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Begegnung mit Else Laskee-Schüler

Die erste Frau Herwarth Waldens war die Dichterin Else Lasker-Schüler.
Walden hatte sie mit 22 Jahren, im Jahre 1901, geheiratet. Sie war zehn
Jahre âlter als er und in erster Ehe mit dem Berliner Arzt Lasker ver-
heiratet. Sie brachte einen kleinen Sohn mit in die Ehe. Wohl ein Sohn
von Lasker, obgleich Else Lasker-Schüler selbst immer behauptete, Paul sei
der Sohn eines Griechen, den sie auf der Straße getroffen habe. Dichtung
und Wahrheit standen hei der temperamentvollen und genialen Frau meist
miteinander in Konflikt.

Wie mir Herwarth Walden erzâhlte, war sie als Mensch unbeherrscht und
unberechenbar. Außerdem war sie süchtig. Alle Welt wußte das. Verschie-
dene Entziehungskuren, denen sie sich unterzog, hatten keinen Erfolg.
Walden, der ausgeprägte suggestive Fähigkeiten besaß, hoffte, sie von der
Sucht befreien zu kônnen. Es gelang ihm nicht. Er meinte, Dr. Lasker habe
sie zur Morphinistin gemacht.

Es ist wohl verständlich, daß ein Mensch mit solchem Temperament, mit
einer so blühenden Phantasie und einem dem Traumhaften derart zu-
gewandten Gemüt sich nur schwer im Alltag zurechtfinden kann. Wie hâtte
es unter diesen Voraussetzungen möglich sein kônnen, einen Haushalt zu
führen, ein >gemütliches Heim< zu schaffen?

Sie war ein phantastisch.es Geschôpf, ein echter Bohème-Typ, der es liebte,
die Bürger durch exzentrische Kleidung und entsprechendes Auftreten und
Handeln zu schockieren. Gottfried Benn beschreibt ihre Kleidung einmal:
Rote Samtjacke mit Goldknôpfen und schwarze Jockeymütze, dazu sei-
dene karierte Hosen, Sandalen mit aufgenähten kleinen Glôcklein, die bei
 
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