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Dürer, Albrecht; Winkler, Friedrich [Bearb.]
Die Zeichnungen Albrecht Dürers (Band 1): 1484-1502 — Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.61954#0018

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XII

EINFÜHRUNG

sungen religiöser Bildvorwürfe spiegeln die Anregungen des Landes wieder, das schon sein Vater der
großen Künstler wegen, die dort lebten, aufgesucht hatte. Wieder zu Haus, ging Dürer an mehrere
sehr bedeutende Unternehmungen, die aber fast alle in den Entwürfen, den machtvollsten und ergrei-
fendsten, die wir von ihm haben, stecken geblieben sind. So trägt auch dieser Abschnitt des Lebens
des großen Künstlers ein sehr eigentümliches neues Gepräge. Er wird im 4. Band mit etwa 200 Ab-
bildungen auf 170 Tafeln veranschaulicht werden.
Die Unterteilung größerer Abschnitte wie Jugend- und Wanderjahre, erste Nürnberger Jahre usw.
bot sehr verschiedene Möglichkeiten der Gruppierung des Materials. Man hätte die Technik der Blät-
ter oder ihre Zweckbestimmung ebenfalls zur Grundlage nehmen können. Nachdem ich verschiedene
Systeme bis in die Einzelheiten der Anordnung ausprobiert hatte, habe ich mich für das vorliegende
„gemischte“ entschieden. Es bietet gegenüber der rein technischen oder gegenständlichen Gruppie-
rung verschiedene Vorteile. Vor allem gibt es die Schwerpunkte zu erkennen, nach denen das Schaf-
fen Dürers in den verschiedenen Zeiten neigt, seien es technische oder gegenständliche Probleme oder
solche, die in der Person des Auftraggebers lagen. Die Verflechtung von eigenen und fremden An-
trieben, die mannigfachen Grundlagen, auf denen sich die klassische Zeichnung Dürers aufbaut,
kann so schon aus der Gruppierung erahnt werden.
Der Leser wird sich, wenn er von Dürers Fechtbuch, Kaiser Maximilians Gebetbuch oder dem Dres-
dener Skizzenbuch hört, vielleicht fragen, warum diese Werke von der Aufnahme in die vorliegende
Veröffentlichung ausgeschlossen sind. Wären die Buchillustrationen, zu denen außer den erstgenann-
ten noch kleinere gehören, einbezogen worden, hätte das Werk fast doppelt so stark werden müssen.
Auch sachlich läßt es sich nicht vertreten, sie in eine Reihe mit den Handzeichnungen, die Dürer Tag
für Tag für seine und neben seiner Arbeit anfertigte, zu stellen. Die Illustrationen sind abgeschlossene
Werke wie die Gemälde, Stiche usw., die als solche genommen werden müssen. Anders liegt die
Sache bei dem Dresdener Skizzenbuch. Der in der Landesbibliothek in Dresden befindliche Klebe-
band umfaßt vornehmlich Proportionsstudien Dürers, untermischt mit größeren und kleineren skiz-
zenhaften Blättern. Über die Absichten, die bei deren Vereinigung geherrscht haben, sind wir nicht
unterrichtet. Das Buch macht den Eindruck, als ob eilige Arbeiten kleineren Ausmaßes, wie sie der
Werkstattbetrieb mit sich bringt, hätten vor dem Verlust gerettet und eine Reihe seiner systematisch
vorgenommenen Proportions-Konstruktionen zu einem Ganzen vereinigt werden sollen. Beide Teile
sind wichtig zur Erkenntnis des Wesens Dürers. Während der letztgenannte wie ein unvollendetes
Buch aussieht, ist der erste ein so wirres Gemenge von kleinen und kleinsten Bruchstücken, daß es
zweckmäßig ist, nur das zu der vorliegenden Ausgabe heranzuziehen, was seine Stellung mit einiger
Sicherheit erhalten kann. Als Ganzes würde der Inhalt des Dresdener Skizzenbuches unsere Ausgabe
allzusehr belastet haben. Diese Stellungnahme kann umso eher verteidigt werden, als eine vollständige
Ausgabe des Werkes von R. Bruck vorliegt.
Wenn man die wenigen in Dürers handschriftlichem Nachlaß in London verstreuten Zeichnungen ver-
gleicht, möchte man für die Dresdener einen ähnlichen Ursprung annehmen. Die Londoner Blätter
sind zum größten Teil in Conway’s „Literary Remains of Albrecht Dürer“ und in dem letzten Bande
der Dürer Society veröffentlicht. Für sie gilt dassselbe wie für die Dresdener Zeichnungen. Ein noch
dringenderer Notstand der Dürerforschung liegt allerdings hier vor. Die — schwere aber doch dank-
bare - Aufgabe der Neubearbeitung des Londoner handschriftlichen Materials ist eine der allerwich-
tigsten Aufgaben der Dürerforschung.
 
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