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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 4.1930

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Nr. 41 (12. Oktober)
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Jahrg. IV, Nr. 41 vom 12. Oktober 1930

WELTKUNST

„Darstellung im Tempel" (1655) und „Klage
um den toten Abel", welche beide leßtere
Valentiner — der Herausgeber des zeich-
nerischen Werkes Rembrandts — neuerdings
als Originale bestimmt hat.
Damit wollen wir den kurzen Überblick
über diese instruktive Schau beschließen. Sie
reiht sich den vielen sehenswerten Ausstellun-
gen in der Staat!. Graph. Sammlung, die wir
deren Direktor, Dr. O. Weigmann, ver-
danken, würdig an.
Verbunden damit ist die Darbietung des
graphischen Werkes von Graf Leopold von
Kalckreuth. Sie lehrt uns diesen be-
deutenden, vor zwei Jahren verstorbenen
Künstler von einer seither vielleicht zu wenig
beachteten Seite kennen. Namentlich fällt
die große Reichhaltigkeit dessen auf, was
hier in allen Techniken — von der Bleistift-
skizze bis zum großen Schabkunstblatt — und
auf allen Gebieten — Landschaft, Figurenbild
und Bildnis — geboten ist. Auch hier wieder
der häufige Falk Wenn die Gemälde einmal
nicht mehr verstanden werden, an den
Zeichnungen wird man sehen, welch großer
Künstler er war. L. F. F. (München)

Die Expertise
Beiträge zur Diskussion des Problems

In Fortsetzung der von uns in Nr. 33 der ,,Kunst-
auktion" mit dem Vorschlag von Dr. Lapp-Rottmann
eröffneten Diskussion*) bringen wir heute weitere
Beiträge von Dr. Erich W i e s e , Direktor des Schle-
sischen Museums (Breslau), und von Dr. Heinrich
Le p o r i n i, Kustos der Albertina (A ien).

Dr. Erich Wiese, Breslau:
Der Kunstwissenschaftler ist auf Reisen
dauernd angestrengt bemüht, durch Sehen,
Vergleichen, Wiedersehen seine Augen zu
schärfen, seine Kenntnis zu erweitern. Der
Sammler sollte ein Gleiches, wenigstens auf
einem Spezialgebiet, versuchen, d. h. sein
eigener Experte werden oder sich wenigstens
eine gewisse Kontrollfähigkeit aneignen. Vor

werden. Für viele andere wird sie, als un-
ausschaltbares Glied in einem zähen System,
noch lange bleiben, was sie heute ist, oder
besser: vorgibt, zu sein.
Dr. H. Leporini, Wien:
Zur Streitfrage „Expertisenwesen“ möchte
ich mir erlauben, folgendes zu bemerken:
Ein Allheilmittel gegen Expertisenunfug
wird sich schwerlich finden lassen. Es gibt
keine „Muß" und „Soll“, die für jedermann
Geltung haben; und Expertenvereine und
-Organisationen dürften kaum allgemeine An-
erkennung finden und ihren Wirkungskreis
höchstwahrscheinlich auf 50 Mark-Kunsiware
beschränken müssen.

Die Bibliophile Tagung
in Bremen
In Bremen fand vom 27. September bis
zum 3. Oktober eine bibliophile Woche anläß-
lich der diesjährigen Tagung der Deutschen
Gesellschaft der Bibliophilen statt. Die Fest-
lichkeiten begannen mit einer Begrüßung
durch den Senat im Rathaus und mit einer
Ansprache des Senators Dr. Spifta. Am
nächsten Tage erfolgte die eigentliche Arbeit
des Kongresses dank der Gastlichkeit der
Kaffee-HAG im Hag-Haus in der Böttcher-
straße. In den Schaufenstern der Böttcher-
straße zeigte ein Fenster die' Organisation
und den Aufbau der größten deutschen
Exportbuchhandlung A.-G. von Halem, ein
anderes das neue Hoetger-Buch und ein
drittes die verschiedenen Nummern der von
Albert Theile redigierten internationalen Zeit-
schrift „Die Böttcherstraße“. Im Hag-Haus
selbst halten Bremer Verlage und solche,
die zu Bremen enge Beziehungen haben, wie
der Insel-Verlag und der Verlag Rowohlt,
deren Leiter Prof. Kippenberg und Herr
Rowohlt beide aus Bremen stammen, Ver-
lagswerke ausgestellt.
Die Tagung selbst zeigte ein betrübliches
Abbild der allgemeinen wirtschaftlichen De-
pression, da der sonst bisher ständig voll be-
seßte numerus clausus der Mitgliederzahl
infolge vieler Austritte nicht erreicht war, so
daß jeßt wieder die Möglichkeit besteht, ohne
Wartezeit dieser größten und wichtigsten
bibliophilen Vereinigung Deutschlands beizu-
treten, während früher auf das Ausscheiden
von Mitgliedern ofl jahrelang von Anwärtern
gewartet werden mußte.
Die Kongreß-Teilnehmer machten von der
Gelegenheit, Bremen und seine Sehens-
würdigkeiten kennenzulernen, ausgiebig Ge-
brauch. Führungen durch die Werkgebäude
der Kaffee-HAG und ein Ausflug nach
Bremerhaven mit einer Besichtigung des
Dampfers Bremen gaben eine Vorstellung
von der wirtschaftlichen Bedeutung der Han-
delsstadt. Das Roselius-Museum zeigte die
Bedeutung des dort manifestierten Mäce-
natentums. Vorträge in der Staatsbibliothek
von ihrem Direktor Kniftermeyer über wert-
volle Handschriften und Drucke der Biblio-
thek, Ausstellungen der Sammlung Melchior
Goldast von Haiminsfeld, sowie von Bremen-
sien, — Vorträge des verdienten Direktors
der Kunsthalle Prof. Waldmann über die In-
kunabel-Sammlung H. H. Meier, und von
Direktor Grohne im Focke-Museum über alte
Bremer Gelegenheits- und Privatdrucke und
schließlich die Ausstellung „Buch und Schrift“
in der Staatlichen Kunsigewerbeschule führten
zum engeren Interessenbereich der Kongreß-
Mitglieder.
Unter den Kongreß-Reden war besonders
wichtig die von Paul Hirsch- Frankfurt am
Main, der sich mit programmatischen Er-
klärungen auf der vorigen Darmstädter
Tagung temperamentvoll auseinanderseßte.
Als nächster Tagungsort wurde Berlin
bestimmt. Dr. ß
Kongreß für Ästhetik und
Kun stwissenschaft
Am 7' w“rde *n Hamburg der
4. Kongreß für Ästhetik und Kunstwissenschaft
eröffnet. Im Mittelpunkt der Vorträge und
Diskussionen stand das Problem „R a u m u n d
Zeit besonders in seinem Gegensaß und
seiner Parallelität zum naturwissenschaftlichen
Raum-Zeit-Problem. Den einleitenden Vortrag
hielt Prof. Ernst Cassirer, und zwar über
„Theoretischen, mystischen und ästhetischen
Raum". Weitere Vortrage von A. G ö r 1 a n d
über „Die Mode als spielbildender Faktor"
und von H. Friedmann (Helsingfors) über
■.Raum und Zeit vom Standpunkte des
morphologischen Idealismus schlugen die
Brücke zu den speziell kunstwissenschaftlichen
Problemen.


Albrecht Dürer, Hl. Hieronymus, Radierung
Dubletten der Eremitage und anderer Staatlicher Sammlungen der Sowjetunion
Versteigerung bei C. G. Boerner, Leipzig, am n.—13. November 1930
Albrecht Dürer, St. Jerome, Eau forte
Doubles de VEremitage et d'autres musees publiques de V Union des Sovjets
Vente chez C. G. Boerner, Leipzig, les 11—13 Novembre 1930
Albrecht Dürer, St. Hieronymus, Etching
Duplicates ofthe Eremitage and of other state museums of the Sowjets
To be sold by auction by C. G. Boerner, Leipzig, on the uth, I2th, I3th of November 1930

allem aber sollte er sich, was unser größter
Experte, Max J. Friedländer, oft genug be-
tont hat, nur von einem Grundsaß leiten
lassen: Qualität zu kaufen, „ohne An-
sehen der Person“, aber mit genauem Hin-
sehen auf die Erhaltung. Wobei zu leßterem
die alte Frage in Erinnerung zu bringen ist:
Warum soll bei alten Bildern nicht billig sein,
was bei antiker Plastik recht (und Gewohnheit!)
war; nämlich sie — von gewissen Konser-
vierungsmaßnahmen abgesehen — im Zustand
ihrer natürlichen Alterserscheinung zu lassen?
Wer solche Kunstwerke nicht mag, erwerbe
eben nur sehr gut erhaltene. Den Erhaltungs-
zustand festzustellen, ist allerdings für den
ernsthaften Sammler und Händler heut zum
brennenden Problem geworden, dem auf der
internationalen Tagung in Rom im Oktober
dieses Jahres zum erstenmal systematisch zu
Leibe gegangen werden soll.
Das oben Gesagte bezieht sich nur auf
den echten Kunstliebhaber — Vorbild: Figdor.
Ihm wird die Expertise entbehrlich sein oder
*) Bisher nahmen das Wort: Max J. Friedländer,
Sehottmüller, Gold, Brandmayer, Winkler, Glück,
Holmes, Koetschau. Stransky, Tietzei, Heinemann-
r leischmann, Baum, 0. Fischer, de la Faille, H. Schmitz.

Soll eine Expertise als Dokument einer
Versicherungspolice oder einem Bankpapier
gleichgehalten werden, so muß sie auch ebenso
kritisch wie derartige Papiere beurteilt wer-
den. Nicht alle Bankhäuser und Versiche-
rungsgesellschaften haben ein gleichwertiges
Renommee. Ein gewisser Wertunterschied liegt
ja auch schon im Wortlaut und Inhalt einer
Expertise. Man kann unterscheiden: Gut-
achten, die bloße Meinungsäußerungen, ge-
wissermaßen unverbindlicher Ausdruck eines
„Dafürhaltens" sind: „Ich halte das für . . .",
und Expertisen, welche die bestimmte Doku-
mentierung einer sicheren Feststellung ent-
halten: „Das mir vorgelegte . . . ist“. Im
ersten Falle ist ein Irrtum möglich, im zweiten
Fall muß jeder Irrtum ausgeschlossen sein,
oder es liegt sträflicher Leichtsinn oder
Ärgeres vor. Als Experte der Kunstabteilung
der Dorotheums habe ich manchmal Expertisen
in der Hand, die ich unberücksichtigt lasse —
auch im Interesse derjenigen, welche sie ge-
schrieben haben.
Ich glaube, daß man in der Praxis am ein-
fachsten durch Verschärfung der Expertisen-
kritik zu einer Gesundung des Expertisen-
wesens gelangen könnte, indem man strenger

unterscheidet zwischen Gutachten, die mehr
oder weniger wissenschaftlich begründet sind,
und eigentlichen Expertisen, bei welchen aus-
drücklich „die volle Haftung des be-
treffenden Experten für alle
durch Irrtümer entstandenen
Rechtsfolgen" verlangt wird. Einer
solchen „Feststellungsexpertise“ wird gewiß
ein anderer Werf beizumessen sein als einem
bloßen „Dafürhaltensgutachten“. Ein amerika-
nischer Sammler sagte mir vor einigen Jahren,
daß es in Amerika drei verschiedene Rem-
brandts gibt: den „eigentlichen“ Rembrandt,
den „Bode-Rembrandt“ und den „kleinen
Valentiner-Rembrandt“ — d. h. es gibt zwei-
fellos als echt mit voller Sicherheit feststell-
bare Rembrandtbilder und solche, die man mit
mehr oder weniger Begründung dafür halten
kann, — Rembrandts, die jeder Spezialkenner
mit voller Haftung anzuerkennen bereit ist,
und solche, für deren Echtheit schwerlich eine
persönliche Haftung übernommen wird. Ein
alter Meister, der sich schließlich als über-
malter Kaiser Franz Joseph entpuppt, kann
Gegenstand eines irrtümlichen Gutachtens,
aber niemals einer mit voller Haftung
gezeichneten Feststellungsexpertise sein.

.Aus den Museen

Massenbesuch der neueröffneten
Berliner Museen
Tausende von Besuchern haben am ersten
Sonntag nach der Eröffnung in langsamer
Völkerwanderung die neuen Räume bewun-
dernd durchwandert. Die besondere Befrie-
digung des Publikums erregte die Anordnung
des architektonischen Teiles.

Ägyptische Goldschmiedekunst
Bei den gewaltigen Um- und Neubaufen
auf der Museumsinsel ist eine Abteilung,
deren beschränkter Raum seinerzeit die Pläne
Bodes und Messels beeinflußte, zu kurz ge-
kommen: die ägyptische des allen Museums.
Wirtschaftliche Gründe haben es bedingt, daß
gerade die Bauten zur Abhilfe dieser
Kalamität vertagt worden sind. Um nun dem
Publikum die seit zehn Jahren verborgenen
Gold- und Silberschäße wieder zugänglich zu
machen, hat Prof. Heinrich Schäfer, der Leiter
der ägyptischen Abteilung, einen großen Teil
dieser Schäße im Oberstock des Alten
Schinckel-Baues, im Antiguarium in einem
großen Schrank ausstellen lassen. Arbeiten
um 2300, 1500, 1200 vor Christus, die in ihrer
Ausführung in nichts dem Besten heutigen
Kunstgewerbes nachstehen: Figuren, Ketten,
Ringe, Gebrauchgegenstände sind wieder
sichtbar geworden. Es sei nur eines der
schönsten Stücke aus der Figurensammlung
erwähnt, ein wunderbarerer Seelenvogel,
dessen weit ausgebreitete Flügel aus
Zellenwerk in Gold eingelegter Lapislazuli-
und Türkisplättchen bestehen.
Munch-Erwerbungen
der Berliner National-Galerie
Der Empfang, den kürzlich der Vorsißende
der neugegründeten Vereinigung der Freunde
der Galerie, Baron Dr. Eduard v. d. Heydt,
aus Anlaß des 10jährigen Bestehens der
neueren Abteilung der Nafionalgalerie veran-
staltete, erhielt seine besondere Prägung
durch die Vorführung von drei neu erworbenen
Munch-Bildern. Das eine Bild, „Sommertag“,
stammt aus dem Fries von 14 Lebensbildern,
die Munch 1903 für den Lübecker Kunstfreund
und Augenarzt Linde gemalt hafte. Die beiden
anderen, „Sommernacht" und „Einsamkeit“,
gehören zu der Bilderreihe aus den Berliner
Kammerspielen, 1907 im Auftrage Reinhardts
entstanden, aber schon 1912 abgenommen und
verkauft. Alle drei Bilder entstammen der
Sammlung Prof. Dr. Curt Glaser.
Neuerwerbungen moderner Kunst
im Elberfelder Museum
Zu den Erwerbungen moderner Kunst, die
der neue Direktor des Wupperthal-Museums,
Dr. Victor Dirksen, gemacht hat und die jeßt
im Elberfelder Museum ausgestellt sind, ge-
hören u. a. Munch, Mädchen mit rotem Hut, —
eine Landschaft von San Salvatore von Carl
Hofer, — Dieß Edzards Bildnis des Kardinal-
Erzbischofs Dr. Hartmann, ferner Arbeiten von
Nolde, Pechstein, Schmidt-Rottluff, Kandinsky,
endlich Plastiken von Albiker, Antes und de
Fiori.
Erweiterung des Stettiner Museums
Das Stettiner Stadimuseum wird demnächst
seine neugeordneten Schäße der Öffentlich-
keit zugänglich machen. Kunstgewerbe, An-
tike, alte Drucke und schöne Bucheinbände
sind in den neuen Räumen in glücklichster
Weise geordnet und aufgestellt.

GALERIEN FLECHTHEIM
BERLIN W1O LÜTZOWUFER 13 KÖNI<3SALLE E 34, DÜSSELDORF

Objets de Collection
Tapisseries - Peintures

BRING de LAROUSSILHE
34, Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes) Paris

Du Haut-Moyen Age
ä la Renaissance
 
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