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ein zweites quadratisch eingeschnitten wor-
den, wobei eins Cognomen des Ccnturio bis
auf den letzten Buchstaben und die dar-
unter befindliche Blätterguirlande wegge-
schnitten wurden; auch neben diesem
zweiten Schloss befindet sich auf jeder
Seite ein Nagelloch.
Es ist sofort erkannt worden, dass diese
Trümmer herstammen ans der Niederlage,
welche die germanischen Armeen im Herbst
des J. 69 unter den Mauern von Cremona
erlitten und durch die die Herrschatt
Vespasians entschieden ward. Die vierte
macedonischc Legion wurde bekanntlich
im ,T. 43 in Folge der Besetzung Britan-
niens aus Spanien nach Mainz geschickt und
blieb hier, bis Caecina sie, um Vitellins
auf den Thron zu setzen, nach Italien
führte: siegreich in dem ersten Treffen
bei Cremona befand sie sich, als der Kampf
mit den Flavianern begann, in Hostilia bei
dem Gros der Viteliianer und gelangte mit
diesem, als die Flavianer sich gegen Cre-
mona wandten, nach einem Gewaltmarsch
dort hin, wo sie dann in jener ent-
scheidenden nächtlichen Schlacht in die
Stadt zurückgeworfen und bei deren Ein-
nahme und Einäscherung aufgerieben zu
Grunde ging. Der Kasten ist für diese
Legion, wie die Inschrift zeigt, im J. 45
n. Ohr. angefertigt worden und was sich
hieraus ergiebt, dass er 24 Jahre im Ge-
brauch geblieben ist, bestätigt der Augen-
schein durch die an ihm vorgenommene
Reparatur.
Mit Hülfe dieser fast vollständig er-
erhaltenen Inschrift hat der Herausgeber
auch das Bruchstück der zweiten in be-
friedigender Weise so weit möglich also
ergänzt:
■p • cornelio scipione
cos
q-volu S I 0 SATVR nino
.. pompEIO PAVLINo leg
Die Consuln sind die des J. 56.
Von weiterem Interesse sind, abge-
sehen von dem Doppelwappen der Legion,
das denen auf den Legionsmünzen Galliens
und der Stadt Viminacium analog ist, die
Namen der beiden Legaten und die Nen-
nung des Centurionen, sowie die Bestim-
mung des Gerätes selbst.
Die Legaten sind beide bekannt. C.
Vibius Rufinus kehrt wieder auf einer vor
wenigen Jahren in Mainz gefundenen In-
schrift, dem Kaiser Claudius im J. 43 ge-
setzt von den cives Homani manticulari
negotiatores C. Vilm Iiufino leg. pro pr. ’);
wir sehen jetzt, dass er von 43 bis 45
Legat von Obergermanien war. Er hat
einige Zeit vor dem J. 43 mit dem Vater
des Kaisers Nervadas Consulat verwaltet2).
Der Kasten, der unter seiner Statthalter-
schaft für die vierte macedonische Legion
angefertigt ward, ist also wahrscheinlich
Mainzer Arbeit. — Pompeius Paulinus war
nach Tacitus3) im J. 58 Legat von Nieder-
germanien : das cremoneser Fragment zeigt,
dass er bereits im J. 56 dieselbe Stel-
lung bekleidete. — Dass zwei wahrschein-
lich gleichartige Geräte, das eine einer
obergermanischen, das andere einer unter-
germanischen Legion, bei Cremona sich zu-
sammen gefundenhaben, ist wohl merk-
würdig, aber nicht weiter auffallend; beide
Heere, deren Hauptquartier diese Reste
1) J. Klein, rhein. Mus. 1880 S. 154. Barnabei,
der diese Inschrift nicht gekannt hat, betrachtet
ihn unrichtig als Legat der Legion.
2) Die beiden stadtrömischen Inschriften, die
Bauinschrift des Carcer Mamertinus: G. Vibius
G. f. liußnus M. Gocceius M. f. Nerva cos. ex s. c.
(C. 1. L. YI, 1539) und eine Grabschrift mit dem
Datum decessit non. Augustis M. Cocceio Nerva G. Vibio
Rufino cos. (C. I. L. YI, 9005) setzt noch Klein
kurz vor 24, weil er in dem Collegen des Rufinus
den vor diesem Jahr zum Consulat gelangten
Grossvater des Kaisers Nerva erkennt. Aber das
Intervall zwischen Consulat und Legation ist dabei
allzu lang angesetzt und man wird in diesem
Nerva vielmehr den Yater des Kaisers zu erkennen
haben. Dieser ist in den Kleinschen Fasten
im Anschluss an eine beiläufige Äusserung Henzens
als sufiectus des J. 40 mit Publicola verzeichnet.
Aber die interpolierte C-onsulartafel des Prosper,
auf der diese Aufstellung allein beruht, nennt
keine suffecti, sondern wiederholt hier, wie sie
pflegt, an unrichtiger Stelle das in da» J. 718
gehörende Consulpaar Publicola et Nerva. Das
Jahr der Consuln Nerva und Rufinus ist nicht ge-
nau zu bestimmen, aber sie müssen kurz vor
dem J. 43 die Fasees geführt haben. — G. Vibius
G. /. Ruf as, den Dio 57, 15 als Consul und die In-
schrift C. VI, 1237 als ersten der fünf curatores
riparum erwähnt, ist wahrscheinlich nicht ver-
schieden von dem in den sehr fehlerhaften Fasten
von Antium als G. Vibius I/ibo unter dem J. 16
n. Chr. aufgeführten Consul und vermutlich der
Vater unseres Legaten.
3) ann. 13, 53.
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ein zweites quadratisch eingeschnitten wor-
den, wobei eins Cognomen des Ccnturio bis
auf den letzten Buchstaben und die dar-
unter befindliche Blätterguirlande wegge-
schnitten wurden; auch neben diesem
zweiten Schloss befindet sich auf jeder
Seite ein Nagelloch.
Es ist sofort erkannt worden, dass diese
Trümmer herstammen ans der Niederlage,
welche die germanischen Armeen im Herbst
des J. 69 unter den Mauern von Cremona
erlitten und durch die die Herrschatt
Vespasians entschieden ward. Die vierte
macedonischc Legion wurde bekanntlich
im ,T. 43 in Folge der Besetzung Britan-
niens aus Spanien nach Mainz geschickt und
blieb hier, bis Caecina sie, um Vitellins
auf den Thron zu setzen, nach Italien
führte: siegreich in dem ersten Treffen
bei Cremona befand sie sich, als der Kampf
mit den Flavianern begann, in Hostilia bei
dem Gros der Viteliianer und gelangte mit
diesem, als die Flavianer sich gegen Cre-
mona wandten, nach einem Gewaltmarsch
dort hin, wo sie dann in jener ent-
scheidenden nächtlichen Schlacht in die
Stadt zurückgeworfen und bei deren Ein-
nahme und Einäscherung aufgerieben zu
Grunde ging. Der Kasten ist für diese
Legion, wie die Inschrift zeigt, im J. 45
n. Ohr. angefertigt worden und was sich
hieraus ergiebt, dass er 24 Jahre im Ge-
brauch geblieben ist, bestätigt der Augen-
schein durch die an ihm vorgenommene
Reparatur.
Mit Hülfe dieser fast vollständig er-
erhaltenen Inschrift hat der Herausgeber
auch das Bruchstück der zweiten in be-
friedigender Weise so weit möglich also
ergänzt:
■p • cornelio scipione
cos
q-volu S I 0 SATVR nino
.. pompEIO PAVLINo leg
Die Consuln sind die des J. 56.
Von weiterem Interesse sind, abge-
sehen von dem Doppelwappen der Legion,
das denen auf den Legionsmünzen Galliens
und der Stadt Viminacium analog ist, die
Namen der beiden Legaten und die Nen-
nung des Centurionen, sowie die Bestim-
mung des Gerätes selbst.
Die Legaten sind beide bekannt. C.
Vibius Rufinus kehrt wieder auf einer vor
wenigen Jahren in Mainz gefundenen In-
schrift, dem Kaiser Claudius im J. 43 ge-
setzt von den cives Homani manticulari
negotiatores C. Vilm Iiufino leg. pro pr. ’);
wir sehen jetzt, dass er von 43 bis 45
Legat von Obergermanien war. Er hat
einige Zeit vor dem J. 43 mit dem Vater
des Kaisers Nervadas Consulat verwaltet2).
Der Kasten, der unter seiner Statthalter-
schaft für die vierte macedonische Legion
angefertigt ward, ist also wahrscheinlich
Mainzer Arbeit. — Pompeius Paulinus war
nach Tacitus3) im J. 58 Legat von Nieder-
germanien : das cremoneser Fragment zeigt,
dass er bereits im J. 56 dieselbe Stel-
lung bekleidete. — Dass zwei wahrschein-
lich gleichartige Geräte, das eine einer
obergermanischen, das andere einer unter-
germanischen Legion, bei Cremona sich zu-
sammen gefundenhaben, ist wohl merk-
würdig, aber nicht weiter auffallend; beide
Heere, deren Hauptquartier diese Reste
1) J. Klein, rhein. Mus. 1880 S. 154. Barnabei,
der diese Inschrift nicht gekannt hat, betrachtet
ihn unrichtig als Legat der Legion.
2) Die beiden stadtrömischen Inschriften, die
Bauinschrift des Carcer Mamertinus: G. Vibius
G. f. liußnus M. Gocceius M. f. Nerva cos. ex s. c.
(C. 1. L. YI, 1539) und eine Grabschrift mit dem
Datum decessit non. Augustis M. Cocceio Nerva G. Vibio
Rufino cos. (C. I. L. YI, 9005) setzt noch Klein
kurz vor 24, weil er in dem Collegen des Rufinus
den vor diesem Jahr zum Consulat gelangten
Grossvater des Kaisers Nerva erkennt. Aber das
Intervall zwischen Consulat und Legation ist dabei
allzu lang angesetzt und man wird in diesem
Nerva vielmehr den Yater des Kaisers zu erkennen
haben. Dieser ist in den Kleinschen Fasten
im Anschluss an eine beiläufige Äusserung Henzens
als sufiectus des J. 40 mit Publicola verzeichnet.
Aber die interpolierte C-onsulartafel des Prosper,
auf der diese Aufstellung allein beruht, nennt
keine suffecti, sondern wiederholt hier, wie sie
pflegt, an unrichtiger Stelle das in da» J. 718
gehörende Consulpaar Publicola et Nerva. Das
Jahr der Consuln Nerva und Rufinus ist nicht ge-
nau zu bestimmen, aber sie müssen kurz vor
dem J. 43 die Fasees geführt haben. — G. Vibius
G. /. Ruf as, den Dio 57, 15 als Consul und die In-
schrift C. VI, 1237 als ersten der fünf curatores
riparum erwähnt, ist wahrscheinlich nicht ver-
schieden von dem in den sehr fehlerhaften Fasten
von Antium als G. Vibius I/ibo unter dem J. 16
n. Chr. aufgeführten Consul und vermutlich der
Vater unseres Legaten.
3) ann. 13, 53.