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Winckelmann, Johann Joachim; Winckelmann, Johann Joachim [Hrsg.]; Bruer, Stephanie-Gerrit [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]; Gross, Marianne [Bearb.]
Schriften und Nachlaß (Bd. 2, T. 1): Sendschreiben von den herculanischen Entdeckungen — Mainz am Rhein: von Zabern, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.51406#0013
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Herkulaneum und Pompeji in den Schriften Winckelmanns

Eine Naturkatastrophe vor fast 2000 Jahren, der Vesuvausbruch vom 24. und 25. August 79 n.
Chr., führte innerhalb weniger Tage zum Untergang zahlreicher Ortschaften im römischen
Kampanien südlich Neapels.' Verschüttet unter Lehm und Schlamm oder Asche, Bimsstein und
Lapilli lagen Herkulaneum, Pompeji, Stabiae, Oplontis und andere römische Siedlungen am Fuße
des Vulkans. Ihre so jäh verschwundenen Straßen und Plätze, öffentlichen Bauten und Anlagen,
Häuser und Gärten, ja selbst viele der vom Unglück überraschten Einwohner schienen begraben
für die Ewigkeit und waren es über Jahrhunderte, in denen Erinnerung und Wissen an die genaue
Lage der antiken Städte verlorenging. Bis es im späten 17. Jahrhundert verschiedene Zufallsfunde
in der Region gab. So stieß man 1689 bei der Anlage eines Abwasserkanals im Gebiet von Pompeji
auf antike Inschriften1 2, und beim Bau einer Villa für den in Neapel stationierten Emanuel Moritz
von Lothringen, Prinz cf Elboeuf (gest. 1764), fand man 1709 oder 1711 nahe der Ortschaft
Portici dicht am Meer gelegene Ruinen antiker Wohnhäuser.3 Ungefähr zur gleichen Zeit wurde
im weiter landeinwärts gelegenen Zentrum der benachbarten Ortschaft Resina bei Brunnen-
arbeiten das Theater der antiken Stadt Herkulaneum entdeckt.4 * 6 * Obwohl über diese Funde
berichtet wurde, blieben sie zunächst ohne Folgen. Erst der kunstsinnige Karl III. von Bourbon
(1716-1788) veranlaßte als König beider Sizilien4 systematische Ausgrabungen. Einer seiner
Militäringenieure, der Spanier Roque Joachin Alcubierre’, war bei Geländevermessungen für den
Bau eines Landsitzes in Portici auf fragmentierte antike Statuen aufmerksam geworden. Man hatte
sie bei den Brunnenarbeiten in Resina gefunden und dort weitgehend unbeachtet aufgestellt.
Alcubierre leitete die nun folgenden Grabungen, unterstützt von dem ebenfalls in königlichen
Diensten stehenden Schweizer Offizier Carlo Weber8. Die Ausgrabungen in Herkulaneum
begannen im Jahre 1738, unmittelbar nach Amtsantritt Karls III. Seit 1748 folgten Freilegungen

1 Vgl. dazu den Augenzeugenbericht des jüngeren Plinius (Plin. epist. 6,16, 6,20).
2 Vgl. Komm. Sendschreiben S. 73,22.
3 Vgl. Sendschreiben 77-78 mit Komm. 77,25.
1 Vgl. Sendschreiben S. 79 mit Komm. 79,33 sowie S. 80 mit Komm. 80,1 und S. 77 mit Komm. 77,31.
3 Neapel gehörte Mitte des 18. Jahrhunderts unter die Herrschaft der spanischen Bourbonen. Karl III.
hatte das Königreich 1734 von den Österreichern erobert und wurde 1738 als König beider Sizilien anerkannt. Im
gleichen Jahr heiratete er Marie Amalie von Sachsen, die Tochter des Kurfürsten August III. 1759 wechselte Karl
III. auf den spanischen Thron. Justi5 II S. 209-210; Harold Acton, The Bourbons of Naples (1734-1825), 2. Aufl.
London 1957 S. 11-107; R. Burr Litchfield, Naples under the Bourbons. An Historical Overview, in: The golden
Age of Naples, Art and Civilization under the Bourbons 1734-1805, Ausst.Kat. Detroit und Chicago 1981/82 I
S. 1-14. Zur Kunstliebhaberei Karls III. vgl. Paderni in: PhilTr. 49 1755/56 S. 490.
6 Zu Alcubierre (gest. 1780) vgl. Komm. Sendschreiben7$A9·
William Hammond in: PhilTr. 41 1739/40 S. 345-346; Georg Knapton in: PhilTr. 41 1739/40 S. 490;
Venuti, Hercules-Stadt (1749) S. 72-78.
8 Zu Weber vgl. Komm. Sendschreiben 78,36 und Komm. Nachrichten 10,37. Als Weber 1766 starb,
wurde Francesco La Vega sein Nachfolger. Winckelmann war einer der ersten, der Webers akribische Pläne und
dreidimensionale Rekonstruktionszeichnungen von den Entdeckungen würdigte.
 
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