15. Hann Trier: Schnellbahn, 1951
wird. Zweifellos läßt sich die Auseinandersetzung
mit den Möglichkeiten eines dynamisierten maleri-
schen Vortrages in Modifikationen in der Malerei
von Tizian über Tintoretto bis zum »furor del pen-
nello« eines Rubens, über Tiepolo bis zur gesti-
schen peinture eines Delacroix studieren. Aber
diese Verzeitlichung des Blicks bleibt hier stets
gebunden an die Erscheinung des Dinglichen,
ohne das Bild im Ganzen in ein prozessuales Gebil-
de zu verwandeln.
Erst mit der zunehmenden Autonomisierung der
malerischen Mittel im 19. Jahrhundert in der im-
pressionistischen Malerei sind die Voraussetzungen
für die Transformation des Bildes als Ganzheit
geschaffen. Etwa wenn Claude Monet der Kolori-
stik seiner Bilder unmittelbar die atmosphärischen
Bewegungen des Sichtbaren als anschauliche Ver-
änderlichkeit einschreibt, wie z. B. in seiner Darstel-
lung des Blühenden Gartens in Giverny (Abb. 11),
oder wenn Paul Cezanne an die Stelle der Model-
lierung des Plastischen die »Modellierung«, des Far-
bigen setzte und auf diesem Wege das Bild als eine
in Farbe übersetzte Erscheinungstotalität - wie er
es formulierte - »parallel zur Natur« deutete31. Im
Spätwerk von Monet gewinnt diese als eigenstän-
diges Bildmedium über das gesamte Format aus-
gedehnte Farbigkeit eine neue Qualität: Die Eigen-
wertigkeit der dynamisierten Farbe und ihr
Flächenbezug sind, wie im Blühenden Garten in
Giverny (Abb. 11), so weit gesteigert, daß partiell
nicht mehr entscheidbar ist, ob sich die ornamen-
tale Energie der Farbe in räumlichen oder in flächi-
gen Dimensionen entfaltet. Das Bildganze ist vom
energetischen Medium der Farbe bestimmt. Diese
umfassende Dynamisierung des Pinselduktus ver-
bindet sich in der Malerei des 19. Jahrhunderts
nicht selten mit dem Thema der Beschleunigung
und Geschwindigkeit, wie z. B. in dem in dieser
Hinsicht programmatischen Schlüsselwerk von Wil-
liam Turner Regen, Dampf und Geschwindigkeit
(Abb. 14) von 1844: Aus dem alles umschließenden
atmosphärischen Dunst rast mit großer Geschwin-
digkeit ein Zug zwischen den in perspektivischer
Fluchtung aus der Tiefe emporjagenden Begren-
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wird. Zweifellos läßt sich die Auseinandersetzung
mit den Möglichkeiten eines dynamisierten maleri-
schen Vortrages in Modifikationen in der Malerei
von Tizian über Tintoretto bis zum »furor del pen-
nello« eines Rubens, über Tiepolo bis zur gesti-
schen peinture eines Delacroix studieren. Aber
diese Verzeitlichung des Blicks bleibt hier stets
gebunden an die Erscheinung des Dinglichen,
ohne das Bild im Ganzen in ein prozessuales Gebil-
de zu verwandeln.
Erst mit der zunehmenden Autonomisierung der
malerischen Mittel im 19. Jahrhundert in der im-
pressionistischen Malerei sind die Voraussetzungen
für die Transformation des Bildes als Ganzheit
geschaffen. Etwa wenn Claude Monet der Kolori-
stik seiner Bilder unmittelbar die atmosphärischen
Bewegungen des Sichtbaren als anschauliche Ver-
änderlichkeit einschreibt, wie z. B. in seiner Darstel-
lung des Blühenden Gartens in Giverny (Abb. 11),
oder wenn Paul Cezanne an die Stelle der Model-
lierung des Plastischen die »Modellierung«, des Far-
bigen setzte und auf diesem Wege das Bild als eine
in Farbe übersetzte Erscheinungstotalität - wie er
es formulierte - »parallel zur Natur« deutete31. Im
Spätwerk von Monet gewinnt diese als eigenstän-
diges Bildmedium über das gesamte Format aus-
gedehnte Farbigkeit eine neue Qualität: Die Eigen-
wertigkeit der dynamisierten Farbe und ihr
Flächenbezug sind, wie im Blühenden Garten in
Giverny (Abb. 11), so weit gesteigert, daß partiell
nicht mehr entscheidbar ist, ob sich die ornamen-
tale Energie der Farbe in räumlichen oder in flächi-
gen Dimensionen entfaltet. Das Bildganze ist vom
energetischen Medium der Farbe bestimmt. Diese
umfassende Dynamisierung des Pinselduktus ver-
bindet sich in der Malerei des 19. Jahrhunderts
nicht selten mit dem Thema der Beschleunigung
und Geschwindigkeit, wie z. B. in dem in dieser
Hinsicht programmatischen Schlüsselwerk von Wil-
liam Turner Regen, Dampf und Geschwindigkeit
(Abb. 14) von 1844: Aus dem alles umschließenden
atmosphärischen Dunst rast mit großer Geschwin-
digkeit ein Zug zwischen den in perspektivischer
Fluchtung aus der Tiefe emporjagenden Begren-
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