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EINLEITUNG.

Die vorliegende Arbeit will durch die Untersuchung der Grabfunde, welche Münzen der
Merowingerzeit enthalten, einen Beitrag zur Chronologie der süd- und westdeutschen Reihen-
gräber liefern und damit der zuverlässigeren Auswertung dieser Denkmälergruppe für die
frühmittelalterliche Siedlungs-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte den Weg bereiten. Die
bestehenden chronologischen Systeme x), die mittels verschiedenartiger Methoden auf ge-
stellt worden sind, weichen in ihren Ergebnissen so stark voneinander ab, daß eine neue,
auf möglichst breite Grundlagen gestellte Untersuchung der Chronologie der Reihengräber-
funde ein dringendes Bedürfnis der Forschung ist. Aus dieser Erkenntnis heraus wird hier
zunächst die Eignung frühmittelalterlicher Münzen als chronologische Kriterien überprüft
und durch Behandlung der münzdatierten Grabfunde Vorarbeit für eine Gesamtchrono-
logie geleistet. Dabei soll nicht die Entwicklung gewisser Altsachentypen und die Heraus-
arbeitung von Entwicklungsstufen innerhalb des Materials eines größeren geographischen Ge-
bietes verfolgt werden — dafür wäre die Auswahl der münzdatierten Grabfunde eine allzu zu-
fällige —, sondern es wird versucht, die Münzgräber zu chronologischen Gruppen zusammen-
zufassen, die von Münzen und anderen nicht entwicklungsgeschichtlichen (typologischen)
Kriterien getragen werden. Der gewählte Weg der Herausarbeitung archäologischer Hori-
zonte, die von der Entwicklung des örtlichen Formengutes unabhängig sind, ist methodisch
der gleiche, den als erster P. Reinecke, und ihm folgend P. Jacobsthal und A. Langsdorff
für die Denkmäler der Frühlatenezeit in der Zone nordwärts der Alpen mit Datierung durch
zeitlich scharf zu erfassenden Import befolgten* 2).
Die zeitliche Begrenzung des hier behandelten Stoffes wird durch Beginn und Ende der
Reihengräberfelder gegeben. Die räumliche Beschränkung auf denjenigen Teil des mero-
wingischen Siedlungsgebietes, der innerhalb der heutigen deutschen Sprachgrenze liegt, ist
eine durch die Art der hier gestellten Aufgabe bedingte Notwendigkeit; es sind jedoch die
außerhalb dieses Gebietes gefundenen Münzgräber, soweit sie für das süd- und westdeutsche
Material von Wichtigkeit sind, nach Möglichkeit berücksichtigt. Die vorgelegten Grab-
funde stammen aus fränkischen, alamannischen, thüringischen und bajuwarischen Reihen-
gräberfeldern; die hier unterschiedenen zeitlichen Gruppen sind also nicht an Stammes-
grenzen gebunden. Wie auch diese Untersuchung ersehen läßt, überwiegen bei den ger-
manischen Stämmen in Mittel-, Süd- und Westdeutschland trotz vielen regionalen Eigen-
gutes bei weitem die gemeinsamen Formen in Schmuck und Bewaffnung, sodaß eine für
das gesamte Gebiet gültige Chronologie aufgestellt werden kann. Die Zahl der bekannten
Reihengräberfelder und die Menge der aus ihnen stammenden Funde berechtigt zu diesem
») Als wichtigste Untersuchungen seien genannt: E. Brenner, Der Stand der Forschung über die Kultur der Mero-
wingerzeit, 7. RGKBer. 1912 (1914), 253 — 350. N. Äberg, Die Franken und Westgoten in der Völkerwanderungszeit,
Uppsala 1922; ders. Die Goten und Langobarden in Italien, Uppsala 1923. S. Lindqvist, Vendelkulturens alder
och Ursprung, Stockholm 1926. W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg, German. Denkmäler der Völker-
wanderungszeit I, Berlin u. Leipzig 1931.
2) P. Reinecke, Zur Kenntnis der La Tene-Denkmäler der Zone nordwärts der Alpen, Mainzer Festschr. 1902,
53 ff.; P. Jacobsthal und A. Langsdorff, Die Bronzeschnabelkannen, ein Beitrag zur Geschichte des vorrömischen
Imports nördlich der Alpen (1929).

Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszelt 3. Werner.

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