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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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Passavant, Johann David: Ueber die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mähren, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0167
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ÜBER DIE MITTELALTERLICHE KUNST IN BÖHMEN UND MÄHREN. 159

um 1325 eingeführt.*) Hier folge nun die Angabe einiger der schönsten Münzen, welche
unter Wladislaw und Sobieslaw im XII. Jahrhundert geprägt worden sind. Die meisten der-
selben sind abgebildet in dem schon angeführten Werke von A. Voigt A St. Germano,
Bd. I. S. 343, ohne jedoch nur entfernt einen richtigen Begriff ihres Kunststyls zu geben.
Auf den Münzen des Erstem lautet die Umschrift stets: DVX. VVLADISLAVS. Auf der
Rückseite mit dem h. Wenzel: SCS. VVENCEZLAVS.

1. Herzog Wladislaw zu Pferd im Kampf mit einem Drachen und einem Löwen, in An-
spielung auf seinen Sieg über seine Feinde durch den Beistand des h. Wenzel.— Rückseite:
St. Wenzel steht mit Speer und Schild in königlichem Mantel neben einen rechts stehen-
den Engel. — Voigt Nr. 10. — Die Zeichnung dieses Gepräges ist für jene Zeit
schon sehr ausgebildet, wenn auch, wie überhaupt bei allen Münzen jener Epoche,
mehr umrissarlig, als runderhaben behandelt. Die Bewegungen sind frei zu nennen,
die des Pferdes wohlverstanden, nur die Köpfe sind meist zu gross.

2. Herzog Wladislaw zu Pferd nach links reitend, hält Fahne und Schild. — Rückseite:
der h. Wenzel sitzt und hält mit einem hei ihm stehenden Mann ein Kreuz mit lan-
gem Stiel. Diese Darstellung bezieht sich auf die Ausbreitung des Christenthums.
— Voigt Nr. 6.

3. Herzog Wladislaw sitzt auf einem Thron nach rechts gewendet, eine Fahne haltend. —
Rückseite: St. Wenzel im Profil, Brustbild mit aufgehobener Hand; links ein kleiner
Engelskopf. Feines, scharfes Gepräge. — Voigt Nr. 2.

4. Herzog Wladislaw im Panzerhemd sitzt zu Pferd und sprengt, eine Lanzenfahne hal-
tend, nach rechts. — Rückseite: Das Brustbild des h. Wenzel im Profil, wie es scheint
das Modell einer Kirche haltend. — Voigt Nr. 7. — Bei Exemplaren, wo die Schrift ver-
schliffen ist, wurde der feingebildete Kopf für das Bildniss der h. Ludmila gehalten.

5. Das erste Haarabschneiden des kleinen Sobieslaw. Der Vater hält ihn auf einem Sche-
mel stehend, ein Bischof schneidet ihm die Haare. Diese ehemalige Sitte in Böhmen
betrachtete man als eine grosse Feierlichkeit, bei welcher der etwa fünfjährige Knabe
einen seinen Eigenschaften entsprechenden Namen erhielt, obgleich er schon früher
war getauft worden. In den heidnischen Zeiten erfolgte der erste Haarschnitt erst bei
des Knaben Eintritt in das Jünglingsalter. **) UmschriR: DVX SVA SOßZLAVS. —
Rückseite: St. Wenzel sitzt mit einem Schwert in der Rechten und einem Kreuz in
der erhobenen Linken. Vor ihm kniet ein Mann, den Schild unter dem Arm haltend.
Ueber ihnen eine Hand Gottes aus den Wolken hervorragend. — Voigt Nr. 7.

6. Herzog Sobieslaw, halbe Figur in einem festungsartigen Tabernakel. — Rückseite:
St. Wenzel sitzt bei St. Adalbert, Rischof von Prag, wie im Gespräch. Hände und
Reine sind wohl gebildet, nur die Finger etwas lang, wie meist im XI. Jahrhundert.

*) S. A. Voigt A St. Germano, Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Münzen. Prag 1771. H. 16.
**) S. Palacky, Geschichte von Böhmen I. 183.
 
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