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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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Passavant, Johann David: Die Maler Roger van der Weyden und einige Notizen über Goswin und Peter van der Weyden, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0183

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KLEINERE AUFSÄTZE UND NOTIZEN. 179

Besitz der Familie des Hrn. Lucq, von welcher es die Regierung gekauft, ohne dass jedoch irgend Je-
mand dessen Meister gekannt.

Dieses Gemälde der Himmelfahrt Mariae zeigt im ohern Theile die h. Jungfrau von der Dreieinig-
keit empfangen und von zwei musicirenden Engelchöreu umgehen. Vorn stehen die Apostel am leeren
Grabe der Maria, aus welchem Lilien und andere Blumen sprossen; im Grund tragen dieselben, mit
priesterlichen Gewändern angethan, sie in einem Sarg, vor welchem eine feindliche Truppe zusammenstürzt.
Auf dem Flügelbilde rechts kniet ein Mann mit weissen Haaren, in welchem man den Meister
Goswin selbst zu erkennen glaubt; bei ihm befinden sich ein Engel und zwei Geistliche, von denen der
eine in Diakonenkleidung die päpstliche Tiara hält. Ueber dieser Gruppe schwebt ein Engel mit einem
Wappenschilde, in dem ein goldnes Andreaskreuz auf rothem Feld. Auf dem andern Flügelbilde kniet
ein jüngerer Mann mit seiner Frau bei einem Engel. Er ist blau gekleidet und hat grosse Aehnlichkeit
mit dem alten Mann auf dein andern Flügel, weshalb man diese Bildnisse für die des Roger van Brügge
mit seiner Frau Elisabeth Goffaerts hält. Ueber ihnen hält ein schwebender Engel ein Wappenschild,
auf dem ein Kreuz steht, und welches, in einem azurnen Felde mit drei silbernen Würfeln, als Herzschild
das erstcre der Wappen nochmals zeigt. Ob nun diese Wappen die der Familien van der Weyden und
Goffaerts sind, wie Hr. Hasselt annimmt, ist noch um so mehr zu untersuchen, als in oben mitgetheil-
ter Inschrift Goswin van der Weyden nicht als Donator bezeichnet ist.*) — Das Bild ist mit vieler Sorg-
falt ausgeführt, und erinnert dessen Behandlungsweise noch an die altern der Eyckischen Schule, wäh-
rend die lebhafter bewegte Composition die des XVI. Jahrh. ist. Die Färbung erscheint jetzt etwas
stumpf, was jedoch dem schlechten Zustand, besonders vom obern Theil des Bildes zugeschrieben wer-
den muss.

Ein zweites Bild desselben Meisters und denselben Gegenstand darstellend befindet sich gleich-
falls im Brüssler Museum unter No. 397 des Catalogs von 1851. Da es bei den Werken anonymer
Meister verzeichnet ist, und mir seine Herkunft, als ich es sah, nicht bekannt war, so habe ich mir
keine andere Notiz darüber gemacht, als dass es dem erstgenannten, worüber ich noch keinen Aufschluss
halte, in jeder Beziehung ähnlich sei.

Noch glaubt Hr. Adolphe Siret **) zwei in einen Rahmen vereinte Bilder in demselben Museum,
unter No. 364 verzeichnet, von dem Meister Goswin van der Weyden. Sie stellen die Geburt Christi
und die Beschneidung dar. Diese Tafeln hängen hoch und ungünstig zum Untersuchen, daher ich es
unterlassen, irgend eine beurtheilende Notiz über sie zu machen. Da sie sich abzublättern beginnen,
wäre eine vorsorgende Hülfe dringend nöthig.

Von sehr verschiedener Darstellungs- und Behandlungsweise sind zehn Tafeln mit Darstellungen
aus dem Leben der Maria und des Heilandes (No. 344, 345, 347—354 des Catalogs), welche einem
untergeordneten Schüler oder Nachfolger des alten Roger angehören, die aber mit Unrecht von Hrn.
Michiels auch dem Goswin van der Weyden zugeschrieben werden. Auf dem Bild der Beschneidung
(No. 352) steht am Saum des Altartuches: TE. BRVESELE., woraus offenbar hervorgeht, dass der Mei-
ster diese Bilder in Brüssel gemalt hat, und liegt die Vermuthung weit näher, dass sie vielleicht Werke
des Peter van der Weyden sind, mit dem hier unser Bericht geschlossen werden soll.

Peter van der Weyden

lebte 1499—1539.

Dieser Maler war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Enkel des alten Roger und ein Sohn des
Peter van der Weyden, welcher wohl jener Arzt ist, den Philipp der Gute 1462 in seinem Dienst hatte.***)
Denn dieser zahlte 1492 und 1493 an die Armen von der S. Gudulakirche den Zins auf das Eckhaus
des Canterstecn und der Kaiserstrasse, worin schon der Vater, der alte Roger und nachmals dessen
Wittwe und Söhne gewohnt und welches später an den Maler Peter van der Weyden überging, so dass

*) Es ist doch wahrscheinlicher das Wappen des Donators, wo in dem doppelten das der Familie desselben und
des Klosters mit einander verbunden sind. Anm. d. Red.

**) Le Messager de Gand, 1852. p. 430.
***) Le Comte de Laborde, Les Ducs de Bourgogne. II. p. XIII: „Le Vllle jour de janvier, Van mit CCCCLXH,
MS le duc relient maislre Pierre de IVede, son conseillier et phisicien, pour le servir et estre comptez, six mois en
Van etc. aux gages de XFlll sols par jour."

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