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Wegner, Max
Hadrian, Plotina, Marciana, Matidia, Sabina — Das römische Herrscherbild, Abteilung 2 ; 3: Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.42301#0089
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SABINA

■wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Jahres 130 n. Chr. vorgenommen. Ein
dritter Bildnistypus muß sich als letzter den beiden vorigen anschließen, denn er
ist auf den Prägungen der Sabina nach ihrem Tode fast die Regel und wird darum
folgerichtig auch für die letzten Lebensjahre der Frau Hadrians zu gelten haben.
Die Haartracht zeigt eine breite, schräggestellte Stirnrolle, glatt dem Schädelum-
riß anliegendes Hinterhaupthaar und eine kleine Schleife aus zusammengebun-
denen Flechten im Nacken.
Man möchte sich von diesen Bildnistypen der Münzprägungen leiten lassen, um die plastischen
Bildnisse der Sabina zu bestimmen und zeitlich zu ordnen; man wird jedoch alsbald erkennen,
daß der Ausweis der Münzprägungen für die plastischen Bildnisse keineswegs uneingeschränkt ver-
bindlich ist. Man wird beispielsweise den dritten und letzten Typus der Münzprägungen unter den
nachweislichen plastischen Bildnissen der Sabina völlig vermissen und dementgegen feststellen, daß
die größte Zahl sämtlicher uns erhaltener Bildnisse der Sabina eine Haartracht zeigt, die durch die
Münzprägungen nicht bezeugt ist. Diese Beobachtung an dem sehr reichlichen Material an Bildnis-
prägungen und plastischen Bildnissen der Sabina ist deswegen besonders erwünscht, weil sie rück-
wirkend die Verhältnisse bei den Bildnissen der Marciana und Matidia recht beleuchtet und der
Tatsache das Bedenkliche nimmt, daß für beide Frauen plastische Bildnisse mit Haartrachten, die auf
ihren Münzbildern nicht Vorkommen, in Anspruch genommen werden.
Will man strenggenommen von den Münzprägungen ausgehen, so müßten aus den ersten zehn
Jahren der Herrschaft des Hadrian überhaupt keine Bildnisse der Sabina nachzuweisen sein, denn
ihre Münzprägungen beginnen nach dem oben Bemerkten erst um das Jahr 128 n. Chr., das Jahr
der Annahme des Titels Pater Patriae durch Hadrian. Dieses Datum wird für die Bildniskunde
gewiß nicht ohne Bedeutung sein, da sich die Erhebung zur Augusta und die Verleihung des Ehren-
münzrechts irgendwie, vermutlich durch einen häufig wiederholten Bildnistypus, unter den rund-
plastischen Bildnissen der Sabina abzeichnen muß. Das Zeugnis der Münzprägungen erfährt eine
deutliche Einschränkung durch den Befund des einzigen plastischen Bildnisses der Sabina, das sich
unabhängig von den Münzprägungen nachweisen läßt, durch die als Gegenstück zu einer heroischen
Statue des Hadrian aufgestellte Gewandstatue der Sabina aus dem Theater von Vaison (Taf. 41 b u. 4 2).
Ebenso wie die Bildnisstatue des Hadrian muß diejenige der Sabina im Anschluß an die Reise des
Jahres 121 n. Chr. datiert werden; (dadurch ist ein rundplastisches Bildnis der Sabina gewonnen, das
dem Beginn der Münzprägungen um einige Jahre vorausliegt.
Trotzdem ist dieses rundplastische Bildnis nicht ohne Beziehung zu den Münzprägungen; seine
Haartracht stimmt sogar genau überein mit dem Typus der frühesten Münzprägungen - eine wün-
schenswerte Bestätigung der chronologischen Ordnung der Münzbildnisse durch P. L. Strack. In
gleichmäßigem, verhältnismäßig flachem Bogen wird die Stirn von einer plattgedrüdcten Haarrolle,
die sich über der Stirnmitte lyraförmig öffnet, eingefaßt. Der Haaraufbau, der sich als zweite Stufe
darüber erhebt, wirkt in seiner Anlage nur wie eine Vergrößerung der plattgedrückten Stirnrolle;
in der erweiterten lyraförmigen Öffnung über der Stirnmitte wird quergeführtes, zweifach gewell-
tes Haar sichtbar. Das große Nest aus Flechten, die sich überschneiden und übereinander schichten,
reicht von vorn bis tief in den Nadten hinab. In der Profillinie des Gesichts wirkt der Winkel
zwischen der hohen Stirn und der schmalen, langen, einmal eingesattelten und spitzen Nase infolge
der Beschädigung wohl allzu scharf; auf den Münzen erscheint er zwar bestimmt aber weniger
kräftig. Die schmalen Lippen sind ziemlich fest geschlossen. Die Kinnkuppe ist tief abgekehlt. Die
Wangen sind voll, aber nicht weich. Verhältnismäßig straff spannt sich die Haut über das Gerüst
des Schädels. Die Züge sind jugendlich, aber ernst und haben einen Anflug von Traurigkeit.
Dieses Bildnis der Sabina aus Vaison vom Jahre 121 n. Chr. ist nicht nur von Bedeutung wegen
seiner frühen Datierung, sondern es ist überdies von besonderem Wert, weil es als vollständige


Sabina
 
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