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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0247
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ERHALTUNG UND ZERSTÖRUNG DER DENKMÄLER. 239

und der Passage nur einen ziemlich beschränkten Baum lassen. Mehr empfiehlt sich deshalb, und sehr
organisch konnte das Ganze werden, wenn die neue Kirche der alten gegen Westen angefügt würde, ge-
wissermaassen ein grossartiger Westchor, durch grosse Oeflhungen mit der alten Kirche verbunden. Die
vorgenannte Skizze zeigt diesen Westchor in schraffirten Linien. Das hier noch nicht bebaute Terrain
würde den nölhigen Platz gewahren; die alle Kirche im Vordergründe der neuen würde Veranlassung zu
einer sehr glücklichen Gruppirung gehen, indem die neue Kirche, in grösseren Verballnissen aufgebaut,
der ganzen Anlage einen kräftigen Abschluss gewährte. Noch kann zu Gunsten angeführt werden, dass,
wenn der alte Thurm in aller Weise wieder hergestellt würde, derselbe auch gleich der neuen Kirche
als Glockentburm dienen und eine Vermittlung derselben mit dem älteren Bau bilden würde.

Es dürfte noch gegen diese Vorschläge hervorgehoben werden, dass der Geschenkgeber ausdrück-
lich einen Neubau in gothischem Style zur Bedingung gemacht hätte. Ein solcher Anbau wäre aber
eigentlich als ein Neubau zu betrachten, der nur in eine historische Verbindung mit der alten Kirche
hüte. Will der Geschenkgeber solches aber nicht gelten lassen, so kann die neue Kirche ja immer noch
auf einem neuen Platze erbaut werden, deren es in der Umgegend noch viele giebt.

Endlich ist hervorzuheben, dass der Geschenkgeber gewiss doch nur aus den edelsten Motiven
seine Anerbietungen gemacht, und dabei von der Voraussetzung ausging, dass die alte Kirche nicht er-
ballen werden könne. Sobald er sich vom Gegentheil überzeugt, wird er gewiss solchen Modificalionen
seiner Bedingungen sich nicht verschliessen, welche der heiligen Sache entsprechen, der er dienen will.
Am allerwenigsten würde er einem Acte der Barbarei Vorschub leisten wollen, wenn ein edles Monument
der Vorzeit, bloss um ein neues an seine Stelle zu setzen, zerstört würde, wohl wissend, dass man künf-
tig auch die Schöpfungen der Neuzeit nicht achten würde, wenn sie selbst etwa mit Verachtung der al-
teren in die Welt träten. Aus allen obigen Gründen kann ich nur eben so entschieden wie gehorsamst
beantragen, dass die alte St. Mauritiuskirche in Cöln nicht abgebrochen, vielmehr in ihren schadhaften
Theilen ergänzt und den Bedürfnissen der Gemeinde in der gehorsamst vorgeschlagenen Weise entspro-
chen werde."

Nachtrag. Nachdem der obige Aufsatz bereits in die Druckerei gegeben war, kommt uns die
Nr. 23 des Organs f. chrisll. Kunst zu, worin dnv fragliche Gegenstand gleichfalls behandelt wird, obschon
in einer von der unsrigen sehr verschiedenen Weise. Zwar lässt der Verf. in der Einleitung der Sorge
des Conscrvalors um Erhaltung mittelalterlicher Kunstdenkmale im Allgemeinen alle Gerechtigkeit wider-
fahren, glaubt aber, dass im vorliegenden Falle, dem archäologischen Interesse ein zu grosses Gewicht
beigelegt werde.

Zunächst erkennt der Verfasser den artistisch-archäologischen Werth der Kirche an, wenngleich
derselbe vielfach überschätzt worden sei, namentlich für Cöln und die Rheinprovinz. Wir wüssten nicht,
wo dies bisher geschehen. Der obige Aufsatz weist nach, worin die besonderen Vorzüge dieser Kirche
bestellen. So wie ein Vater keines seiner Kinder missen möchte, weil ihm noch andere übrig bleiben,
so kann auch Cöln, so können auch die Bbeinlande keine Einbusse ihrer Monumente erleiden, wenn
ihr bisheriger Ruhm nicht wesentlich geschmälert werden soll, und namentlich ist die Mauritiuskirche
von solcher Eigentümlichkeit, dass sie eben nicht ersetzt werden kann. Ferner wird ein Gewicht darauf
gelegt, dass die als kostbarstes Kleinod der Kirche hervorgehobene Krypta eben keine Krypta sei. Als
ob es sich um den Titel eines Monuments handelte, um dessen Schönheit zu bestimmen. Eben weil es
keine Krypta ist, sondern das ältest vorhandene Beispiel eines dein Langhause eingebauten Nonnenchors,
deshalb bat jene sogenannte Krypta einen um so höheren archäologischen Werth, abgesehen von dem
künstlerischen, den sie ohnedies schon besitzt. Wenn dieser Tbeil augenblicklieb nicht zur Kirche ge-
hört, so ist er doch bisher wohl erhalten und kann mit ihr sehr wohl wieder verbunden werden, was
zu bewirken erstrebt werden rnuss. Dass ferner die jetzigen Ankerbalken des gewölbten Langhauses,
nicht minder die modernen Anhauten störend sind, ist nicht zu bezweifeln. Niemand wird aber ein edles
Kunstwerk, ein Gemälde, eine Statue u. dgl. verniebten, weil spätere Stümper sie misshandelt haben;
man wird sie von diesen Entstellungen reinigen und das alte Kunstwerk in neuer Schönheit herzustellen
suchen. So auch hier. Selbst wenn die Anker nicht zu entbehren wären (es giebt eine Fülle der schön-
sten Kirchen, die ohne sie nicht bestehen können, und die kein Mensch deswegen abreissen wird), so
wäre das Uebel doch weniger gross, als wenn man das Ganze deshalb vernichten wollte. Die S. Aposteln-
 
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