Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0345

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Darstellungen, die sich auf Sünde und Tod beziehen. 325

« Der Erde entnommen, sollst du der Erde wieder zurückgegeben werden. So
ruht auch Agape, unsere Tochter, hier im Grabe, da Christus es gewollt hat».' Die-
selbe Ergebenheit in den Willen Gottes spricht aus den liturgischen Gebeten für die
Verstorbenen; und auch hier wird ausdrücklich auf das wegen der Sünde der Stamm-
eltern verhängte Todesurtheil Bezug genommen. In dem Sacrantentarium C-c/a-
siauum betet der Celebrans: « Des alten ob der Sünde des ersten Menschen verhängten
Todesurtheiles eingedenk, ...lasset uns für die Seele unseres theueren Verstorbenen...
die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes anflehen, damit er denselben in die ewige
Ruhe aufnehmen und zur Auferstehung mit den Seligen zulassen möge ». Ganz ähn-
lich lautet auch die entsprechende Oration in dem Sacramentai'itim Gallicanum vetiis;
und im fernen syrischen Orient klingt der Grundgedanke noch in der Anaphora des
jakobitischen Patriarchen Michael d. Gr. (f 1 199) wieder: « Bildner unserer Natur,
unser Gott..., der du das Leben und Heil aller willst, verleihe nach deiner Barmher-
zigkeit ein gutes Gedenken,.Verzeihung der Vergehen und Nachlassung der Sünden...
allen Söhnen deiner heiligen Kirche, die infolge des von deiner Gerechtigkeit wider
uns verhängten Todesurtheiles den bitteren Kelch des Todes gekostet haben » u. s. w.2

In dem gleichen Sinne, als Hinweis auf die Ursache des Todes und als Ausdruck
der christlichen Ergebenheit in den Willen Gottes, haben wir auch die Fiesken zu
deuten, welche den Sündenfall unserer Stammeltern im Paradiese schildern. Der
eine oder der andere ihrer Besteller oder Beschauer mag in dem verlorenen Paradiese
zugleich auch das im Tode wiederzugewinnende erkannt haben, wie dies der Dichter
Prudentius, welcher mit der bildenen Kunst der Katakomben so manigfache Bezie-
hungen aufweist, in dem « Hymnus circa exequias defuncti » thut.3 Sechzehn Darstel-
lungen der Sündenfalles sind auf uns gekommen. Was die formelle Bildung der
Komposition betrifft, so setzt sich die Scene, dem heiligen Text entsprechend, aus
den beiden Schuldigen, dem Elternpaar, aus dem Schuldobjekt, dem Baum, und aus
dem Versucher, der nach dem biblischen Berichte die Gestalt einer Schlange ange-
nommen hat, zusammen. Die Gruppirung dieser Komponenten geschah in ge-
schickter und symmetrischer Weise: der Baum und die Schlange wurden in die Mitte,
und die Stammeltern zu beiden Seiten von ihm gestellt. Die Sünde ist auf allen Dar-
stellungen als schon geschehen angenommen, weil Adam und Eva sich mit Blättern
die Blosse bedecken. Wenngleich die drei ältesten von den erhaltenen Fresken erst
aus dem 3. und die übrigen aus dem 4. Jahrhundert stammen, so dürfen wir die Exis-
tenz von älteren Darstellungen voraussetzen und die Bildung der Komposition in das
2. Jahrhundert hinaufrücken; denn gerade die Scene, welche die Reihe der erhaltenen
eröffnet, weicht von dem Durchschnittsbilde in einer Weise ab, aus der hervorgeht,
dass dieses seit längerer Zeit bestanden haben muss. Thatsächlich besitzt Neapel

' Wilpert, Fractio, S. 60. ' €athtmerinon, X r. 161-164 (Migne 59, 887 f.):»

1 Muratori, Liturg. rom. vetus, I, S. 749; Migne, Patet ecce fidelibus ampli Via lucida iam paradisi,

72, 568; Renaudot, Lihirg. Orient,, II, S. 443; vgl. Licet et nemus illud adire Homini quod ademerat

S. 266 und 516. anguis.
 
Annotationen