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Wilpert, Joseph [Editor]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0194

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174 Zwölftes Kapitel.

kennen sie nur aus Zeichnungen zweiter Hand, welche aber von keinem Geringeren,
als von Bosio, dem «Kolumbus der Katakomben », herrühren.' Bosio war zum
Kopiren gut veranlagt. Die von ihm angefertigten Zeichnungen verrathen vor allem
das Bestreben nach einer möglichst grossen Treue und unterscheiden sich dadurch we-
sentlich von denen Ciacconio's. Sie stammen offenbar aus den Anfängen seiner ar-
chäologischen Studien; denn diese nahmen bald einen solchen Umfang, dass er das
Kopiren der Katakombengemälde Andern überlassen musste.

Da Bosio in der Roma Sotterraiiea fast gar nicht von seinen Kopisten spricht,
so herrschte über dieselben lange Zeit eine grosse Unklarheit. Durch die ungenaue
Bemerkung Mancini's, eines Zeitgenossen Bosio's, verleitet, hielt de Rossi den «Gio-
vanni Angelo Santini Toccafondi Senese » für den Hauptkopisten.' In meiner Schrift
über die Alten Kopien konnte ich nachweisen, dass das Gros der Kopien von einem
andern (damals mir unbekannten) Zeichner stammt. Sein Name, Sancti Avanzini,
kam später, bei der Freilegung einiger Krypten in Santi Pietro e Marcellino zum Vor-
schein.3 Nun blieb noch der Name des « Pittore et Intagliatore », den Bosio gele-
gentlich der Beschreibung eines Besuches in Ponziano erwähnt, festzustellen übrig.
Unter, einer Tafel der Roma Sotterraiiea, auf S. 29, lesen wir « Seb. Ful. delineavit et
sculpt. »; ich ergänzte « Sebastianus Fulgentii (?)», weil dieser Name mir einmal in Santa
Domitilla begegnet ist. Der wirkliche Name lautet jedoch Fulcarus; ich fand ihn im
April 1899 in einer Kammer, welche eben damals in dem ersten Stockwerk der gleichen
Domitillakatakombe ausgegraben wurde.4 Fulcarus hat sich dort neben Bosio, mit dem
er das Coemeterium besuchte, eingeschrieben. Wie aus dem Mitgliederverzeichniss
der Pfarrei von San Lorenzo in Lucina hervorgeht, heisst er nicht Sebastiano, sondern
Francesco und gehörte zur Familie Bosio's, welcher ihn gegen feste Besoldung in sein
Haus aufnahm.5 Sebastiano war der Bruder Francesco's und hat höchstwahrscheinlich
nur für Severano, den Herausgeber der Roma Sotterraiiea Bosio's, nicht für Bosio
selbst, gearbeitet.

Bosio beschäftigte also drei Zeichner: den Römer Giovanni Angelo Tocca-
fondo, den Sienesen Sancti Avanzini6 und den «Maler und Kupferstecher» Fran-
cesco Fulcaro von unbekannter Herkunft.7 Die beiden ersten haben sich sehr häufig
durch Unterschriften mit Kohle in den Katakomben «verewigt». Avanzini setzte
zu seinem Namen gewöhnlich Stand und Heimath: «pittore Senese», Toccafondo
öfters das stolze « Romano » hinzu. Jener Hess es sich ausserdem nicht entgehen,
in den unterirdischen Krypten gelegentlich seine eigene Kunstfertigkeit glänzen zu

' Wilpert, Alte Kopien, S. 12 ff. Bosio, S. 39.

2 Wilpert, a. a. O., S. VIII. c Der kurz vorhin erwähnte Mancini hat beide

5 Wilpert, Zur Geschichte der alten Kopien, in Kopisten zu Einer Persönlichkeit verschmolzen.
Rom. Quartalschr., 1891, S. 284 ff. ' Francesco Fulcaro unterzeichnete sich dreimal

4 Wilpert, Le pitturc recentemente scopertc ncl in der Roma Sotterraiiea (S. 69, 73 u. 77), aber in so

eimitero dei Santi Pietro e Marcellino, in N. Bul- winzigen Lettern und in einer so versteckten Weise,

lettino, 1900, S. 85. dass mir dieses Detail entgangen ist. Vgl. Valeri,

! Antonio Valerio, Ccnni biografici di Antonio Cenni biograßei di A. Bosio, S. 40, Ann. 1.
 
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