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Waetzoldt, Stephan
Die Kopien des 17. Jahrhunderts nach Mosaiken und Wandmalereien in Rom — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 118: Wien, München: Schroll-Verlag, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.50950#0025
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DIE KOPIEN

Die Zeichner
»Da giovani ben intendenti di disegno« ließ Cassiano dal Pozzo seine Antikenkopien anfertigen. Nicolas
Poussin und Pietro da Cortona haben zu den von Cassiano geförderten jungen Künstlern gehört, und die
Quellen berichten übereinstimmend, daß beide Antikenkopien geschaffen hätten. Die Suche nach
Zeichnungen Poussins im Bestand des »Museo cartaceo« blieb allerdings erfolglos, aber wir kennen
Kopien Cortonas nach den Reliefs der Trajanssäule.
Die überwältigende Mehrzahl der Kopien in den Sammlungen Cassianos und seiner Zeitgenossen stammt
aber von Zeichnern sehr viel minderer Begabung. Dies konnte bei der Materie der Nachzeichnungen auch
nicht anders sein. Cassiano, der Kunstsammler und Freund so vieler bedeutender Maler, wird zweifellos
bald erkannt haben, daß es seinen Zielen nützlicher war, wirklichen Künstlern Aufträge für Gemälde
und Skulpturen zu erteilen und sich für seine wissenschaftlichen Zwecke geringerer Kräfte zu bedienen.
Es wird ihm dabei auch bewußt gewesen sein, daß Künstler vom Range eines Poussin oder Cortona
nicht der künstlerischen Selbstverleugnung fähig sein konnten, die er bei der Anfertigung von Kopien
für wissenschaftliche Zwecke fordern mußte.
So bleibt die Mehrzahl der Zeichner, die für die Kopiensammlungen des 17. Jahrhunderts gearbeitet
haben, anonym. Selbst dort, wo Namen bekannt sind, wie gerade im Falle des »Museo cartaceo«, ist eine
Händescheidung schwierig, weil der gesicherte Ausgangspunkt signierter Blätter fehlt.
Von Pietro Testa aus Lucca (1611-1651 )69 stammt wahrscheinlich der größte Teil der römischen Antiken-
kopien Cassianos. Daß er auch Nachzeichnungen nach Mosaiken und Wandmalereien gefertigt hat, ist
wenig wahrscheinlich. Cassiano wird dafür Spezialisten beschäftigt haben, wie zum Beispiel den aus
Vercelli stammenden Soprastante für Mosaikarbeiten in der Fabbrica von St. Peter, Giovanni Battista
Calandra (1586-1648)70. Er hat in Cassianos Auftrag und nach Kopien seiner Sammlung das Barberini-
Mosaik in Palestrina restauriert71 und sicherlich auch Kopien anderer Mosaiken angefertigt. Als
Zeichner für das »Museo cartaceo« werden in den Quellen außer Calandra noch genannt: Bernardini
Capitelli (1589-1639)72, Giacomo Ligozzi (um 1547-1626)73, Giovanni Battista Ruggieri (1606-1640)74
und Giovanni Angelo Canini (1617-1666)75, der auch für Kardinal Francesco Barberini gearbeitet hat.
Besser als mit den Antikenkopien steht es mit den Zeichnungen nach Mosaiken und Wandmalereien.
Als Kopist des Apsismosaiks von S. Agatha dei Goti im Cod. Vat. lat. 5407 des Ciacconius (Kat. Nr. 1-14)
nennt Nibby76 ohne Quellenangabe den Namen Francesco Penna, der aber sonst nicht nachzuweisen
ist. Perini77 gibt - ebenfalls ohne weitere Erläuterung - an, daß Mercurio Baiardi78 der Zeichner des Ciac-
conius gewesen sei, während Leclercq79 mit Recht im Cod. Vat. lat. 5407 mit den Katakombenkopien
Ciacconios allein schon fünf verschiedene Hände scheidet.
69 Thieme-Becker, Bd. 32, 1938, S. 559f.; Die Künstlerbiographien von Giovanni Battista Passeri, ed. J. Hess (Römische
Forschungen der Bibliotheca Hertziana, XI), Leipzig und Wien 1934, S. 183 und Anm. 1. Am ausführlichsten berichtet
F. Baldinucci (Notizie dei professori del disegno, ed. F. Ranalli, Florenz 1847 [1. Ausg. 1681] Bd. V, S. 310ff.) über Testas
Zeichnungen für Cassianos Sammlung: »Egli dunque condusse di sua mano cinque gran libri: nel primo de’quali tutte quelle
cose si comprendono, ehe alla falsa opinione appartengono, tanto di deitä, quanto di sacrificj: nel secondo espresse in disegno,
tratto pure dagli antichi marmi, riti nuziali, abiti consolari, e di matrone, inscrizioni, abiti di artefici, materie lugubri, spetta-
coli, cose rusticali, bagni e triclini: nel terzo si veggono con grande arteficio disegnati, i bassirelievi, ehe si vedono negli archi
trionfali, storie romane e favole: contiene il quarto vasi, statue, utensili diversi antichi, ed altre cose curiose degli eruditi:
nel quinto finalmente si veggono le figure del Vergilio antico e del Terenzio della Vaticana, il musaico del tempio della Fortuna
di Preneste... ed altre cose colorite.« (S. 313).
70 Thieme-Becker, Bd. 5, 1911, S. 372; Passeri a. a. O., S. 164ff.
71 Vgl. Anm. 64. Calandra restaurierte auch Giottos Navicella.
72 Thieme-Becker, Bd. 5, 1911, S. 540.
73 Thieme-Becker, Bd. 23, 1923, S. 220f.
74 Thieme-Becker, Bd. 29, 1935, S. 184; Baglione, a. a. O., S. 361; Lumbroso, a. a. O., S. 28.
75 Thieme-Becker, Bd. 5, 1911, S. 504; Passeri, a. a. O., S. 338ff., 342, Anm. 4.
76 A. Nibby, Roma nell’anno MDCCCXXXVIII, Bd. 1 Moderna, Rom 1839, S. 33.
77 Perini, a. a. O., S. 179. Perini vertritt die völlig unbegründete Meinung, die Codices Vat. lat. 5407, 5408, 5409 stammten aus
dem Besitz des Panvinius. Dessen Handschrift ist aber in den Codices nirgends festzustellen.
78 Thieme-Becker, Bd. 2, 1908, S. 364. Über Leben und Werke dieses Künstlers ist so gut wie nichts bekannt.
79 DACL 3, 2 (1948), Sp. 2802ff.

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