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Wetterer, Anton
Das Bruchsaler Schloß: seine Baugeschichte und seine Kunst : zur Zweihundertjahrfeier der Grundsteinlegung 1922 herausgegeben — Karlsruhe i. B.: C. F. Müllersche Hofbuchhandlung m.b.H., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.53759#0100
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Farbenbildern, und als Dritter im Bunde krönte Brandmeier die fürstlichen
Ornamente mit dem Glanze des Goldes. Das Auge des Beschauers schwelgt im
Zauber märchenhafter Fülle einer unbeschreiblichen Licht- und Farbenwelt, wie
sie nur die kraftsprühende Künstlerphantasie ersinnen kann. Und die Figuren, die
sie beleben, verkünden in der Sprache der Allegorie das selige Hoffen auf eiu
glückliches Fortbestehen des Bistums.
In der lichtumflossenen Glorie thronen in Eintracht Jupiter, Juno, Neptun
und Pluto, welche die vier Elemente darstellen und Genien aussenden, um der
alles verzehrenden Zeit, die die Statue des Atlas zu verheeren sucht, Fesseln
anzulegen, die Sensen des Todes zerbrechen, die Uhr zertrümmern und sie ihrer
Flügel berauben. Da die drei Parzen den Lebensfaden zwar spinnen, aber auch
wieder abreißen, so befehlen die vier genannten Götter der Llotho und der
Lachesis, den Lebensfaden weiterzuspinnen, und der dritten dieser Göttinnen,
der Atropos, machen sie die Schere unbrauchbar. Neben den Parzen bindet
Herkules die Fortuna an eine Säule, um sie in ihren Werken der Veränderung
zu hemmen. Im Tempel der Vesta schüren sechs Vestalinnen das ewige Feuer,
und das Volk opfert dieser Göttin. Gegenüber sieht man ein Göttermahl, über
dem die Ewigkeit, nämlich Demogorgon, schwebt, und nebenan eine Pyramide
mit der Weltkugel, die umschlungen ist von einer sich selbst in den Schwanz
beißenden Schlange. Um den Demogorgon zieht sich ein Zodiak (Tierkreis), den
Phöbus mit seinen Horen durchstreift und in das Zeichen der Asteria, der Speie-
rischen Gnadenjungfrau, zugleich auch iu das Zeichen der Nemesis, der Göttin
der Gerechtigkeit, eintritt. Zick signierte die Deckenmalerei mit ,,3oauu Nolc
iuv.ot piux. 1754".
Vorzüglich zum Raume gestimmt sind die drei Sopraporten von Zick: über
der Haupttüre der Titanensturz, über den Seitentüren Perseus und Andromeda
und die Befreiung des gefesselten Prometheus. Die beiden großen Porträts von
Kaiser Franz I. und Maria Theresia sind Kopien. Die Originale kamen von hier
in das Karlsruher Schloß. Zur Ausstattung des Saales gehören die vier Kousol-
tischchen mit reichgeschnitzten Füßen und bunten Marmorplatten, einige künst-
lerisch hervorragende Möbel, überzogen mit geknüpften und geschorenen Savou-
nerieteppichen und zwei prachtvolle venezianische Lüster. (Abb. S. 62 u. 63.)
7. Die übrigen Räume der Beletage.
a) Südlicher Teil.
Sämtliche Räume wurden unter Fürstbischof Hutten ausgestattet.
Zimmer Nr. 146, südlich vom Fürstensaal, diente ehemals im Winter als
Speisezimmer, ist bis zum Gesims eichengetäfelt und mit reicher Schnitzarbeit
verziert, die Büffets links und rechts vom Ofen mit Huttens Wappen in die
Wand eingebaut; die beiden Surportes von Lothar Ignaz Schweikart (1751),
die seitlichen Wirtschaftsbilder von Januarius Zick, die Stukkatur um 1755.
 
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