andrea
Salaino, Marco d'Oggionno sind sehr ausgezeichnete Maler. Nächst-
dem übte Leonardo auch auf mailändische Meister, welche schon ausge-
bildet waren, als er hinkam, einen sehr wohlthätigen Einfluss aus. Die
beiden bedeutendsten derselben sind Ambrogio da Fossano gen.
il Borgognone und Bernardino Zenale.

Höchst bedeutend war aber ausserdem der Einfluss, welchen Leonardo
während seines späteren Aufenthaltes in Florenz durch die oben erwähnten
beiden Cartons wie durch seine Bilder nicht allein auf alle bedeutenden
Meister der florentinischen Schule, von denen ich hier nur den Fra
Bartolommeo und Andrea del Sarto nennen will, sondern selbst
auf den jungen Raphael ausübte, wie sowohl aus den vorhandenen Nach-
richten, als auch aus einigen Bildern Raphael's hervorgeht.
 
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