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SCHEIBENRISSE UND STILVERWANDTE ZEICHNUNGEN UM 1500
zutreffend gewürdigt worden. Freilich kann ich
nicht so weit wie Schmitz gehen, der darin keine
Verbindung mit Wolgemut mehr sehen will.
Gerade die Fialenbekrönung ist ein Motiv, das
D. aus den großartigen Glasgemälden in St. Lo-
renz2 * haben kann. Schmitz datiert die Z. um
1496/98, Flechsig (II S. 71) um 1496. Letzteren
veranlassen die Analogien mit dem Turnier-
ritter Nr. 7 in der Turnierdecke des Pferdes und
dem hohen Sattel wie in der allgemein verwand-
ten Haltung, die Z. für abhängig von der älte-
ren zu erklären. Mir erscheinen die Gründe nicht
ausreichend, doch schließe ich mich der zeit-
lichen Einordnung der beiden an. Meine Anset-
zung im Lippm. unter „Scheibenrisse um 1500“,
an deren Spitze es gestellt ist, sollte nur eine all-
gemeine Datierung besagen. Daß es sich um
eine der ersten Arbeiten dieser Art handelt, be-
sagt der Stil unverkennbar deutlich. In diesem
Sinne ist Tietzes Angabe meiner Datierung (S.
119) zu berichtigen, die die Z. um 1510 in die
Nähe Kulmbachs setzen. Gerade zu dessen mehr-
fach erhaltenen Gesamtentwürfen von Glasge-
mälden bestehen unüberbrückbare Gegensätze,
die für das Verhältnis der beiden Künstler zur
Glasmalerei überaus lehrreich sind.
1 Die Glasgem. des Kgl. Kunstgew. Museums in Berlin
Bd. 1, 1913, S. 140.
2 Um 1480/90, Hans Wild und der Wolgemutwerkstatt
zugeschrieben.
VORBEMERKUNG ZUM BENEDIKTZYKLUS (NR. 198—209).
Die hier vereinigten 12 Darstellungen aus dem Leben des hl.Benedikt, zu denen noch der Scheibenriß
mit dem stehenden Heiligen von 1501 (Nr. 211) zu zählen ist, stellen wohl den am meisten umstrittenen
Teil des D.’schen Zeichenwerkes dar. Nicht etwa, wie gleich hinzugefügt werden muß, weil man
sich nicht über D. als Urheber der Blätter einigen konnte, sondern weil der Name, der vorgeschlagen
wurde, von fast jedem neuen Beurteiler durch einen anderen ersetzt wurde. So sind die Z. im Ver-
lauf der letzten 3—4 Jahrzehnte als Werke Grünewalds, Trauts, Kulmbachs, Wechtlins, Schäuffeleins
angesprochen worden. An D. ist dabei niemals gedacht worden!
In alter Zeit galten Teile des Zyklus, soweit es sich verfolgen läßt, als Werke unseres Künstlers.
Prestel hat 1814 die Darmstädter Kopie (Nr. 207) als D. gestochen. B. Hausmann fügte 1861 seiner
noch immer lesenswerten Schrift1, die eine für damalige Zeiten ungewöhnlich gute Kenntnis des Stof-
fes verrät, das in seiner Sammlung befindliche Blatt Nr. 202 unbedenklich als Titelblatt bei. Ihm galt
es als unverdächtiges Werk D.’s, er nennt auch 2 andere Blätter desselben Zyklus. Das Hauptstück
des Ganzen, Nr. 198, wurde um 1900 als „unbekannter Meister“ veröffentlicht2, es ist aber gewiß
nicht bedeutungslos, daß es sich in der Wiener Sammlung befindet, die den Grundstock der Z. D.’s
birgt. Sehr wahrscheinlich ist es mit ihm in die Albertina gelangt. Auf Grund seines Stils einen an-
deren Namen als den D.’s zu vertreten, ist nach meiner Ansicht heute unmöglich.
In dem Jahrzehnt vor 1900 scheint man wieder auf die damals noch spärlichen Teile des Zyklus auf-
merksam geworden zu sein. Fast jeder, der sich mit ihnen beschäftigte, fügte ein neues Glied hinzu
und nannte einen neuen Namen. In Wölfflins 1905 zuerst erschienenem Buche, wird der Zyklus in
keiner der bis 1926 erschienen 5 Auflagen erwähnt, soviel ich sehe. Wer außerhalb des mündlichen
oder schriftlichen Meinungsaustausches über D.-Fragen blieb, wie er zwischen Wien, Berlin und Lon-
don bestanden hat, mag wie Flechsig überrascht worden sein, als nach 1918 D.’s Name plötzlich in
dem Streit auf tauchte3.
x. A. D.’s Kupferstiche, Holzschnitte, Radierungen und Zeichnungen. 2 Schönbrunner-Meder Nr. 575.
3 Einen Überblick über die vor 1914 vertretenen Ansichten vermittelt Röttinger im Wiener Jahrb. Bd. 27, 1907, S. 5 ff.
und Dodgson in Vasari Soc. VI 26, sowie in der 11. Veröffentlichg. d. Graph. Gesellsch., Berlin (1909 „Holzschnitte zu
SCHEIBENRISSE UND STILVERWANDTE ZEICHNUNGEN UM 1500
zutreffend gewürdigt worden. Freilich kann ich
nicht so weit wie Schmitz gehen, der darin keine
Verbindung mit Wolgemut mehr sehen will.
Gerade die Fialenbekrönung ist ein Motiv, das
D. aus den großartigen Glasgemälden in St. Lo-
renz2 * haben kann. Schmitz datiert die Z. um
1496/98, Flechsig (II S. 71) um 1496. Letzteren
veranlassen die Analogien mit dem Turnier-
ritter Nr. 7 in der Turnierdecke des Pferdes und
dem hohen Sattel wie in der allgemein verwand-
ten Haltung, die Z. für abhängig von der älte-
ren zu erklären. Mir erscheinen die Gründe nicht
ausreichend, doch schließe ich mich der zeit-
lichen Einordnung der beiden an. Meine Anset-
zung im Lippm. unter „Scheibenrisse um 1500“,
an deren Spitze es gestellt ist, sollte nur eine all-
gemeine Datierung besagen. Daß es sich um
eine der ersten Arbeiten dieser Art handelt, be-
sagt der Stil unverkennbar deutlich. In diesem
Sinne ist Tietzes Angabe meiner Datierung (S.
119) zu berichtigen, die die Z. um 1510 in die
Nähe Kulmbachs setzen. Gerade zu dessen mehr-
fach erhaltenen Gesamtentwürfen von Glasge-
mälden bestehen unüberbrückbare Gegensätze,
die für das Verhältnis der beiden Künstler zur
Glasmalerei überaus lehrreich sind.
1 Die Glasgem. des Kgl. Kunstgew. Museums in Berlin
Bd. 1, 1913, S. 140.
2 Um 1480/90, Hans Wild und der Wolgemutwerkstatt
zugeschrieben.
VORBEMERKUNG ZUM BENEDIKTZYKLUS (NR. 198—209).
Die hier vereinigten 12 Darstellungen aus dem Leben des hl.Benedikt, zu denen noch der Scheibenriß
mit dem stehenden Heiligen von 1501 (Nr. 211) zu zählen ist, stellen wohl den am meisten umstrittenen
Teil des D.’schen Zeichenwerkes dar. Nicht etwa, wie gleich hinzugefügt werden muß, weil man
sich nicht über D. als Urheber der Blätter einigen konnte, sondern weil der Name, der vorgeschlagen
wurde, von fast jedem neuen Beurteiler durch einen anderen ersetzt wurde. So sind die Z. im Ver-
lauf der letzten 3—4 Jahrzehnte als Werke Grünewalds, Trauts, Kulmbachs, Wechtlins, Schäuffeleins
angesprochen worden. An D. ist dabei niemals gedacht worden!
In alter Zeit galten Teile des Zyklus, soweit es sich verfolgen läßt, als Werke unseres Künstlers.
Prestel hat 1814 die Darmstädter Kopie (Nr. 207) als D. gestochen. B. Hausmann fügte 1861 seiner
noch immer lesenswerten Schrift1, die eine für damalige Zeiten ungewöhnlich gute Kenntnis des Stof-
fes verrät, das in seiner Sammlung befindliche Blatt Nr. 202 unbedenklich als Titelblatt bei. Ihm galt
es als unverdächtiges Werk D.’s, er nennt auch 2 andere Blätter desselben Zyklus. Das Hauptstück
des Ganzen, Nr. 198, wurde um 1900 als „unbekannter Meister“ veröffentlicht2, es ist aber gewiß
nicht bedeutungslos, daß es sich in der Wiener Sammlung befindet, die den Grundstock der Z. D.’s
birgt. Sehr wahrscheinlich ist es mit ihm in die Albertina gelangt. Auf Grund seines Stils einen an-
deren Namen als den D.’s zu vertreten, ist nach meiner Ansicht heute unmöglich.
In dem Jahrzehnt vor 1900 scheint man wieder auf die damals noch spärlichen Teile des Zyklus auf-
merksam geworden zu sein. Fast jeder, der sich mit ihnen beschäftigte, fügte ein neues Glied hinzu
und nannte einen neuen Namen. In Wölfflins 1905 zuerst erschienenem Buche, wird der Zyklus in
keiner der bis 1926 erschienen 5 Auflagen erwähnt, soviel ich sehe. Wer außerhalb des mündlichen
oder schriftlichen Meinungsaustausches über D.-Fragen blieb, wie er zwischen Wien, Berlin und Lon-
don bestanden hat, mag wie Flechsig überrascht worden sein, als nach 1918 D.’s Name plötzlich in
dem Streit auf tauchte3.
x. A. D.’s Kupferstiche, Holzschnitte, Radierungen und Zeichnungen. 2 Schönbrunner-Meder Nr. 575.
3 Einen Überblick über die vor 1914 vertretenen Ansichten vermittelt Röttinger im Wiener Jahrb. Bd. 27, 1907, S. 5 ff.
und Dodgson in Vasari Soc. VI 26, sowie in der 11. Veröffentlichg. d. Graph. Gesellsch., Berlin (1909 „Holzschnitte zu