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Nr. 78 des „Wahren Jakob" gelangt am 20. Juli 1889 zur Ausgabe.



der Zeit. “*•••■

Der Schah von Persien hat bei seinem Aufenthalt in Berlin das Nützliche mit dem Angenehmen verbunden und
Pump versuche angestellt. Das Ergebniß war ein sehr trockenes, so daß der Schah unmuthig die Berliner Pump-
Einrichtung als die schlechteste der Welt erklärte.

Börsenmanöver.

„Der Russe kommt, der Russe kommt!"

So schreit es auf allen Gassen,

„Und wenn nicht das große Bündniß frommt,
So müssen wir Haare lassen!"

Sie rufen's immer, sie rufen's laut,
Sie stellen sich ängstlich und traurig,
Es läuft dem Philister die Gänsehaut
Wohl über den Rücken kaltschaurig.

Und wenn du nach der Börse blickst,
Da drängt sich's in ihren Hallen,

Da wird gehandelt, gejobbert, gefixt,
Papierches steigen und fallen.

Du siehst, wie den mühelosen Gewinn
Sie flugö in die Tasche stecken,

Das Publikum, es fällt wieder rin
Und zahlt für den Russenschrecken.

Darum.

A.: Warum wurden von jeher immer die Vor-

kämpfer der Aufklärung, Giordano Bruno, Hußrc.
verbrannt, und niemals die Philister?

B.: Ach, die hätten ja doch nicht Feuer ge-
fangen.

Die Verstaatlichung der Bergwerke.

Von allen Seiten wird nun die Verstaatlichung
der Bergwerke verlangt. Wie wir hören, stellen
sich der Sache indessen große Schwierigkeiten ent-
gegen, da die Entschädigungen, welche die Besitzer
der Kupferbergwerke verlangen, zu hoch ange-

setzt sind, als daß der Staat sich darauf einlassen
könnte. Die Kupferbergwerksbesitzer verlangen näm-
lich, daß ihnen der Ladenpreis aller Spirituosen,
die sie aufgewendet haben, um ihre Bergwerke in
den gegenwärtigen blühenden Stand zu bringen,
baar in Reichsmünze ausbezahlt werde. Ein be-
kannter Oberbergrath soll eine Berechnung für alle
deutschen Kupferbergwerke aufgestellt haben, die sich
auf mehrere hundert Millionen beläuft. Er selbst
hofft durch die bei der Verstaatlichung auszuzahlende
Entschädigung ein reicher Mann zu werden.

Die ersten Chinesen.

„Es ist nur ein Scherz ja gewesen,
Nie werden wir uns die Chinesen
Zu Arbeitskräften erlesen."

Und doch ist der Zopfmann gekommen,
Auf Schiffen hat Dienst er genommen,
Zu des Rheders Nutzen und Frommen.

Sehnsucht.

Die Sternlein blinken so golden
Herab vom Firmament,

Hier unten wandelt der Hofrath,
Deß Herz in Sehnsucht brennt.

Ihr Sternlein, seufzt er, dort oben
Wie seid ihr fern und klein;

Wenn eins von euch doch fiele
Jn's Knopfloch mir hinein!

O Hofrath mir leerem Knopfloch,
Wie schnöd ist diese Welt,

Daß deinetwegen nicht einmal
Ein Stern vom Himmel fällt!

Gefunden.

In der Schlosserei-Fachausstellung in
Berlin wurde ein Papagenoschloß prämiirt, wel-
ches sich vortrefflich für den menschlichen Mund
eignet und daher als Ersatz des Sozialisten-
gesetzes vorgeschlagen werden soll.

Bald seh'n wir sie auch auf dem Lande
Die Kulis, die Asien uns sandte
Zum Schaden dem Arbeiterstande.

Doch Arbeiter, faß dir ein Herz nur,
Verbanne darob jeden Schmerz nnr,

Du weißt, es geschieht ja zum S cherz nur!

Zeitschwingen.

Die Russen wollen die ganze Welt
Mit ihren Kosacken zittern machen,

Jedoch sie haben gar kein Geld

Und da muß man oftmals herzlich lachen.

Den armen Mann wollen Alle schützen,

Die Junker und Pfaffen heute zumeist;

Dem armen Mann wird die Einsicht nützen,

Daß man mit der Wurst nach der Speckseite schmeißt.

Die Schriftsteller-Misere wird immer größer
Und das gereicht gewiß zum Verdruß;

Doch größer noch wird die Misere für den Leser,
Der schlechtere Bücher stets lesen muß.

Die Arbeiter, meint ihr, sei'n Alle zufrieden,
Seit die „Sozialreform" ihnen beschieden?

Jaja, dann schenkt nur noch ihnen Allen
Auch neue Gürtel, sich enger zu schnallen.

—11

Redaktion, Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
 
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