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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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Waagen, Gustav Friedrich: Ueber byzantinische Miniaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0115
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UEBER BYZANTINISCHE MINIATUREN. 107

im streng byzantinischen Styl ist die noch mit erhobenen Händen, also in antiker Weise,
betende, heilige Euphemia, ßl. 163 b., und die heilige Thecla, Bl. 165 b., beide in braunen
Gewändern.— Die Trauer der Juden zu Babylon, Bl. 176., ist wahrscheinlich die älteste, auf
uns gekommene Darstellung dieses Gegenstandes. Zwei Flussgötter, mit denen ohne Zweifel
der Euphrat und Tigris gemeint ist, sind wie oben gestaltet, nur dass hier, eine unschöne
Neuerung, die Ströme aus dem Munde hervorkommen. Daneben Palmen, woran goldene
Harfen gelehnt sind. Einige ruhende Juden sind leider sehr verdorben, vier stehende besser
erhallen. Zwei Männer mit goldenen Helmen sollen ohne Zweifel babylonische Krieger vor-
stellen, welche die Juden bewachen. Viel Interessantes enthält eine Reihe von Bildern aus
der Geschichte des David. Auf Bl. 183 sehen wir den schleudernden David. Goliath, im
rothen Panzerkleid mit goldenen Schuppen, sticht nach ihm mit der Lanze in lahmer Weise.
Bl. 189 b. zeigt uns den zwischen zwei Engeln thronenden Gottvater, welcher den zu seiner
Rechten zu David absendet. Darunter derselbe Engel, und David bei seiner Heerde, welcher
die Flöte ganz in der Art bläst, wie dieses heut geschieht; ganz unten, wie er dem Engel
folgt. Auf dem Bl. 190 a. finden wir ihn noch einmal bei der Heerde im Gespräch mit
dem Engel, in Folge dessen, darunter, denselben, dem, als Greis aufgefassten, Samuel mit
grossem Salbhorn gegenüber, und, ganz unten, die Salbung selbst in Gegenwart seines Va-
ters Jessc und Andrer, in denen das Erstaunen sehr wohl ausgedrückt ist. Bl. 190 b. in
ähnlicher Weise dieselbe Handlung, wo die Zuschauer ausdrücklich als Jesse und die Brüder
Davids bezeichnet sind, und, in ungleich grösseren Verhältnissen, der thronende, von einem
bösen Geist besessene Saul, von fünf Kriegern umgeben, mit der Beischrift „&avaa'C,ov-
rai ol &$%®vie$". Bl. 191 a. zeigt in ähnlicher Grösse den auf Goliath knieenden David,
in einer Tunica von lichtem Purpur und mit einer ihn uniflatternden blauen Chlamys, wie er,
ihn beim Schopf haltend, ihm den Kopf abhaut. Daneben die fliehenden Philister; darunter
drei Jungfrauen, welche durch Harfen-, Geigen- und Trommelspiel David feiern. Bl. 192 a.
enthält eine merkwürdige, wie die Mosaiken angeordnete, doch durch den Zustand der Figu-
ren und Beischriften nicht mehr deutliche Vorstellung. Bl. 199 gewährt ein recht schla-
gendes Beispiel, wie in der frühesten Zeit byzantinischer Kunst erfundene Vorstellungen im
Laufe der Zeit verändert, und auch in der Ausführung schwächer geworden sind. Allen
Kunstfreunden ist die in d'Agincourt's Werk veröffentlichte Darstellung des Propheten Jesaias
zwischen den antiken Personificationen der Nacht und des Morgenlichts bekannt, welche
derselbe einem, in der vatikanischen Bibliothek befindlichen, byzantinischen Manuscripte des
10. Jahrhunderts entlehnt hat. Von einem anderen, noch schöneren, aber wesentlich mit
jenem übereinstimmenden Exemplar in dem berühmten byzantinischen Manuscript des Psalters
in Paris habe ich im Jahre 1839 ausführlich Becbenschaft gegeben.*) Beide deuten auf
ein gemeinsames, älteres und mit Recht sehr geschätztes Urbild. Hier linden wir nun zwar
diese Vorstellung mit Benutzung derselben Motive, ja der Knabe hat noch die Beischrift,

*) Kunstwerke und Künstler in Paris. S. 223 f.

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