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30. November 1719. Sein Nachfolger war, schon seit 1716 dazu gewählt, Graf
Damian Hugo von Schönborn, ein um Kirche und Reich hochverdienter
Mann, der seit 1713 den römischen Kardinalspurpur trug und 1722 auch die
Anwartschaft auf den Bischofsstuhl in Konstanz erhielt. Der Sproß eines ganz
hervorragenden Geschlechts, in dessen Blut die Freude an der Kunst und am
glänzenden Bauen lag, war er in besonderer Weise befähigt, das zerstörte geist-
liche Fürstentum wieder aufzubauen und ihm namentlich eine herrliche Residenz
zu geben.
„Die Familie Schönborn war für die Baukunst Südwestdeutschlands in der
Barockzeit von größter Bedeutung." Im Jahre 1701 wurde sie in den Reichs-
grafenstand erhoben. Ihr damaliges Haupt war Lothar Franz, der 1695
bis 1729 als Kurfürst in Mainz regierte und seit 1693 auch Fürstbischof von
Bamberg war. Ähnlich seinem Oheim Johann Philipp von Schönborn, 1647
bis 1673 ebenfalls Kurfürst von Mainz, übte er bedeutenden Einfluß auf die
Geschicke des Reiches, und kunstsinnig und kunstliebend förderte er mit seinen
reichen Mitteln die Baukunst. In seinen Diensten stand Maximilian Welsch,
„einer der größten Barockarchitekten Deutschlands". Die Bautätigkeit des kur-
fürstlichen Mäzens in Mainz sollte zur Mitbegründung des Familienruhmes
dienen. Deswegen förderte er sie auch bei seinen Neffen im geistlichen Fürsten-
stand mit Rat und Tat.
Die Ehe seines Bruders, des kaiserlichen Rates Melchior Friedrich, mit
Sofie von Boineburg, der Tochter des berühmten Kanzlers in Mainz, war mit
sieben Söhnen und sieben Töchtern gesegnet. Der älteste Sohn, Johann
Philipp Franz, wurde 1719 Fürstbischof in Würzburg und starb 1724. Er
begann den dortigen Schloßbau, dessen Plan Balthasar Neumann unter Mit-
wirkung Welschs u. a. schuf. Friedrich Karl von Schönborn, der zweite Sohn,
1729—1746 Fürstbischof von Würzburg und zugleich von Bamberg, vollendete
den herrlichen Kunstbau. Der vierte Sohn Melchior Friedrichs, Franz Georg,
trug 1729 bis 1756 den Kurfürstenhut von Trier. Friedrich der Große von
Preußen nannte ihn einen „großen Regenten" und Maria Theresia einen
„klugen Vater des Reichs". Durch ihn wurde u. a. Ehrenbreitstein eine der
bedeutendsten Festungen Deutschlands.
Der dritte Sproß dieser vorbildlichen Familie war unser Damian Hugo.
Mitte Februar 1720 kam er in sein Hochstift Speier. Zu den dringlichsten Auf-
gaben gehörte die Schaffung einer genügenden Wohnung. Es war seine Absicht,
die neue Residenz auf den Trümmern der alten Bischofspfalz neben der zum
größten Teil noch zerstört liegenden Kathedrale in Speier zu bauen. Politisches
Mißtrauen der reichsstädtischen und religiöse Abneigung der fast ausschließlich
protestantischen Bürgerschaft traten ihm jedoch hindernd in den Weg. Da freund-
liches Zureden die Gemüter nicht zu beruhigen vermochte, gab Damian Hugo
in kluger Weise nach. Von Ruppertsberg, dem vorübergehenden Aufenthalt,
fuhr er, ohne Speier zu berühren, durch sein Fürstentum, um einen andern
Platz zu suchen. Am 7. März 1720 kam er nach Bruchsal. Eine Reiterschar holte
 
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