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156. Frankfurt a. M. Verein für Geschichte
und Altertumskun d e. In der Sitzung
vom 1. Oktober sprach Herr 0. Donner-
v. Richter über die „Portraitsfunde
von Rubajjat in Mittelägypten“. In-
schriften auf einigen der mit den Portraits
aufgefundenen Mumienetiquetten lassen es
als ziemlich sicher erscheinen, dass die
Hohlen von Rubajjat in der Oase el Fajjüm
in Mittel - Ägypten, die Beerdigungsstätte
einer Stadt Kerke (Ksqxti) waren, welche
als Hafenstadt bezeichnet wird, also an
einem Kanäle des Niles liegen musste, i
■dessen vertrocknetes Bett auch in der That
noch nachweisbar ist; ihre Entfernung von
dem Arsinoe der Ptolemäer, dem früheren
Krokodilopolis, beträgt ca. 22 Kilometer,
so dass wir nicht wohl annehmen können,
dass es die Begräbnisstätte für diese Stadt
war. — Dem Vortragenden war bald nach
Auffindung der Portraits eine Anzahl von
Fragmenten derselben nebst vier wohler-
haltenen Bildern zur Untersuchung der
Technik derselben von deren Besitzer, Hrn.
Theodor Graf in Wien, übersendet worden;
es ergab sich das merkwürdige Resultat,
dass ein grosser Teil der Gemälde in der
■enkaustischen Technik der Alten ausge-
führt ist, und zwar teilweise in Oestrum-,
teilweise in Pinsel-Enkaustik, so dass wir
nun erst eine sichere Anschauung von die-
sem gänzlich verloren gegangenen Teile der
Technik der Alten bekommen haben. Das
Wachs wurde nämlich in der als „irani-
sches Wachs“ von den Alten bereiteten
besonderen Qualität mit balsamischem Harz,
z. B. Chiosbalsam (von der Pistacia There-
bintus), und etwas Olivenöl geschmolzen,
in diesem Zustande mit dem Farbenpulver
vermengt und dadurch nach dem Erkalten
•eine weiche, pflasterartige Masse gewon-
nen, welche mit dem Oestrum aufgetragen
und nach Vollendung des Bildes einge-
brannt wird, indem man Wärme dem Bild,
oder umgekehrt, nähert, wodurch die Ober-
fläche des Bildes etwas gleichmässiger ge-
macht wird („ut peraequetur“, Vitr. L.
VII c. IX) und zugleich ein firnissartiger
■Glanz sich der Farbe mitteilt. Der Vor-
tragende zeigt die von ihm nach den An-
deutungen der alten Schriftsteller* angefer-
tigteu Instrumente, Oestrum oder Verri-
culum und Stylus, vor, mit welchen er
nach den Originalen Kopieen gemacht hatte,
welche er gleichfalls zur Ansicht voiiegte.
Ein anderer Teil dieser Portraits sind ächte
Tempera-Malereien,’ auf Tafeln ausgeführt,
welche mit einem Überzüge von Kreide
und Leim bedeckt sind, eine Technik, wie
sie bis in das späte Mittelalter in ununter-
brochener Tradition ausgeübt worden ist.
Ebenso finden wir auch Tafeln, auf wel-
chen die Tempera-Malerei auf eine mit
Kreide und Leim grundierte grobe Lein-
| wand aufgetragen wurde, mit welcher man
die Holztafel überzog, gleichfalls ein Ver-
fahren, welches, um etwaiges Reissen der
Holztafel unschädlich zu machen, in dem
Mittelalter unausgesetzt verwendet wurde.
Und schliesslich finden wir auch Portraits,
welche auf die mit Ivreidegrund präpa-
rierte, oberste Leinwand der aus verschie-
denen Leinwandschichten bestehenden Mu-
mienhülle a tempera gemalt sind, so dass
wir mit Ausnahme der Fresco- und etwa
der Leimfarbenmalerei alle Technikarten
der Alten in einzelnen Beispielen in dieser
Portraitssannnlung vertreten finden.
Am 15. Oktober berichtete Herr Stadt- 157.
archivar Dr. R. Jung zunächst über den
Verlauf der diesjährigen Generalver-
sammlung des Ges amt-Vereins der
deutschen Geschichtsvereine in
Posen, worüber das Nähere aus den im
Korrespondenzblatte des Gesamtvereins ab-
gedruckten Protokollen zu ersehen ist. Der-
selbe berichtete weiter über die kürzlich
von H. Wederer veröffentlichte Biographie
des katholischen Theologen J. Dieten-
berger (1475—1537), des bekannten Geg-
ners Luthers und Bibelübersetzers, und
machte darauf aufmerksam, dass sich in
diesem Werke die erste von katholischer
Seite herrührende Darstellung der Frank-
furter Reformationsgeschichte fände. So-
dann trug Herr Pfarrer Dr. Dechent über
die Frankfurt er P far r er fami 1 ie
Ritter vor, aus welcher von der Refor-
mationszeit bis in die Mitte des 17. Jahr-
hunderts (i Geistliche in ununterbrochener
Folge der Generationen in Frankfurt Pfarr-
ämter bekleidet haben. Als hervorragend
unter diesen sind zu erwähnen: die beiden
Matthias Ritter, Vater und Sohn, welche
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156. Frankfurt a. M. Verein für Geschichte
und Altertumskun d e. In der Sitzung
vom 1. Oktober sprach Herr 0. Donner-
v. Richter über die „Portraitsfunde
von Rubajjat in Mittelägypten“. In-
schriften auf einigen der mit den Portraits
aufgefundenen Mumienetiquetten lassen es
als ziemlich sicher erscheinen, dass die
Hohlen von Rubajjat in der Oase el Fajjüm
in Mittel - Ägypten, die Beerdigungsstätte
einer Stadt Kerke (Ksqxti) waren, welche
als Hafenstadt bezeichnet wird, also an
einem Kanäle des Niles liegen musste, i
■dessen vertrocknetes Bett auch in der That
noch nachweisbar ist; ihre Entfernung von
dem Arsinoe der Ptolemäer, dem früheren
Krokodilopolis, beträgt ca. 22 Kilometer,
so dass wir nicht wohl annehmen können,
dass es die Begräbnisstätte für diese Stadt
war. — Dem Vortragenden war bald nach
Auffindung der Portraits eine Anzahl von
Fragmenten derselben nebst vier wohler-
haltenen Bildern zur Untersuchung der
Technik derselben von deren Besitzer, Hrn.
Theodor Graf in Wien, übersendet worden;
es ergab sich das merkwürdige Resultat,
dass ein grosser Teil der Gemälde in der
■enkaustischen Technik der Alten ausge-
führt ist, und zwar teilweise in Oestrum-,
teilweise in Pinsel-Enkaustik, so dass wir
nun erst eine sichere Anschauung von die-
sem gänzlich verloren gegangenen Teile der
Technik der Alten bekommen haben. Das
Wachs wurde nämlich in der als „irani-
sches Wachs“ von den Alten bereiteten
besonderen Qualität mit balsamischem Harz,
z. B. Chiosbalsam (von der Pistacia There-
bintus), und etwas Olivenöl geschmolzen,
in diesem Zustande mit dem Farbenpulver
vermengt und dadurch nach dem Erkalten
•eine weiche, pflasterartige Masse gewon-
nen, welche mit dem Oestrum aufgetragen
und nach Vollendung des Bildes einge-
brannt wird, indem man Wärme dem Bild,
oder umgekehrt, nähert, wodurch die Ober-
fläche des Bildes etwas gleichmässiger ge-
macht wird („ut peraequetur“, Vitr. L.
VII c. IX) und zugleich ein firnissartiger
■Glanz sich der Farbe mitteilt. Der Vor-
tragende zeigt die von ihm nach den An-
deutungen der alten Schriftsteller* angefer-
tigteu Instrumente, Oestrum oder Verri-
culum und Stylus, vor, mit welchen er
nach den Originalen Kopieen gemacht hatte,
welche er gleichfalls zur Ansicht voiiegte.
Ein anderer Teil dieser Portraits sind ächte
Tempera-Malereien,’ auf Tafeln ausgeführt,
welche mit einem Überzüge von Kreide
und Leim bedeckt sind, eine Technik, wie
sie bis in das späte Mittelalter in ununter-
brochener Tradition ausgeübt worden ist.
Ebenso finden wir auch Tafeln, auf wel-
chen die Tempera-Malerei auf eine mit
Kreide und Leim grundierte grobe Lein-
| wand aufgetragen wurde, mit welcher man
die Holztafel überzog, gleichfalls ein Ver-
fahren, welches, um etwaiges Reissen der
Holztafel unschädlich zu machen, in dem
Mittelalter unausgesetzt verwendet wurde.
Und schliesslich finden wir auch Portraits,
welche auf die mit Ivreidegrund präpa-
rierte, oberste Leinwand der aus verschie-
denen Leinwandschichten bestehenden Mu-
mienhülle a tempera gemalt sind, so dass
wir mit Ausnahme der Fresco- und etwa
der Leimfarbenmalerei alle Technikarten
der Alten in einzelnen Beispielen in dieser
Portraitssannnlung vertreten finden.
Am 15. Oktober berichtete Herr Stadt- 157.
archivar Dr. R. Jung zunächst über den
Verlauf der diesjährigen Generalver-
sammlung des Ges amt-Vereins der
deutschen Geschichtsvereine in
Posen, worüber das Nähere aus den im
Korrespondenzblatte des Gesamtvereins ab-
gedruckten Protokollen zu ersehen ist. Der-
selbe berichtete weiter über die kürzlich
von H. Wederer veröffentlichte Biographie
des katholischen Theologen J. Dieten-
berger (1475—1537), des bekannten Geg-
ners Luthers und Bibelübersetzers, und
machte darauf aufmerksam, dass sich in
diesem Werke die erste von katholischer
Seite herrührende Darstellung der Frank-
furter Reformationsgeschichte fände. So-
dann trug Herr Pfarrer Dr. Dechent über
die Frankfurt er P far r er fami 1 ie
Ritter vor, aus welcher von der Refor-
mationszeit bis in die Mitte des 17. Jahr-
hunderts (i Geistliche in ununterbrochener
Folge der Generationen in Frankfurt Pfarr-
ämter bekleidet haben. Als hervorragend
unter diesen sind zu erwähnen: die beiden
Matthias Ritter, Vater und Sohn, welche