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Der Mensch Herwarth Walden

Im Jahre 1954 haben Lothar Schreyer und ich ein Buch herausgegeben mit
dem Titel >Der Sturm<, ein Erinnerungsbuch an Herwarth Walden und die
Künstler des Sturmkreises.* Im Vorwort zu diesem Buch wird gesagt, wes-
halb das Buch herausgegeben wurde: mn Herwarth Walden, dem >Sturm<
und den >Sturm<-Künstlern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Da in diesem Werk die großen Verdienste Herwarth Waldens und des
>Sturm< für den Durchbruch der neuen Kunstgestaltung dokumentiert wer-
den sollten, blieb nicht viel Raum, um Walden auch als Menschen ein-
gehender darzustellen. Lothar Schreyer und ich haben zwar versucht, auch
das Menschliche von Herwarth Walden zu streifen. Trotzdem wird er wohl
noch manchem Leser menschlich ein Râtsel sein.

Es ist auch nicht Ieicht, diesen komplizierten Char akter zu verstehen, der aus
so vielen Elementen zusammengesetzt war : aus Hârte, Schroffheit, Abwehr,
Angriffslust und Kampfgeist, dabei — allerdings ângstlich verborgen —
innerlich sehr sensibel und empfindsam. Seine Grenzen waren scharf gezo-
gen: dunkel oder hell — es gab keine Zwischentöne; immer kompromißlos,
wie er es auch im Leben war. Walden war eine Kämpfernatur; gewiß nicht
im soldatischen, aber im geistigen Sinn. Aggressiv und unermüdlich trat
er für seine Ansichten und Ideen ein. Djmamisch und energiegeladen, rast-
los, in gewissem Sinne grenzenlos, lag ihm nur am Kampf. Polemik und
Propaganda waren seine Waffen.

Daß ein solcher Mensch überhaupt nichts übrig haben konnte für fried-
lichen, ruhigen Ausbau von etwas bereits Erreichtem, erscheint klar. Wal-

* Das Buch erschien im Verlag Woldemar Klein, Baden-Baden
 
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