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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0056
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48 LITERARISCHE ANZEIGE.

Krypta, von welcher der Verfasser wenigstens die Umfassungswände derselben Zeit zusprechen möchte, bei-
stimmen. Diese gehört vielmehr ganz und gar der Mitte des XI. Jahrh. an, und wurde im J. 1059 ge-
weiht. Nach dem Brande von 1119 oder 1120 ist dann allerdings ein Neubau erfolgt, von dem jedoch
nur die westlichen Theile des Schiffs, mit ihren Emporen, erhalten sind, alles noch im einfachsten Rund-
bogenstyle, ohne Gewölbe. Unser Verfasser will damals schon, als zur Zeit der höchsten Blüthe des ro-
manischen Bausystems, den Bau des Haupttheils der Kirche vollführen lassen. Abgesehen davon, dass •
jene Blüthezeit für Deutschland erst am Ende des XII. Jahrhunderts anzunehmen ist, so ist der Cha-
rakter der spätromanischen Architektur zu Werden ein solcher, der bereits weit über diese Blüthezeit
hinübergreift. Dem Schiffe der Kirche zu Neuss am nächsten verwandt, deren Grundstein bekanntlich
erst 1209 gelegt wurde (d. h. der Krypta und des Chors, in denen noch ältere Formen herrschen, als
in dem Schiffe), kann die Erbauung auch der Werdener Kirche nothwendig erst dem XIII. Jahrh. zuge-
schrieben werden. Wenn wir nun wissen, wie der Verf. selbst berichtet, dass die Kirche unter dem
Abte Albert von Gor zwischen 1255—1257 abbrannte, und sodann innerhalb zwanzig Jahren vom Hoch-
altare bis zum S. Petersthurme hin neugebaut wurde, welches letztere unser Verfasser jedoch nicht mit-
theilt, so schwindet aller Zweifel über die wirkliche Erbauung der jetzigen Kirche in dieser späten Zeit.
(S. des Ref. Aufsatz über die Münsterkirche zu Essen, oben S. 19, wo auch die Beweise beige-
bracht sind.) Wir müssen uns nachgerade an das Anerkenntniss gewöhnen, dass der romanische Bau-
styl in einzelnen Beispielen und namentlich in einzelnen Gegenden Deutschlands bis gegen das Ende des
XIII. Jahrh. herabreicht. Die Kirche zu Werden ist eins der jüngsten, aber auch am besten dalirten
Beispiele, und erhält dadurch gerade eine besondere Bedeutsamkeit. Wenn unser Verf. dagegen einwen-
det, dass man bei dieser Annahme mit der ganzen Baukunstgeschichte in Conflikt komme, und man
den gothischen Styl dieser späteren Zeit an der Kirche vergebens suchen würde; so muss vielmehr
hervorgehoben werden, dass die Baukunstgeschichte erst durch die festgestellten Thatsachen gebildet wird,
unter denen die oben besprochene Thatsache eine nicht unbedeutende Stelle einnimmt.

Das Titelblatt zeigt als Vignette eine fast von Osten genommene Ansicht der Kirche, wo sie
sich mit ihrem Polygonschlusse, den verschiedenen Giebeln des Kreuzes, dem achteckigen, von acht Gie-
beln überstiegenen Mittelthurm und dahinter dem viereckigen älteren des Westbaues sehr malerisch dar-
stellt. Die gewundene Form, in welcher der Helm des ersteren, wahrscheinlich in Folge einer Erneue-
rung nach dem J. 1622 sich zeigt, das niedrige Pyramidendach des anderen, seit der Erneuerung im
J. 1846, stören allerdings einigermaassen den sonst so imposanten Eindruck dieser Kirche. Sollen wir
noch einen Wunsch aussprechen, so ist es der, dass es dem Herrn Verfasser beliebt hätte, die vielen
interessanten Data, die über den Bau der Kirche vorhanden sind, regeslenartig aufeinander folgen zu
lassen. Die Anwendung auf die einzelnen Bautheile ergiebt sich dann, so zu sagen von seihst. Möge
es ihm gefallen, bei einer etwaigen neuen Auflage dieses nachzuholen. v. Q.

Berichtigung: S. 13 Zeile 20 lies ziemlicher stall zierlicher.

Druck von J. ß. Hirschi'eld in Leipzig.
 
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