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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0528

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5o8

Dreiundzwanzigstes Kapitel.

Speckseiten und Lungen, in der Bude eines Kleiderhändlers gestickte Gürtel, Kissen
und eine Ärmeltunika, in der Werkstatt eines Messerschmiedes Messer, ein Beil und
eine Hacke, und in der pompejanischen Schenke Würste und andere Esswaren.'
Schon hieraus folgt, dass auf unserem Fresko irgend ein Verkaufsladen dargestellt
oder vielmehr nur angedeutet ist. Die Frau ergreift einen der Büschel mit der rechten
Hand, offenbar in der Absicht ihn zu kaufen; denn die ihr folgende Dienerin mit dem
Sack beweist, dass wir Personen, welche Einkäufe besorgen, vor uns haben. Die
pedissequa zupft ihre Herrin ungeduldig an der Tunika, ein kleiner Zug aus dem Fa-
milienleben, der um so mehr zu beachten ist, als er in der Malerei der Katakomben
einzig dasteht. Die Handgeberde der Frau war selbstverständlich von der Frage:
« Wie viel kostet der Büschel ? » beigleitet. Die Käuferin setzt aber nothwendig
eine Verkäuferin voraus. Diese war in dem zerstörten Theile rechts von dem Korbe

I



Fig. 49.

abgebildet, und zwar in dem Augenblick, wo sie durch Auswerfen der Finger der
rechten Hand die für den Büschel geforderte Summe angab. Die Richtigkeit des
letzteren Details ist durch die Verkaufscenen der pompejanischen Wandmalereien,
namentlich durch die vor wenigen Jahren in dem Haus der Vettii entdeckten, zur Ge-
nüge verbürgt. Auch auf dem Denkmal von Isernia, welches die bekannte Abrech-
nungscene darstellt, wirft die Gastwirthin (copo) zwei Finger aus, um dadurch «duos
asses» anzudeuten.2 Deshalb wird man gegen meine Wiederherstellung des Bildes,
welche ich in Fig. 49 biete, keinen Einwand erheben können.

Das Fresko ist auf einem schönen Bewurf von zwei Schichten in guten Farben
ausgeführt; es stammt von einem Maler der ältesten Künstlerfamilie, die in Santi
Pietro e Marcellino von Anfang bis über die Mitte des 3. Jahrhunderts hinaus be-
schäftigt war. Der Maler besass noch ein gewisses Mass schöpferischen Vermö-
gens. Die Gewandung", die er den Figuren gab, besteht in der seit dem 3. Jahr-
hundert üblichen Tunika mit langen Ärmeln, welche bei der Dienerin gegürtet, bei
den übrigen Gestalten ungegürtet ist. Die Frau in der Kaufscene trägt ausserdem

' Vgl. über die citirten Monumente Jahn, Dar- Königl. Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften, 1S61,
Stellungen antiker Reliefs, welche sieh auf Hand- S. 291 ff.
■merk und Handelsverkehr beziehen, in Berichte der ' Vgl. Jahn, a. a. O., Taf. 6.
 
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