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Fünftes Kapitel
Der Höhepunkt des graphischen Stiles
Ä^ir kennen aus Dürers eigenen Äußerungen die Gründe, die
ihn nach dem Abschluß dieser Malerei veranlaßen, den Pinsel
einstweilen aus der Hand zu legen und sich ganz der Graphik zu-
zuwenden. Widerwärtigkeiten äußerer Art gaben den Ausschlag,
der Mangel großer Aufträge, Unannehmlichkeiten bei der Aus-
führung der wenigen ihm gewordenen Bestellungen, und das
Unrentable dieser ganzen Tätigkeit als Maler, bei der er kaum
auf seine Kosten zu kommen glaubte. Das mag wirklich be-
stimmend gewesen sein. Aber ein tiefer liegender Grund wird
darum nicht übersehen werden dürfen — der Instinkt, daß sein
Talent sich am reinsten und entscheidendsten doch in der Zeichnung,
in der Schwarz-Weiß-Kunst, aussprechen könne. Er war kein
geborener Maler, wie Grünewald einer war, sondern ein ge-
borener Zeichner. Und so ungerecht es ist, seine Leistung in der
Malereigering zu schätzen, besonders angesichts desAllerheiligen-
bildes, so falsch ist es, die Tatsache zu übersehen, daß die größte Frei-
heit und die größte Schönheit seines Schaffens auch in jenen Jah-
ren auf dem Gebiete der Graphik liegt. Und was er in Italien sich
erobert hatte, die monumentale Empfindung und die malerische
Anschauung der Welt, käme in seinem Werk nur bedingt und
nur unvollkommen zum Ausdruck, wenn nur der Hellersche Altar
und das Allerheiligenbild die einzigen großen Zeugen dieser Er-
oberungen wären. Erst in der Zeichnung, vornehmlich in den
Holzschnitten, sagte er alles, was er empfand und erlebte. Hier
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