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Zweites Kapitel
Die erste Auseinandersetzung mit Italien:
Die neue Figur
Es will einem Menschen von heute schwer in den Kopf, daß Dürer,
als er nun in Venedig saß und vielleicht in Mailand war und gar,
wie ganz neuerdings (von Oskar Hagen) glaubhaft gemacht wird,
auch in Rom, und wie er dort die neue Kunst, nach der es ihn
innerlich drängte, mit eigenen Augen sah, daß er damals nicht seine
eigene Kunst sofort auf eine ganz neue Basis stellte, mit Natur-
studium nach dem Menschen und Studium am Raum, sondern
daß er, als sei nichts weiter geschehen, gemächlich italienische Zeich-
nungen und Stiche kopiert, wie sie ihm gerade in die Hand fallen
und wie er sie zur Not schließlich auch in Deutschland hätte be-
kommen können, Arbeiten von Mantegna, Signorelli, Lorenzo
di Credi, perugkno, pollajuolo und anderen. Da er fühlte,
woran es den Deutschen fehlte, an Natur nämlich, so hätte er,
meint man, das Nbel an der Wurzel ausrotten sollen. Statt dessen
erweckt er eher den Anschein, als sei er besorgt gewesen, das daheim
Erworbene zu verlieren, und als habe er sich etwas ängstlich ver-
halten gegenüber dem sicher überwältigenden Eindruck der italie-
nischen Renaissance, derentwegen er doch nach Italien gegangen
war. Der weitere Verlaufseiner künstlerischen Entwicklung kndessen
gibt ihm und nicht uns recht. Er war eben keine Natur, die sich
einem Neuen sofort restlos und mit Haut und Haaren verschrieb.
Vielleicht fühlte er, daß in diesen schönen neuen Dingen auch eine
Gefahr lag, daß er sie sich langsam erobern, sie langsam verar-
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