Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Legende von Sunahsepa

33

Doch sei noch eine allgemeinere Bemerkung gestattet. Der
Abschnitt AB vii 16 = SSS 192,3 —193,9 atmet eine ganz andere
Luft als die Abschnitte AB vii 13—15,8 Mitte = SÖS 187,22
bis 191,22. Von der Priesterweisheit, welche die zuerst genannte
Stelle trägt, findet man in der an zweiter genannten nichts.
Wäre die geistige Haltung der Menschen in beiden Abschnitten
die gleiche, dann sollte man erwarten dürfen, daß sich Hariscan -
dra einfach auf die Weise den versagten Sohn verschafft, daß er
den einen oder anderen Bgveda-Vers an einen Gott, meinetwegen
Varuna, richtet. Wenn Sunahsepa so befreit wird, daß er Götter
mit Rgveda-Strophen angeht und preist, sollte man meinen, dies
Mittel sei auch dann das gegebene und werde zum Ziele führen,
wo es sich darum handelt, einen Sohn zu bekommen. Da sich
die Dinge nach der Erzählung aber anders verhalten, Hariscandra
nur auf die Weise einen Sohn erhält, daß er ihn dem Spender
wieder zu opfern sich verpflichtet, sind die eingesetzten Mittel
und beschrittenen Wege, das erstrebte Ziel zu erreichen, so ver-
schieden, wie nur möglich. Ich kann mir dies nur so erklären,
daß Menschen ganz verschiedener Geisteshaltung Schöpfer der
jeweiligen Erzählung sind, zwischen AB vii 15,8 und vii 16 eine
Welt klafft. Dieser Umstand scheint mir nochmals zu bestätigen,
daß an dieser Stelle Texte verschiedener Herkunft miteinander
kompiliert wurden.
Die Geschichte von Hariscandra, seinem Sohne Kohita und
vom Opfer Sunahsepas entstammt sicher nicht den Kreisen der
Brahmanen. Sie war an den Krieger stand gebunden. Erhalten
blieb sie uns durch Angehörige der Priesterkaste. Sie erweiterten
die erste Geschichte durch die von Sunahsepas Befreiung vom
Opfertode. Ihnen wird damit auch zu danken sein, daß härtere
Gepflogenheiten sich milderten. Woraus sich diese Entwicklung
herleitete, läßt sich der Legendenbildung nicht entnehmen. Das
Wachstum der Erzählung spiegelt auch etwas davon wider, wie
der beherrschende Einfluß der Priester sich der bestimmenden
Machtstellung der Krieger gegenüber durchsetzte, das Leben zu
gestalten. Ob man aber über so allgemeine Bezüge hinaus den

3
 
Annotationen