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die neue Residenz von der Stadt „ziemlich entlegen". In dem Plane Ritters
habe er nur ein Kammerdienerzimmer gefunden und keine Garderobe, und doch
benötigte er außer der letzteren drei bis vier solcher Zimmer. Der Architekt wollte
„nach der neuen französischen Mode durch sog. Verschlage in den Zimmern
oder Babiloschky" abhelfen, womit er den „ganzen inneren Stock vollmachen
wollte". Dies konnte er, Schönborn, jedoch nicht approbieren, „denn alle meine
Zimmer hätten ihre Höhe verloren, und es wäre ein seltsam Werk gewesen,
wo die Leute einander auf dem Kopf tanzen und keiner einen Schritt tun kann,
daß der andere es nicht hört". Aus diesen Gründen habe er die Mezzana be-
fohlen. Der Einwendung Ritters, daß dies der bei den Franzosen üblichen
Architektur widerspreche, entgegnete er mit dem Hinweis, daß man solches in
Rom und Italien an den vornehmsten Palästen wahrnehmen könne, und er
müsse sagen, das; es, „da es vor Augen steht, gewiß nicht gegen die Architektur
aussehe".
Ritter, der vou Geburt adelige Architekt, uahm Schönborns Handlungs-
weise so übel, daß er mit dem Bruchsaler Schlvßbau nichts mehr zu tun hatte.
Dies Verhalten wäre unverständlich, wenn nicht er der Planfertiger für den
Mittelbau gewesen wäre. Der Kurfürst ließ sich von der Begründung seines
Neffen überzeugen und dachte jetzt anders als sein Baumeister. Das Eingreifen
Ritters in den Residenzbau hat, wie es sich denken läßt, das Verhältnis Rohrers
zum Bauherrn nicht günstig beeinflußt. Und nun sollte dem Rastatter Baunreister
die Aufgabe zufallen, an der Lösung der entstandenen Schwierigkeit zu arbeiten.
Dabei handelte es sich nicht bloß um die Standesehre des Künstlers, sondern
um nicht leicht zu überwindende technische Schwierigkeiten. Die durch die An-
ordnung Schönborns im Plan gestörte Proportion des Mittelbaues zu den
Flügeln mußte wiederhergestellt werden. Dies konnte nur geschehen auf Kosten
des obersten Stockwerkes und des Daches. Dagegen mußte die Haupttreppe
zum Beletage eine Erhöhung erfahren. Man kann es verstehen, daß Rohrer
bei der nötigen Umarbeitung der Zeichnungen keine Eile an den Tag legte.
Einstweilen konnten die Maurer im Jahre 1726 Weiterarbeiten. Als sie aber
im Frühling 1727 fortfahren wollten, winde Rohrer krank, und nach seiner
Wiedergenesung vernachlässigte er Bruchsal derart, daß es zum Bruch zwischen
ihm und Schönborn kam. Mit dem 30. September 1727 endigte das Dienst-
verhältnis Rohrers, der wenige Jahre später unter Hinterlassung zweier un-
mündiger Kinder starb.
In der Bauleitung betätigte sich im Jahre 1727 auch Johann Friedrich
Bruchleder, der im Oktober 1725 mit dem Jahresgehalt von 50 Gulden nebst
freier Station eingestellt worden war. Er gab sich als „Landingenieur" aus und
fand Verwendung als Zeichner. Am 28. Februar 1728 stellte er ein Verzeichnis
der zahlreichen Pläne und Zeichnungen auf, die Rohrer hier „unter Händen"
hatte und übergab. Darunter befanden sich auch die früher erwähnten zehn
Stück „zu allhiesiger Residenz" von Welsch. Auf Ende Februar 1728 wurde
auch Bruchleder entlassen.
die neue Residenz von der Stadt „ziemlich entlegen". In dem Plane Ritters
habe er nur ein Kammerdienerzimmer gefunden und keine Garderobe, und doch
benötigte er außer der letzteren drei bis vier solcher Zimmer. Der Architekt wollte
„nach der neuen französischen Mode durch sog. Verschlage in den Zimmern
oder Babiloschky" abhelfen, womit er den „ganzen inneren Stock vollmachen
wollte". Dies konnte er, Schönborn, jedoch nicht approbieren, „denn alle meine
Zimmer hätten ihre Höhe verloren, und es wäre ein seltsam Werk gewesen,
wo die Leute einander auf dem Kopf tanzen und keiner einen Schritt tun kann,
daß der andere es nicht hört". Aus diesen Gründen habe er die Mezzana be-
fohlen. Der Einwendung Ritters, daß dies der bei den Franzosen üblichen
Architektur widerspreche, entgegnete er mit dem Hinweis, daß man solches in
Rom und Italien an den vornehmsten Palästen wahrnehmen könne, und er
müsse sagen, das; es, „da es vor Augen steht, gewiß nicht gegen die Architektur
aussehe".
Ritter, der vou Geburt adelige Architekt, uahm Schönborns Handlungs-
weise so übel, daß er mit dem Bruchsaler Schlvßbau nichts mehr zu tun hatte.
Dies Verhalten wäre unverständlich, wenn nicht er der Planfertiger für den
Mittelbau gewesen wäre. Der Kurfürst ließ sich von der Begründung seines
Neffen überzeugen und dachte jetzt anders als sein Baumeister. Das Eingreifen
Ritters in den Residenzbau hat, wie es sich denken läßt, das Verhältnis Rohrers
zum Bauherrn nicht günstig beeinflußt. Und nun sollte dem Rastatter Baunreister
die Aufgabe zufallen, an der Lösung der entstandenen Schwierigkeit zu arbeiten.
Dabei handelte es sich nicht bloß um die Standesehre des Künstlers, sondern
um nicht leicht zu überwindende technische Schwierigkeiten. Die durch die An-
ordnung Schönborns im Plan gestörte Proportion des Mittelbaues zu den
Flügeln mußte wiederhergestellt werden. Dies konnte nur geschehen auf Kosten
des obersten Stockwerkes und des Daches. Dagegen mußte die Haupttreppe
zum Beletage eine Erhöhung erfahren. Man kann es verstehen, daß Rohrer
bei der nötigen Umarbeitung der Zeichnungen keine Eile an den Tag legte.
Einstweilen konnten die Maurer im Jahre 1726 Weiterarbeiten. Als sie aber
im Frühling 1727 fortfahren wollten, winde Rohrer krank, und nach seiner
Wiedergenesung vernachlässigte er Bruchsal derart, daß es zum Bruch zwischen
ihm und Schönborn kam. Mit dem 30. September 1727 endigte das Dienst-
verhältnis Rohrers, der wenige Jahre später unter Hinterlassung zweier un-
mündiger Kinder starb.
In der Bauleitung betätigte sich im Jahre 1727 auch Johann Friedrich
Bruchleder, der im Oktober 1725 mit dem Jahresgehalt von 50 Gulden nebst
freier Station eingestellt worden war. Er gab sich als „Landingenieur" aus und
fand Verwendung als Zeichner. Am 28. Februar 1728 stellte er ein Verzeichnis
der zahlreichen Pläne und Zeichnungen auf, die Rohrer hier „unter Händen"
hatte und übergab. Darunter befanden sich auch die früher erwähnten zehn
Stück „zu allhiesiger Residenz" von Welsch. Auf Ende Februar 1728 wurde
auch Bruchleder entlassen.